Beim irisichen Referendum über die Ehe für alle argumentierten die Homo-Gegner, dass eine Gleichstellung Kinder gefährden könnte
Polarisierende Volksentscheide führen zu seelischer und körperlicher Gewalt gegen Minderheiten, auch Homosexuelle. Das zeigen Studien zum irischen Ehe-Referendum und britischen Brexit-Votum.
Die direkte Demokratie kann eine Gefahr für Schwule und Lesben sein, wenn Volksentscheide die Debatte um Minderheitenrechte anheizen. Eine am Wochenende veröffentlichte Umfrage unter mehr als 1.600 Schwulen und Lesben in der Republik Irland zeigt, dass weniger als ein Viertel der Befragten noch einmal durch ein Referendum wie im Jahr 2015 gehen will, weil die Homo-Gegner mit aggressiver homophober Rhetorik gearbeitet hätten.
Bei der Umfrage erklärten drei von vier der Befragten auch, dass sie wütend auf die Rhetorik der Homo-Gegner waren. Zwei von dreien sagte sogar, dass ihnen die Aussagen Angst eingejagt hätten.
"Die Zahlen zeigen, dass das negative Gefühl während der Kampagne weit verbreitet war", sagte Sharon Dane von der University of Queensland in Australien, eine der Autorinnen der Studie. Das Referendum habe die meisten Schwulen und Lesben seelisch sehr belastet. Viele der Befragten hätten den Forschern in eindringlichen Worten beschrieben, dass die negativen Folgen einer solch polarisierenden Kampagne "auch nach der Abstimmung anhalten, obwohl die meisten Menschen für die Ehe-Öffnung gestimmt haben." So hätten jüngere Befragte beispielsweise davon erzählt, dass sie wegen der Kampagne Tiraden von Großeltern am Essenstisch hätten erleben müssen, die darüber gesprochen hätten, wie "widerlich" Schwule und Lesben seien.
Die Studie wurde von "Parents and Friends of Lesbians and Gays Australia" finanziert. Die Organisation spricht sich gegen ein von der konservativen Regierung geplantes Referendum in Australien aus, weil sie ähnliche Verwerfungen fürchtet – stattdessen solle das Parlament die Ehe für Schwule und Lesben direkt öffnen. Während das Referendum in Irland wegen einer Verfassungsänderung rechtlich notwendig war, ist es in Down Under rein rechtlich unnötig und zudem unverbindlich.
Großbritannien: Zahl der homophoben Attacken seit Brexit mehr als verdoppelt
Eine ebenfalls am Wochenende veröffentlichte britische Untersuchung der LGBTI-Organisation Galop zeigt, dass auch der Brexit-Volksentscheid entscheidende Auswirkungen auf Schwule und Lesben gehabt hätte: In den drei Monaten nach dem Referendum habe demnach die Zahl der gegenüber der Organisation gemeldeten Hass-Verbrechen gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum um 147 Prozent zugenommen.
LGBTI-Aktivisten führen das unter anderem auf die aufgeheizte Stimmung zurück, die das Brexit-Lager während des Wahlkampfes gegen Minderheiten aufgebaut habe. Dabei sei der insbesondere auf Ausländer gerichtete Hass auch auf andere Gruppen – etwa Schwule und Lesben – übergesprungen.
Offiziellen Zahlen zufolge haben auch Übergriffe auf britische Immigranten und Ausländer stark zugenommen. Für Aufsehen sorgte insbesondere der Mord an einem polnischen Migranten, der im Süden Englands von sechs Jugendlichen offenbar aus Ausländerhass auf offener Straße zusammengeschlagen wurde und später seinen Verletzungen erlag. (dk)
Minderheitenrechte können kein gegenstand von volksabstimmungen sein. Minderheitenrechte sind ein veritabler gegenstand der repräsentativen demokratie.
Da sind sie am besten aufgehoben. Unter anderem aufgrund der im artikel geschilderten folgen und randbedingungen.
So erwarte ich von volksvertretern den entsprechenden mumm, ja oder nein zu sagen - zur ehe für alle etwa oder den rechten von arbeitsmigranten im UK. Dafür wurden die volksvertreter auch gewählt.