Phil (Louis Hofmann, re.) verliebt sich in seinen neuen Mitschüler Nicholas (Jannik Schümann) (Bild: Universum Film)
Mit der Romanverfilmung "Die Mitte der Welt" startet diese Woche einer der herausragenden deutschen Coming-of-Age-Filme im Kino.
Von Carsten Moll
Als der 17-jährige Phil aus dem Sommerlager zurückkehrt, hat sich in seiner Heimat einiges verändert: Ein Sturm hat Teile seines Heimatorts verwüstet, und auch in der Familienvilla braut sich etwas zusammen. Phils exzentrische Mutter Glass und seine introvertierte Zwillingsschwester Dianne reden kaum noch ein Wort miteinander,
Glass' wechselnde Liebhaber sorgen für zusätzliche Anspannung. Um der überreizten Stimmung zuhause zu entkommen, verbringt der Teenager die Zeit daher lieber mit seiner besten Freundin Kat, der Tochter des Schuldirektors. Diese weiß schon von einem neuem Mitschüler, der in die Klasse kommen soll und Phil bestimmt gefallen wird.
Und so ist es dann auch: Vom ersten Moment an, als Nicholas nach den Ferien den Klassenraum betritt, ist Phil hin und weg. Und auch Nicholas zeigt Interesse an seinem Bewunderer, bald kommen sich die beiden Jugendlichen näher. Doch was Nicholas wirklich fühlt und will, bleibt für Phil ein Rätsel und stürzt den Heranwachsenden in ein Gefühlschaos – eine Situation, die durch die komplizierten Familienverhältnisse nicht gerade einfacher wird.
Märchenhafte Melancholie und wunderbare Kinobilder
Poster zum Film: "Die Mitte der Welt" startet am 10. November 2016 im Kino
Nachdem Andreas Steinhöfels Kinderbuchreihe um die ungleichen Helden Rico und Oskar den Sprung auf die große Leinwand schon mit Bravour geschafft hat, folgt nun sein 1998 erschienener Jugendroman "Die Mitte der Welt (Amazon-Affiliate-Link )". Für Regie und Drehbuch konnte dabei der Grazer Filmemacher Jakob M. Erwa gewonnen werden, der mit dem Psychothriller "Homesick" bereits eindrucksvoll sein Talent unter Beweis stellen konnte.
Erwa gelingt es auf stimmige Weise, die knapp 500 Seiten starke Vorlage in einen beinahe zweistündigen Spielfilm zu verwandeln. Leser des Romans werden Steinhöfels Kosmos dabei sicherlich wiedererkennen, die gleiche märchenhafte Melancholie durchzieht Buch und Verfilmung. Dass wichtige Romanfiguren bei Erwa weiter an den Rand rücken und Phils Coming-of-Age mehr im Fokus steht, ist nur konsequent und verleiht dem Film die nötige dramaturgische Stringenz.
Glänzen kann "Die Mitte der Welt" aber vor allem, wenn sich Erwa von der literarischen Vorlage löst. Denn wo die bei Steinhöfel sinnige Erzählperspektive im Film als Off-Kommentar für Redundanzen sorgt und die Dialoge trotz guter Darsteller mitunter ein wenig plakativ wirken, da überzeugt Erwa bei der Wahl seiner filmischen Mittel umso mehr. Immer wieder überrascht der Regisseur mit kleinen Einfällen und lässt die Gefühlswelt seines Protagonisten in wunderbaren Kinobildern Wirklichkeit werden.
Trotz einiger surrealer Szenen und fantastischer Ideen bleibt "Die Mitte der Welt" im Kern jedoch stets das realistische Porträt eines Heranwachsenden. Mit Empathie und Neugier blickt der Film auf seine Helden und zählt gemeinsam mit Fatih Akins "Tschick" sicherlich zu den herausragenden deutschen Coming-of-Age-Filmen dieses Jahres.
Infos zum Film
Die Mitte der Welt. Drama. Deutschland 2016. Regie: Jakob M. Erwa. Darsteller: Louis Hofmann, Sabine Timoteo, Svenja Jung, Ada Philine Stappenbeck, Jannik Schümann, Inka Friedrich, Nina Proll, Sascha Alexander Gersak. Laufzeit: 115 Minuten. Sprache: deutsche Originalfassung. Verleih: Universum. Kinostart: 10. November 2016
Hoffentlich kommt der auch hier bei uns ins Kino... Werde ich mir mal ansehen...