Höchte Zeit, mal zu bimmeln, Herr Lammert! (Bild: Deutscher Bundestag / Lichtblick / Achim Melde)
Fast genau drei Jahre ist es her, dass die Linksfraktion ihren "Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts" (Ds. 18/08) in den Deutschen Bundestag eingebracht hat – seitdem schmort er im federführenden Rechtsausschuss, zusammen mit einem ähnlichen Antrag der Grünen.
Die ersten beiden Jahre wurde die Opposition mit einer Sachverständigenanhörung vertröstet, die schließlich im September 2015 stattfand. Wir erinnern uns: Vier von sieben Experten sprachen sich für die Ehe für alle aus.
Spätestens jetzt waren alle Argumente ausgetauscht. Doch in den vergangenen zwölf Monaten stand der Linken-Antrag bereits 16 Mal auf der Tagesordnung des Rechtsausschusses – und wurde immer wieder wegen angeblichen Beratungsbedarfs vertagt. Die Große Koalition verhindert mit ihrer Mehrheit eine endgültige Abstimmung.
Im Falle einer solchen Verschleppung hat eine Fraktion lediglich das Recht, einen "Bericht" anzufordern, über den dann im Plenum gesprochen werden kann – Linke und Grünen hatten dies bereits im Februar erstmals erzwungen. Damals drohte der schwule SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs der Union theatralisch damit, bei der nächsten Debatte den Fraktionszwang über Bord zu werfen. Dafür freilich müsste einer der Anträge überhaupt erst mal zur Abstimmung zugelassen werden…
Im neuen Bericht der Ausschussvorsitzenden Renate Künast vom 5. Oktober zum Antrag der Linken (Ds. 18/9914) wird die gezielte Verzögerung detailliert dokumentiert:
"Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage in seiner 69. Sitzung am 30. September 2015, in seiner 80. Sitzung am 16. Dezember 2015, in seiner 81. Sitzung am 13. Januar 2016 sowie in seiner 84. Sitzung am 27. Januar 2016 beraten und vertagt. Am 27. Januar 2016 hat der Ausschuss bereits einen ersten Bericht gemäß § 62 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Drucksache 18/7375 abgegeben. Danach hat der Ausschuss in seiner 87. Sitzung am 17. Februar 2016, in seiner 91. Sitzung am 24. Februar 2016, in seiner 93. Sitzung am 16. März 2016, in seiner 95. Sitzung am 13. April 2016, in seiner 97. Sitzung am 27. April 2016, in seiner 98. Sitzung am 11. Mai 2016, in seiner 100. Sitzung am 1. Juni 2016, in seiner 102. Sitzung am 8. Juni 2016, in seiner 104. Sitzung am 22. Juni 2016, in seiner 107. Sitzung am 6. Juli 2016, in seiner 110. Sitzung am 21. September 2016 sowie in seiner 112. Sitzung am 28. September 2016 die Vorlage erneut beraten und vertagt."
Aus dem Plenum, aus dem Sinn – mit diesem Motto scheint sich die Große Koalition einer neuen Abstimmung über eine Aufhebung des Eheverbots für Lesben und Schwule entziehen zu wollen. Nicht nur die Opposition, selbst der Bundesrat bekommt die Feigheit der Regierungsparteien zu spüren: Die Initiative der Länderkammer zur Ehe für alle wurde ebenfalls seit über einem Jahr nicht zur Abstimmung gestellt.
Der einzige Grund: Offensichtlich traut sich die SPD weder, gegen ihren Koalitionspartner CDU/CSU zu stimmen, noch möchte sie sich von der Opposition vorführen lassen, schließlich hatte sie doch vor der Wahl "100% Gleichstellung nur mit uns" versprochen.
Für eine parlamentarische Demokratie ein absolut unwürdiger Vorgang! (mize)
Die Union macht genau das, was sie vor der Wahl gesagt hat - das ist nun mal eine homophobe Partei. Aber die SPD hatte vor der Wahl "100% Gleichstellung" versprochen und meint jetzt, uns mit dieser Verzögerungstaktik verarschen zu können.
Wir wissen jetzt, was wir von Versprechen der SPD zu erwarten haben...