Kein Freund von Lesben und Schwulen: Lutz Trümper (früher SPD, jetzt parteilos) ist seit 2001 Oberbürgermeister der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt Magdeburg (Bild: Stadt Magdeburg)
Im Mai forderte der Stadtrat, im Rahmen der Hirschfeld-Tage eine Gedenktafel einzuweihen – vom Oberbürgermeister gibt es noch immer keinen Vorschlag.
Zu Update springen: Gedenktafel soll im Mai 2017 kommen
Die Einweihung einer neuen Gedenktafel für Magnus Hirschfeld in Magdeburg sollte ein Highlight der Hirschfeld-Tage 2016 werden, die ab Ende Oktober in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen stattfinden. Doch daraus dürfte vermutlich nichts mehr werden: Der parteilose Oberbürgermeister Lutz Trümper hat einen entsprechenden Beschluss des Stadtrats bislang ignoriert.
Bereits im Mai war der gemeinsame Antrag (PDF) von SPD, Linken und Grünen verabschiedet worden. Darin gefordert wurde die "Schaffung einer öffentlich zugänglichen Gedenktafel, die in der Innenstadt in geeigneter Weise an das Wirken des Arztes, Sexualforschers und Mitbegründers der ersten Homosexuellen-Bewegung Dr. Magnus Hirschfeld erinnern soll".
Der Oberbürgermeister wurde in dem Beschluss "beauftragt zu prüfen, an welchem Ort, unter welchen Voraussetzungen, zu welchen Kosten und bis zu welchem Zeitpunkt" die Gedenktafel geschaffen werden kann. "Im Verlauf des dritten Quartals 2016" sollte er dazu einen Vorschlag vorlegen.
Linke fordert Aufklärung von Trümper
Da mittlerweile bereits das vierte Quartal des Jahres begonnen hat und Trümper nicht reagiert hat, wandte sich nun die Linksfraktion in einem Brief (PDF) an den Oberbürgermeister. "Der gemeinsam mit der SPD-Stadtratsfraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen" gestellte Antrag ist Anliegen einer großen Mehrheit im Stadtrat gewesen und sollte pflichtgemäß und laut Beschlusslage bearbeitet werden", heißt es darin. "Da eine entsprechende Beschlussvorlage bisher nicht vorliegt, bitten wir Sie um eine unverzügliche Umsetzung des im Mai dieses Jahres gefassten Beschlusses und um kurzfristige schriftliche Antwort und Erläuterung der Verspätungsgründe."
Dieselben Auskünfte wollten wir von der Pressestelle des Oberbürgermeisters bekommen – auf unsere Anfrage wurde bislang nicht reagiert.
Deutschlands homophobster Bürgermeister
Lutz Trümper gilt als Deutschlands homophobster Bürgermeister. Er erhielt 2011 die Homo-Gurke von queer.de, weil er zehn Mal hintereinander die Schirmherrschaft des CSDs in Magdeburg abgelehnt hatte (queer.de berichtete). Für andere lokale Events – etwa ein Festjahr des Heimatvereins Ottersleben und selbst für die "Betonkanu-Regatta der Deutschen Zement- und Betonindustrie" – stand er dagegen zur Verfügung. Er verhinderte zunächst auch, dass am Rathaus eine Regenbogenflagge gehisst wird, wurde aber später vom Stadtrat überstimmt (queer.de berichtete).
Vor zwei Jahren beschimpfte Trümper den Magdeburger CSD als "Saustall", was zu scharfer Kritik führte (queer.de berichtete). Erst nach einer Woche entschuldigte er sich für den Ausfall bei den CSD-Organisatoren (queer.de berichtete). Im vergangenen Jahr trat der Oberbürgermeister aus Protest gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung aus der SPD aus (queer.de berichtete).
Hirschfeld lebte drei Jahre in Magdeburg

Magnus Hirschfeld lebte von 1894 bis 1896 in Magdeburg und hatte sein noch heute stehendes Wohnhaus in der Nachtweide 95. Er betrieb in Magdeburg drei naturheilkundliche und allgemeinmedizinische Arztpraxen, und zwar in seinem Wohnhaus, in der Schulstraße 4 und im Breiten Weg 168 auf der Höhe des heutigen Ulrichshauses (das im Namen an eine frühere Kirche an der Stelle erinnert).
Anlässlich des 80. Todestags des Sexualwissenschaftlers weihte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) im vergangenen Jahr im Magdeburger Stadtteil Neue Neustadt einen Magnus-Hirschfeld-Weg ein (queer.de berichtete). (mize)
Update 19.20h: Gedenktafel soll im Mai 2017 kommen
Am Donnerstagabend hat das Büro des Oberbürgermeisters auf unsere Anfrage reagiert. Wir dokumentieren die Stellungnahme von Pressesprecherin Kerstin Kinszorra:
"Das zuständige Fachdezernat hat den Prüfauftrag in den vergangenen Monaten bearbeitet und abschließend eine Stellungnahme verfasst. Dabei gab es u.a. ein Vor-Ort-Treffen am geplanten Standort der Gedenktafel. Die Recherche ergab, dass am früheren Standort von Dr. Magnus Hirschfelds Praxis in der Innenstadt heute das Ulrichshaus steht. Nach gründlichen Abwägungen und Überlegungen, wie das Gedenken an Dr. Magnus Hirschfeld am nachhaltigsten gestaltet werden kann, steht nun der Vorschlag, die Gedenktafel direkt am Ulrichshaus anzubringen.
Die Anbringung wäre am sinnvollsten rund um den Geburts- und Sterbetag im kommenden Mai.
Die Stellungnahme zum Beschluss 898-027(VI)16 ist am kommenden Dienstag (18.10.) auf der Tagesordnung der Oberbürgermeister-Dienstberatung. Sie ist nach Freigabe durch den OB öffentlich einsehbar, wird dann in drei Ausschüssen beraten und könnte am 8. Dezember vom Stadtrat beschlossen werden.
Zur Stellungnahme gehören eine Standort-Ausführungsvorbereitung und ein Kosten- und Finanzierungsplan. Die Gesamtkosten werden mit 3.300 Euro veranschlagt. Es ist vorgesehen, nicht nur Mittel aus dem städtischen Haushalt zu verwenden, sondern auch Drittmittel einzuwerben."
Okay, das sagt bereits alles...
Was die SPD für Gestalten hervorbringt, haben wir ja oft genug gesehen.