Die CDU-Politikerin Anne-Marie Keding ist seit 25. April 2016 Ministerin für Justiz und Gleichstellung in Sachsen-Anhalt, zuvor war sie Staatssekretärin im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt (Bild: Martin Rulsch, Wikimedia Commons / wikipedia)
Interview mit Sachsen-Anhalts Justizministerin Anne-Marie Keding über Hirschfeld-Tage, Aktionsplan zur LSBTTI-Akzeptanz und AfD-Hetze.
Von Micha Schulze
Warum haben Sie die Schirmherrschaft über die Hirschfeld-Tage in Sachsen-Anhalt übernommen?
Ich habe die Schirmherrschaft gerne übernommen, weil LSBTTI ein Thema ist, das einen festen Platz im aktuellen Koalitionsvertrag hat. Auch fand ich die Auswahl der drei mitteldeutschen Bundesländer für die Ausrichtung der dritten Hirschfeldtage sehr spannend, denn es sind drei Bundesländer ausgewählt worden, die gerade erst Aktionspläne für die Akzeptanz von LSBTTI auf den Weg gebracht haben bzw. gerade auf den Weg bringen. Die vielfältigen Veranstaltungen der Hirschfeld-Tage sind regional breit gestreut und ich bin zuversichtlich, dass dadurch in den drei Bundesländern ein öffentlicher Dialog zum Thema befördert wird.
Werden Sie persönlich Veranstaltungen der Hirschfeld-Tage besuchen?
Ich freue mich sehr auf den festlichen Auftakt der Hirschfeld-Tage in Erfurt am 5. November, den ich zusammen mit Herrn Ministerpräsident Ramelow aus Thüringen und Frau Staatsministerin Köpping aus Sachsen eröffnen werde. Dort werde ich mir dann auch einen Überblick über die verschiedenen Veranstaltungen in Mitteldeutschland verschaffen.
Anne-Marie Keding (li.) beim Hissen der Regenbogenfahne zum CSD Magdeburg 2016 (Bild: Grüne Fraktion Magdeburg)
Viele Schwule und Lesben befürchten einen Rollback, was Toleranz und Akzeptanz in Deutschland betrifft. Halten Sie diese Sorgen für berechtigt?
Ich nehme die von Ihnen beschriebenen Stimmen und Stimmungen in der öffentlichen Diskussion sehr ernst. Aber es gibt auch die Gegenbewegung dazu: Vieles wird gegenwärtig auf den Weg gebracht – wie z. B. Aktionspläne in einzelnen Bundesländern oder auch bundesrechtliche Bestrebungen wie die Rehabilitierung der auf Grundlage des Paragraf 175 StGB verurteilten Männer. Ich denke, Aufgabe einer offenen Gesellschaft ist es, diese Errungenschaften zu verteidigen und vor Anwürfen in Schutz zu nehmen.
Im Landtag fordern AfD-Abgeordnete Haftstrafen für Homosexuelle und sprechen von "Normabweichung" oder einem "Fehler der Natur". Wie müssen die demokratischen Parteien darauf reagieren?
Solche Positionen sind für mich weder vertretbar noch verhandelbar. Deshalb haben die Abgeordneten der Regierungsfraktionen im Landtag im September einen AfD-Antrag abgelehnt, der die Einstellung des gerade erst verabschiedeten Programms für die Akzeptanz von LSBTTI in Sachsen-Anhalt zum Ziel hatte.
Im Koalitionsvertrag haben sich CDU, SPD und Grüne darauf verständigt, das Verbot der Benachteiligung aufgrund der sexuellen Identität in der Landesverfassung zu verankern. Wann legen Sie dazu einen Gesetzentwurf vor?
Das Verfahren wird gegenwärtig intern abgestimmt. Wir bemühen uns, alle im Koalitionsvertrag verankerten Aufgaben umzusetzen. Das betrifft auch die Ergänzung der Landesverfassung.
Auch in ihrer Partei gibt es einige Vorbehalte gegen den "Landesaktionsplan für Akzeptanz von Lesben und Schwule, Bisexuellen, Trans- und Intersexuellen und gegen Homo- und Transphobie in Sachsen-Anhalt". Welche Punkte sind umstritten?
Die CDU-Landtagsfraktion hat dem Aktionsplan zugestimmt. Aus dem Grundsatzprogramm des Landesverbandes Sachsen-Anhalt der CDU vom 9. November 2013 lässt sich ersehen, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften respektiert und anerkannt werden.
Welche konkreten Maßnahmen und Schritte stehen im Rahmen des Landesaktionsplans als nächstes an?
Wichtige Themen, die uns im kommenden Jahr begleiten werden, sind Maßnahmen in den Bereichen Bildung/Aufklärung und öffentlicher Dialog. Fortbildungen werden hier klar im Fokus stehen. Auf Bundesebene werden wir mit Spannung verfolgen, wie sich die Diskussion um einen Gesetzesentwurf zur Aufhebung der Urteile gegen die auf Grundlage des Paragrafen 175 StGB verurteilten Männer fortsetzt.
Hirschfeld-Tage 2016Unter dem Motto "L(i)ebe die Vielfalt" stehen bis zum 19. Dezember bei den dritten Hirschfeld-Tagen 115 Veranstaltungen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf dem Programm. Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld als Veranstalterin kooperiert dabei mit neun regionalen Partnern aus der Community. Der Eröffnungs-Festakt findet am 5. November um 19 Uhr im Theater Erfurt statt. Stargast ist Marianne Rosenberg. Die Teilnahme ist kostenlos, allerdings ist eine schriftliche Anmeldung bis zum 3. November an felicitas.grabow@mh-stiftung.de erforderlich. Weitere Infos zum Programm auf
hirschfeld-tage.de.
Dann soll die CDU endlich für vernünftige Aufklärung an Schulen sorgen, statt ständig Bildungspläne zu blockieren, zu verzögern und abzuschwächen.