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Das schrillste OB-Pressefoto der Republik: Oberbürgermeister Boris Palmer mit Fahrrad auf der Tübinger Neckarbrücke (Bild: Gudrun de Maddalena)

  • 9. Oktober 2016, 06:22h 150 4 Min.

Nach der Aufregung um den Kretschmann-Artikel in der "Zeit" kritisiert Tübingens grüner Oberbürgermeister eine "überspannte Aggression gegenüber der Mehrheitsgesellschaft".

Von Micha Schulze

Wer homofeindlich ist und wer nicht, das sollten doch bitte schön allein die Heteros bestimmen. Zumindest nach Auffassung von Tübingens grünem Oberbürgermeister Boris Palmer. Mit einem bockigen Facebook-Post wärmte der 44-Jährige am Samstagabend die eigentlich abgeschlossene Debatte um den unglücklichen "Zeit"-Artikel des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann noch einmal auf.

Palmer teilte einen Bericht des schwulen "taz"-Redakteurs Paul Wrusch und empörte sich über dessen Einstufung von Kretschmanns Äußerungen als "latent homophob".

Der grüne Landesvater hatte in dem "Zeit"-Beitrag unter anderem geschrieben, die "klassische Ehe" sei die "bevorzugte Lebensform der meisten Menschen – und das ist auch gut so" (queer.de berichtete). Nach einem Shitstorm bedauerte Kretschmann seine "missverständliche" Wortwahl und stellte klar, dass die Ehe für alle weiterhin sein politisches Ziel sei (queer.de berichtete).

Lob der gemischtgeschlechtlichen Fortplanzungsgemeinschaft

Dieses Einknicken vor der Homolobby wäre laut Boris Palmer nicht nötig gewesen: "Wer schreibt, dass es gut ist, dass die klassische Ehe die bevorzugte Lebensform der meisten Menschen ist, ist latent homophob? Genau diese völlig überspannte Aggression gegenüber der Mehrheitsgesellschaft ist es, die Winfried Kretschmann in seinem Beitrag in der Zeit zu recht hinterfragt", kritisierte der Oberbürgermeister auf Facebook.

"Von der Rente angefangen kämen einige Probleme auf uns zu, wenn es keine auf Dauer angelegten heterosexuellen Paarbeziehungen mehr gäbe", lobte Palmer die gemischtgeschlechtliche Fortplanzungsgemeinschaft. Alle Formen der Diskriminierung zu bekämpfen, sei das eine. "Positive Bewertungen anderer Lebensformen als die der Minderheiten, für die wir uns zu recht einsetzen, zu bekämpfen, ist das andere", so der OB. "Genau da setzt das Kopfschütteln vieler Menschen an. Genau da wird Pluralität und Minderheitenschutz zu Intoleranz und Jakobinismus."

Unterstützung erhielt Boris Palmer vom ehemaligen Bundesvorsitzenden der Grünen Reinhard Bütikofer. "'Latent homophob' ist einfach Quatsch! Langsam ausatmen!", kommentierte der Europaabgeordnete den Post seines Tübinger Parteifreunds.


Boris Palmer, seit 2007 Oberbürgermeister von Tübingen, gilt als rechtes Enfant terrible der Grünen (Bild: Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg / flickr)

Palmer wollte Gleichstellung aus Grünen-Programm streichen

Bereits im vergangenen Jahr hatte Palmer queere Aktivisten in einem Gastbeitrag für die "FAZ" dazu aufgerufen, verbal abzurüsten: "Es hilft der Sache nicht, den Vorwurf der Homophobie sofort auszupacken, wenn man sich kritisch über das volle Adoptionsrecht für Schwule und Lesben äußert oder an der (weitgehend von der Wirklichkeit überholten) Vorstellung einer besonderen Vorrangstellung der Ehe festhält", schrieb der 44-Jährige unter der Überschrift "Entspannt euch!" (queer.de berichtete).

Damit verbat sich Palmer Kritik auch an seiner eigenen Person. Vor fünf Jahren wollte der Tübinger OB die rechtliche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften noch aus dem Wahlprogramm der Grünen streichen. Dies hatte er in einem Thesenpapier damit begründet, dass die Forderung nach einem vollen Adoptionsrecht für Lesben und Schwule potentielle Wähler abschrecken könnte (queer.de berichtete).

Der homofeindliche Vorstoß Palmers führte 2011 zu scharfer Kritik nicht nur von LGBTI-Aktivisten, sondern auch innerparteilich. Renate Künast, damals Fraktionschefin im Bundestag und Bürgermeisterkandidatin in Berlin, versicherte rasch den eigenen Anhängern, dass die Ökopartei ihre "Kernpositionen und Werte" nicht aufgeben werde.

Auch "Demo für alle" lobt Kretschmann

Vor Boris Palmer hatte bereits die "Initiative Familienschutz" den "Zeit"-Artikel von Winfried Kretschmann ausdrücklich gelobt. Am 7. Oktober verschickte die homo- und transfeindliche Gruppierung, die zum Kampagnennetzwerk der AfD-Europaabgeordneten Beatrix von Storch und ihres Ehemanns gehört und die ersten "Demos für alle" organisierte, einen Newsletter an ihre Anhänger mit der Überschrift: "Sogar Winfried Kretschmann (Grüne) verteidigt die klassische Ehe".

Kritik übte die "Initiative Familienschutz" in dem Rundbrief dagegen an queer.de, weil wir Kretschmanns Äußerungen in einem Kommentar als "Schlag ins Gesicht aller LGBTI-Menschen in Deutschland" bezeichnet hatten. Im Newsletter heißt es dazu: "Aber: Ist diese Äußerung von queer.de nicht auch ein Schlag ins Gesicht der Eltern aller LGBTI-Menschen in Deutschland? Auch Schwule und Lesben verdanken ihr Leben der liebevollen Verbindung von Mann und Frau."

Wöchentliche Umfrage

» Haben die Grünen ein Homophobie-Problem?
    Ergebnis der Umfrage vom 10.10.2016 bis 17.10.2016

#1 JuliAnonym
  • 09.10.2016, 07:22h

  • Herr Palmer sollte sich überlegen, ob er mit dieser Haltung bei CDU/CSU oder der AFD nicht besser aufgehoben ist. Dort würde er sofort auf Gleichgesinnte treffen. Die Grünen sind für mich (noch) eine Partei, die sich den Kampf für LTGB-Rechte auf die Fahne geschrieben hat.
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#2 AntiFantiProfil
  • 09.10.2016, 07:39hBerlin
  • ...das schlimmste is doch dass solche typen gar nicht merken wie homophob sie sind, nach palmers logik müssten auch schwarze weniger rechte haben weil schwarze eben hierzulande in der minderheit sind...
    stellt euch mal vor sowas würde gesagt werden was dann zurecht los wäre, wir müssen uns nicht mehr alles gefallen lassen!!!
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#3 HabukazProfil
  • 09.10.2016, 07:58h
  • Was ist aus den Grünen geworden? Man denke nur an die Gründung. Damals gab es keine anzugtragenden Homophoben in der Partei. Das waren mal Kämpfer die gerechte Sache. Und jetzt? Ein bisschen Umweltschutz, wenn es nicht zu viel kostet. Ein paar mild homophobe Stimmen bitte, wieso nicht. Völlig von Transatlantikern, CETA-Befürwortern und Konservativen unterwandert.
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