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Namensgeber ist der Arzt, Sexualforscher und Mitbegründer der ersten deutschen Homo­sexuellenbewegung Magnus Hirschfeld (1868-1935): Die Bundes­stiftung Magnus Hirschfeld wurde am 27. Oktober 2011 von der damaligen schwarz-gelben Bundes­regierung errichtet (Bild: BMH)

  • 27. Oktober 2016, 06:42h 8 3 Min.

Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld wurde trotz ihrer geringen Kapitalausstattung ein Erfolg – immer mehr stößt sie jedoch an ihre Grenzen.

Von Micha Schulze

Es hat System in Deutschland, egal wer gerade regiert. Viele unbestritten historische Entscheidungen für Lesben und Schwule werden immer nur halbherzig umgesetzt. So droht es aktuell bei der Rehabilitierung der Opfer des Paragrafen 175 durch die Große Koalition zu werden, so war es 2001 bei der Einführung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft durch Rot-Grün. Während unsere niederländischen Nachbarn bereits die Ehe öffneten, gab's für die deutschen Homos nur ein Sonderinstitut mit vielen Pflichten und kaum Rechten.

Auch die Gründung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld am 27. Oktober vor fünf Jahren durch die schwarz-gelbe Bundesregierung reiht sich in diese Serie ein. Zum einen der größte queerpolitische Erfolg der FDP nach einem Jahrzehnt des peinlichen Parteienstreits, zum anderen doch nur ein Almosen. Keine andere Bundesstiftung musste je mit lediglich zehn Millionen Euro Stiftungskapital und ohne weitere Regelförderung an den Start gehen.

Zum Vergleich: Die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft wurde im Jahr 2000 von der Bundesregierung mit zehn Milliarden DM ausgestattet, während die Bundesstiftung Mutter Kind allein einen jährlichen Zuschuss aus dem Bundeshaushalt von 92 Millionen Euro erhält. Auch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur mit einem Vermögen vom 77 Millionen Euro erhält eine jährliche Unterstützung aus dem Kulturhaushalt.

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Verwaltungsorgan statt LGBTI-Verband

Dass die Hirschfeld-Stiftung dennoch zu einem Erfolg wurde, liegt vor allem an ihrem geschäftsführenden Vorstand Jörg Litwinschuh, der sich von der geringen Kapitalausstattung nicht entmutigen ließ. Manche kritisieren zwar, die Stiftung sei nach außen zu zahm – aber das liegt in ihrer Struktur. Sie ist nun mal in erster Linie ein überparteiliches Verwaltungsorgan und kein schlagkräftiger LGBTI-Verband.

Dennoch gelang es der Hirschfeld-Stiftung in dieser in Deutschland neuen Funktion, wichtige öffentlichkeitswirksame Themen wie Homophobie im Fußball zu besetzen, Politiker zu erreichen, die niemals einen Fuß in ein Homozentrum setzen würden, und mit den Hirschfeld-Tagen queerpolitische Diskussionen in die Regionen zu tragen und damit wichtige Aufbau- und Vernetzungsarbeit zu leisten.

Selbst das vielbelächelte Charity-Dinner im Berliner Grand Hyatt mit Eintrittskarten für 300 Euro schaffte zumindest neue Kontakte in die Wirtschaft und Berichte in den Klatschspalten. Vor allem aber das ungemein wichtige Zeitzeugen-Projekt "Archiv der anderen Erinnerungen" ebnete erst mit den Weg für die bevorstehende Rehabilitierung.

Seit 2012 hat die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld zudem queere Drittprojekte mit über einer Viertelmillion Euro gefördert, darunter viele Initiativen, die bei anderen staatlichen Fördertöpfen vermutlich durchgefallen wären. In diesem Jahr etwa die Tagung "Migranten und Homosexualität" in Dortmund oder ein "Trans*-Mentoringprogramm" in Berlin.

Queeren Drittprojekten den Geldhahn zugedreht

Dass die Förderung unabhängiger LGBTI-Initiativen aufgrund zu geringer Zinserlöse in diesem Sommer eingestellt wurde, ist ein Unding. Schuld ist nicht allein der von manchen kritisierte zu schnelle Wachstum der Stiftung, sondern in erster Linie ihre von Beginn an unbefriedigende Kapitalsituation – die Zustiftung von 1,75 Millionen Euro durch die Große Koalition hat daran nicht viel geändert.

Damit die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld ihren satzungsgemäßen Aufgaben, "Bildungs- und Forschungsprojekte zu fördern und einer gesellschaftlichen Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, trans- und intergeschlechtlichen sowie queeren Personen (Abkürzung: LSBTTIQ) in Deutschland entgegenzuwirken", nachkommen kann, braucht sie dringend angemessenes Kapital sowie eine jährliche Regelförderung.

Die anstehende Rehabilitierung der Opfer der Schwulenverfolgung nach 1945 wäre dafür eine gute Gelegenheit!

-w-

#1 FelixAnonym
  • 27.10.2016, 09:39h
  • "Schluss mit den Almosen!"

    Dabei ist die schwarz-rote Bundesregierung doch Königin der Almosen.

    Die Opfer des §175 werden mit Almosen abgespeist, die für die Jahrzehnte Unrecht und Leid (und auch den Verdienstausfall der Opfer) ein Witz sind.

    Und auch die Hirschfeld-Stiftung bekommt Mittel, die man bezogen auf andere Haushaltsposten nur als Portokasse bezeichnen kann.

    Und das schlimmste ist:
    was die Bundesregierung in Alibi-Projekte steckt, kürzt sie an anderen Stellen - natürlich nur bei GLBTI...
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#2 JustusAnonym
  • 27.10.2016, 10:03h
  • >>>>>>>>>>>>>>>
    Die anstehende Rehabilitierung der Opfer der Schwulenverfolgung nach 1945 wäre dafür eine gute Gelegenheit!
    <<<<<<<<<<<<<<<<

    Ja, "wäre"...

    Aber es sieht ja ganz danach aus, dass die SPD mit ihrem Gesetzentwurf die Opfer des §175 (die es noch bis 1994 verurteilt wurden, bis 1969 sogar nach der Nazi-Version des Paragraphen) mit Almosen abspeisen will.

    Die nützen ganz bewusst die finanzielle Notlage vieler §175-Opfer aus, um sie mit eigentlich lächerlichen Beträgen abzuwimmeln. Und da viele nicht länger warten können oder wollen, werden sie sich dann so abspeisen lassen, ehe sie nochmal warten müssen. Denn viele sind auch schlichtweg aufgrund ihrer desaströsen Situation auf jeden Cent angewiesen.

    Dass sich das Land des rosa Winkels dermaßen vor seiner Verantwortung drückt und die Opfer selbst in der Rehabilierung nochmal herabwürdigt, ist nicht nur unanständig, gewissenlos und zynisch, sondern schlicht pervers. Punkt.
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#3 RobinAnonym
  • 27.10.2016, 10:20h
  • Magnus Hirschfeld würde sich im Grabe rumdrehen, wenn er wüsste, was mit seinem Namen und in seinem Namen gemacht wird.

    Leider können sich Tote ja nicht mehr gegen den Missbrauch ihres Namens wehren.
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