Günther Oettinger ist seit 2010 EU-Kommissar in Brüssel. Als Ministerpräsident von Baden-Württemberg hatte sich der CDU-Politiker geweigert, ein Grußwort für den CSD Stuttgart zu verfassen (Bild: EPP Group in the CoR / flickr)
EU-Kommissar Günther Oettinger reagiert uneinsichtig auf die Kritik an seiner homophoben und rassistischen Rede – die Zitate würden "ohne Zusammenhang" präsentiert.
Kein Rücktritt, keine Entschuldigung, nicht einmal ein Bedauern: In einem Interview mit der Tageszeitung "Die Welt" hat sich EU-Kommissar Günther Oettinger am Samstagabend erstmals zu seiner heftig kritisierten Rede geäußert, von der am Freitag Ausschnitte auf Youtube veröffentlicht worden waren.
Der CDU-Politiker hatte als Festredner beim 27. "EuropAbend" beim AGA Unternehmensverband in Hamburg am vergangenen Mittwoch unter anderem gegen eine angebliche "Pflicht-Homoehe" gewettert und sich auf Stammtischniveau abfällig über Chinesen und Frauen geäußert (queer.de berichtete).
Auf die Frage der "Welt", ob er seine Äußerungen bereue, meinte Oettinger lediglich: "Man muss den Gesamtzusammenhang sehen, in dem ich mich geäußert habe. Es ging in meiner Rede darum, Deutschland vor zu viel Selbstsicherheit zu warnen."
Oettinger: Ich habe nichts gegen die "Homoehe"
Er habe auch überhaupt nichts gegen die "Homoehe", meinte der EU-Kommissar gegenüber der "Welt": "Ich habe die Homoehe in einer Liste von Themen, Initiativen und Debatten genannt, die in Deutschland die politische Tagesordnung bestimmen. Mir geht es darum, diese Liste an Themen zu ergänzen – insbesondere um das Thema Wettbewerbsfähigkeit." Dass er Chinesen als "Schlitzaugen" bezeichnet hatte, nannte Oettinger eine "etwas saloppe Äußerung, die in keinster Weise respektlos gegenüber China gemeint war".
Gleichzeitig erhob der EU-Kommissar Vorwürfe gegen den Teilnehmer der Hamburger Veranstaltung, der das Video auf Youtube hochgeladen hatte: "Wer diese Aufnahme gemacht hat, wollte nicht ein ganzheitliches Bild von mir zeichnen, sondern Teile ohne Zusammenhang präsentieren. Auf der Veranstaltung habe ich viel positiven Zuspruch bekommen." Im Interview erklärte Oetttinger außerdem, dass er sich auf seine neue Aufgabe als EU-Haushaltskommissar freue.
SPD: Oettinger "disqualifiziert sich für politische Spitzenposten"
In ersten Reaktionen auf Oettingers Rede hatte der LSVD den CDU-Politiker am Samstagvormittag zu einer Entschuldigung aufgerufen. Nach den Oppositionspolitikern Volker Beck (Grüne) und Bernd Riexinger (Linke) stellte am Nachmittag auch SPD-Generalsekretärin Katarina Barley die Eignung des CDU-Politikers als EU-Kommissar infrage.
"Jemand, der offene rassistische und homophobe Ressentiments bedient, disqualifiziert sich für politische Spitzenposten", sagte Barley gegenüber Spiegel Online. "Günther Oettinger sollte mal dringend sein Weltbild überprüfen. Ein EU-Haushaltskommissar mit solchem Gedankengut könnte der ganzen EU Schaden zufügen." (cw)
www.neues-deutschland.de/m/artikel/1030461.reaktionaer-rassi
stisch-rufe-nach-ruecktritt-von-oettinger.html