Der 50-jährige Journalist Alessandro Urzì wurde 1998 erstmals für die rechtsgerichtete Alleanza Nazionale in den Südtiroler Landtag gewählt, 2013 gründete er seine eigene Partei L'Alto Adige nel cuore (Bild: L’Alto Adige nel cuore)
Der rechte Südtiroler Politiker Alessandro Urzì wittert in einem neuen Schülerkalender "schwule Propaganda".
An diesem satirischen Test für Siebtklässler waren vor zwei Jahren in Deutschland schon Matthias Matussek und CDU-Politiker gescheitert – nun sorgt der "Heterosexuelle Fragebogen" für Aufregung im Landtag von Südtirol. "Dieser Fragebogen hat das Ziel, die sexuelle Identität unserer Söhne und Töchter in eine Krise zu stürzen", empörte sich der Landtagsabgeordnete Alessandro Urzì von der rechten Partei L'Alto Adige nel cuore in einer Anfrage an die Schullandesräte. "Einige Fragen rufen ideologische Konditionierung und Eugenik in Erinnerung."
In dem ursprünglich von der deutschen Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) entwickelten Test, der im neuen dreisprachigen Südtiroler Schülerkalender "DAI" (Diario Ajënda Info) leicht abgewandelt abgedruckt wurde, werden die Teilnehmer unter anderem gefragt, ob sie sich wegen ihrer Heterosexualität schon überlegt hätten, eine Elektroschocktherapie zu machen, oder ob sie aufgrund einer "Phobie vor Menschen deines eigenen Geschlechts" heterosexuell geworden seien (siehe Dokumentation am Ende des Textes).
Mattusek empörte sich über "versuchte Gehirnwäsche"
Der Fragebogen soll Schülern ermöglichen, sich in die Situation von Lesben und Schwulen zu versetzen – aber viele Kritiker verstehen das nicht. So forderte der stellvertretende Landesvorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der CDU Baden-Württemberg, David Müller, vor zwei Jahren den damaligen SPD-Bildungsminister Andreas Stoch auf, die Nutzung der Broschüre im Unterricht "zu verhindern", da "der Fragebogen den im Grundgesetz garantierten Schutz von Ehe und Familie sowie das vorrangige Erziehungsrecht der Eltern" missachte (queer.de berichtete).
Der ehemalige "Spiegel"-Kulturchef Matthias Mattusek bezeichnete den Fragebogen im Online-Magazin "The European" gar als "das Dümmste und Seichteste an versuchter Gehirnwäsche und Erziehung zum 'Neuen Menschen'".
Zum Internationalen Tag der Toleranz am 16. November zeigt der Schülerkalender "DAI" ein küssendes schwules Paar (Bild: Edition Raetia)
In Südtirol hatte der 18-jährige schwule Schüler Gabriel Hertscheg den "Heterosexuellen Fragebogen" für den neuen Kalender vorgeschlagen. "Wir wollen niemanden verführen oder gar umpolen", erklärte er gegenüber der "Neuen Südtiroler Tageszeitung". "Wir wollen zeigen, dass homo-, bi- und transsexuelle Menschen nicht weltfremd und exotisch sind." Dazu gehöre auch, sich nicht immer die gleichen Fragen anhören zu müssen. "Wer immer wieder gefragt wird, wann er denn sein Schwulsein bemerkt hat, fragt irgendwann zurück."
Über die scharfe Kritik des Landtagsabgeordneten Alessandro Urzì an dieser "schwulen Propaganda" kann sich der Schüler nur wundern: "Den Fragebogen nicht verstehen zu wollen, hat auch mit Ignoranz zu tun." (cw)
Der Heterosexuelle Fragebogen
Woher, glaubst du, kommt deine Heterosexualität?
Wann und warum hast du dich entschlossen, heterosexuell zu sein?
Bist du hetero wegen einer Phobie vor Menschen deines eigenen Geschlechts?
Wissen deine Eltern, dass du heterosexuell bist? Wissen es Deine Freundinnen und Freunde? Wie haben sie reagiert?
Kannst du es verantworten, deine Kinder heterosexuellen Lehrern auszusetzen? Sie könnten immerhin belästigt werden!
In Anbetracht der Überbevölkerung … ist es wirklich schlau, wenn alle hetero sind?
Wenn es eine Möglichkeit gäbe, deine Heterosexualität zu ändern, würdest du diese in Erwägung ziehen? (Elektroschocktherapie, Medikamente, Exorzismen…)
Möchtest du, dass dein Kind heterosexuell ist, obwohl du die Probleme kennst, mit denen es konfrontiert würde?
Die kapieren gar nicht den Sinn:
es geht eben darum, Heteros klar zu machen, welchen Fragen sich GLBTI tagtäglich konfrontiert sehen. Und durch die Übertragung auf Heterosexuelle soll gezeigt werden, wie lächerlich solche Fragen und Unterscheidungen eigentlich sind.
Aber das durchschauen die Homohasser nicht. Oder sie durchschauen es, skandalisieren das aber dennoch, weil sie wissen, dass ihre Anhänger zu dumm sind, das zu durchschauen und sich mehr für Hetze als für die Wahrheit interessieren.