Statt in den Grundschulen liegt der Methodenschatz in einer Schublade des Ministeriums: Ausschnitt der Titelseite des ersten Entwurfs (Bild: Petze-Institut)
Die Posse um den Grundschul-Methodenschatz "Echte Vielfalt von Anfang an" in Schleswig-Holstein hat nun selbst den Bund der Steuerzahler auf den Plan gerufen.
Von Micha Schulze
Am Donnerstag hat der Bund der Steuerzahler (BdSt) sein neues Schwarzbuch "Die öffentliche Verschwendung 2016/17" vorgestellt. Als einen von über hundert exemplarischen Fällen schlampigen Umgangs mit öffentlichen Mitteln wird auch der Grundschul-Methodenschatz "Echte Vielfalt von Anfang an" in Schleswig-Holstein genannt.
Zur Erstellung der Unterrichtsmaterialien hatte die rot-grün-dänische Landesregierung im Rahmen ihres Aktionsplans gegen Homophobie 20.000 Euro an den LSVD-Landesverband gezahlt, der sich das Geld und die Aufgabe mit dem Kieler Petze-Institut für Gewaltprävention teilte.
Im Januar 2015 war der erste Entwurf des Methodenschatzes (PDF) fertig, nach einem Aufschrei in regionalen Medien wurde eine überarbeitete Fassung (PDF) vorgelegt – doch beide liegen seitdem in einer Schublade des Sozialministeriums. Der Grund: Das ebenfalls SPD-geführte Bildungsministerium hält die vorliegenden Materialien für den Einsatz in der Schule "in dieser Form nicht geeignet" (queer.de berichtete).
"Glatte Sechs" für den LSVD – oder doch eher für die Landesregierung?
Für den Bund der Steuerzahler ein Unding: "In Schulnoten ausgedrückt: Anforderungen nicht erfüllt – glatte Sechs!", kommentierte er in seinem neuen "Schwarzbuch". Besonders ärgert den Verein, dass das Sozialministerium keinen Grund zur Rückforderung der Mittel sieht, da der geschlossene Vertrag mit dem LSVD vereinbarungsgemäß erfüllt worden sei – eine Rückzahlung hatte schon die oppositionelle CDU vergeblich im Frühjahr im Landtag gefordert (queer.de berichtete). "Wer eine Leistung abliefert, die nicht zu gebrauchen ist, muss die dafür ausgegebenen Steuermittel zurückzahlen!", poltert der Steuerzahlerbund.
Nun sollte sich der zweifellos wichtige Verein vielleicht besser nicht anmaßen, Arbeitsmaterialien für die Grundschule inhaltlich zu bewerten – denn der eigentliche Skandal in Schleswig-Holstein dürfte eher im fehlenden Mut der Landesregierung, dem Einknicken vor konservativ-religiösen Gruppen und der Angst vor der AfD liegen. Ein homo- und transfeindlicher Verein mit dem zynischen Namen "echte Toleranz e.V." macht im Norden seit Monaten Stimmung gegen Schulaufklärung über sexuelle und geschlechtliche Viefalt, und die Rechtspopulisten wollen eine angebliche "Frühsexualisierung" im kommenden Jahr zum Wahlkampfthema machen (queer.de berichtete).
"Joy lebt bei ihrem Papa und ihrem Papi"
In dem ersten geleakten Enwurf des Methodenschatzes hatten sich die Gegner vor allem über die Formulierung "Hin und wieder gibt es einen Papa und eine Mama" in einem Lückentext zum Thema "Patchworkfamilien und Regenbogenfamilien" empört – in der überarbeiteten Fassung wurde sie gestrichen. Dort heißt es nun stattdessen: "Familien sind verschieden, weil die Menschen verschieden sind. Andere verstehen das nicht immer gleich."
Der letzte Entwurf der Materialien, die sich an Schüler der dritten und vierten Klasse richten, enthält darüber hinaus u.a. ein Kreuzworträtsel mit Aufgaben wie "Eine Frau, die in eine Frau verliebt ist, ist …". In einer Textaufgabe heißt es: "Keke ist frisch verliebt und will seinen neuen Freund Anton besuchen."
In einem Konzentrationsspiel zur Frage "Wie kommen Kinder in Familien?" wird im Methodenschatz auch Transsexualiät angesprochen: "Joy lebt bei ihrem Papa und ihrem Papi. Dieser hat früher als Frau gelebt. Damals hat er Joy bekommen. Jetzt ist er ein Mann, sodass Joy nun zwei Väter hat."
Aber dass die überarbeitete Fassung jetzt von SPD, Grünen und Dänenpartei verschwunden gelassen wird, ist echt ein Skandal.
Das ist nicht nur für Aufklärung und Bildung skandalös, sondern auch (da muss ich dem Steuerzahlerbund Recht geben) eine Steuerverschwendung.
Ich erwarte, dass SPD, Grüne und Dänenpartei jetzt die Materialen sehr zeitnah freigeben und dass das sehr bald in den Schulen eingesetzt wird. Daran werden die sich messen lassen müssen.