https://queer.de/?27727
Konsequenz aus Niederlage
Matteo Renzi tritt ab

Anders als Romano Prodi schaffte es Matteo Renzi, vor seinem Abgang als Ministerpräsident ein Lebenspartnerschaftsgesetz durchs Parlament zu boxen
- 5. Dezember 2016, 12:48h 3 Min.
Ein knappes halbes Jahr nach der Einführung von eingetragenen Partnerschaften muss der Ministerpräsident nach einem verlorenen Referendum seinen Hut nehmen.
Der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi hat am Montag angekündigt, nach einem verlorenen Verfassungsreferendum zurückzutreten. Renzi hatte seine politische Zukunft an einen Volksentscheid geknüpft, der eine weitgehende Reform des als ineffektiv geltenden politischen Systems Italiens vorsah. Wie schon 2006 scheiterte eine Reform des Systems am Votum der Bevölkerung.
Zu den größten Erfolgen in der zweieinhalbjährigen Amtszeit des 41-Jährigen zählt die Einführung von eingetragenen Partnerschaften im Sommer diesen Jahres. Über sie war praktisch während seiner gesamten Amtszeit gestritten worden. Im Zuge der Debatte gingen hunderttausende Italiener mehrfach für und gegen die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften auf die Straße.
Nur abgespeckte Lebenspartnerschaften
Renzi hatte bereits kurz nach seinem Amtsantritt 2014 angekündigt, Lebenspartnerschaften nach deutschem Vorbild einführen zu wollen (queer.de berichtete). Nach zwei Jahren politischer Auseinandersetzung konnte er schließlich eine abgespeckte Version des Entwurfes ohne das Recht auf Stiefkindadoption durchs Parlament bringen (queer.de berichtete). Obgleich LGBTI-Aktivisten enttäuscht waren, dass die Regierung am Ende nach erheblichem Druck durch die katholische Kirche und konservative Parteien die Stiefkindadoption wieder aus dem Gesetzespaket strich, gelten die "Civili unioni" als ein großer Schritt. Italien ist der letzte der EU-Gründerstaaten, der Homo-Paare rechtlich anerkannt hat.
Neun Jahre zuvor war ein Versuch des damaligen Ministerpräsidenten Romano Prodi zur Einführung von Lebenspartnerschaften noch am Widerstand einer kleinen katholischen Partei in seiner Neun-Parteien-Koalition gescheitert (queer.de berichtete). Auch Renzi erfuhr heftigen Widerstand vom kleinen Koalitionspartner "Nuovo Centrodestra" (Neue rechte Mitte). Am Ende schaffte er es mit der abgespeckten Version des Gesetzes aber doch, die Partei zur Zustimmung zu bewegen.
Politische Unsicherheit
Der Rücktritt führt zu politischer Unsicherheit in Italien: Wahrscheinlich wird Staatspräsident Sergio Mattarella zunächst eine Übergangsregierung einsetzen, bevor ein neues Parlament gewählt werden kann – der nächste reguläre Termin dafür wäre im Frühjahr 2018.
Durch die Ablehnung des Referendums fühlen sich insbesondere die Parteien am linken und rechten Rand gestärkt, die das Referendum abgelehnt hatten. Dazu zählen unter anderem Silvio Berlusconis Forza Italia, die Rechtsaußen-Partei Lega Nord, die linke Gruppierung "Sinistra Italiana" und die europafeindliche Protestpartei Fünf-Sterne-Bewegung, die auf EU-Ebene unter anderem mit der UK Independence Party, den "Schwedendemokraten" und der AfD-Abgeordneten Beatrix von Storch eine Fraktionsgemeinschaft bildet.
Der Fünf-Sterne-Bewegung um den Kabarettisten Beppe Grillo befindet sich derzeit im Umfragehoch. Ihr werden bei einer Parlamentswahl über 30 Prozent der Stimmen vorhergesagt. Noch ist unklar, was das für LGBTI-Rechte bedeutet: Die Partei gibt sich pro forma als LGBTI-freundlich, verweigerte allerdings aus parteitaktischen Gründen die Zustimmung zu den eingetragenen Partnerschaften (queer.de berichtete). Aktivisten machten die junge Partei daher dafür mitverantwortlich, dass am Ende nur eine abgespeckte Version des Gesetzes verabschiedet wurde. (dk)















Die Italiener haben sich mit Ihrem NEIN zur Verfassungsänderung nur selbst geschadet.
Seit Jahrzehnten blockieren sich Senat und Abgeordnetenhaus immer wieder und Gesetzesvorhaben in Italien umzusetzen, dauern ewig.
Eine für Italien wichtige und gute Reform ist leider gescheitert.