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Beschluss gegen Diskriminierung

Parteitag in Essen: CDU gibt sich homofreundlich


Die Forderung der Lesben und Schwulen in der Union nach einer Ehe-Öffnung war zwar auf dem Parteitag präsent – darüber abgestimmt wurde aber nicht

  • 7. Dezember 2016, 15:24h 32 5 Min.

Die Delegierten stimmten einstimmig einen Leitantrag zu, der sich gegen Ungleichbehandlung ausspricht. Konkrete Verbesserungen für LGBTI-Rechte wurden aber nicht beschlossen.

Von Dennis Klein

Von Montag bis Mittwoch haben die Delegierten beim CDU-Bundesparteitag in Essen debattiert, welchen Weg die Partei bis zur Bundestagswahl im nächsten Jahr nehmen soll. LGBTI-Themen waren dabei nur am Rande ein Thema: So sprach sich die Partei in einem am Mittwochnachmittag einstimmig beschlossenen Leitantrag des Bundesvorstandes zwar abstrakt gegen die Diskriminierung auch von Schwulen und Lesben aus. Allerdings ist das Ziel dieses Antrags nicht, bestehende Ungerechtigkeiten wie das Ehe-Verbot zu überwinden, sondern öffentlichkeitswirksam Forderungen an Flüchtlinge aufzustellen.

Wörtlich heißt es in dem Leitantrag: "Die Diskriminierung oder Abwertung von Frauen oder Ethnien, von Andersgläubigen oder Homosexuellen akzeptieren wir genauso wenig wie Antisemitismus. Unsere Gesetze stehen über Ehrenkodex, Stammes- oder Familienregeln und der Scharia." Danach wird festgelegt, dass Jungen und Mädchen gemeinsam den Sportunterricht besuchen sollten. Außerdem wird die Vollverschleierung ebenso abgelehnt wie Eheschließung mit Minderjährigen. Diese Formulierung trägt die Handschrift des schwulen Parlamentarischen Staatssekretärs Jens Spahn, der sich in den letzten Monaten als "burkaphober" Haudegen profilierte (queer.de berichtete).

Insgesamt präsentierten sich die Christdemokraten als "Law and Order"-Partei und debattierten viel über Strafverschärfungen oder eine härteren Gangart gegenüber Flüchtlingen. In der Ausländerpolitik wandten sich die Delegierten sogar gegen die Parteiführung, als eine knappe Mehrheit dafür stimmte, den Kompromiss zur doppelten Staatsbürgerschaft mit der SPD wieder aufzukündigen.

Anti-"Gender"-Anträge

Das von der AfD und dem rechten Rand der Union heiß geliebte Thema "Gender" fand am Rande des Parteitags Beachtung. Anträge aus Südbaden und Karlsruhe, "Gender Studies" an Universitäten einzuschränken, wurden wie von der Antragskomission vorgesehen an die Fraktionen im Bundestag und den Landtagen überwiesen.

Ein junger Delegierter aus Baden-Württemberg hatte am Mittwochvormittag gefordert, einen der Gender-Anträge hingegen direkt zu beschließen und damit "Gender Studies" einer "unabhängigen Evaluation" zu unterziehen. Die CDU sollte nicht linken Parteien hinterherlaufen, sondern eine "klare Kante" gegen die "Gender-Ideologie" zeigen. Man wisse doch, dass Kinder mit einem biologischen Geschlecht geboren werden. Der Antrag fand einige Unterstützung im Saal, aber keine Mehrheit.


Bild: CDU.TV

Damit unterscheiden sich die Christdemokraten von der Schwesterpartei CSU, die sich kürzlich die Ablehnung von angeblicher "Frühsexualisierung" und "Gender-Ideologie" im Bildungsbereich ins Grundsatzprogramm schrieb (queer.de berichtete). Die CDU scheint trotz mancher Unterstützung für das neurechte Thema in den Ländern, in dieser Frage eher zu bremsen. Im neu vorgelegten "Vollzugsbericht" zu Anträgen des Vorjahres (PDF) stellt der Bundesfachausschuss "Bildung, Forschung und Innovation" fest, dass "Genderforschung in vielen Bereichen relevant" sei und man Forschungsfreiheit und Autonomie von Hochschulen nicht in Frage stellen wolle.

Erstmals Abstimmung über Ergänzung von Artikel 3

Ein weiterer Parteitagsantrag beschäftigte sich mit einer Hauptforderung von LGBTI-Aktivisten: Die Berliner Christdemokraten forderten darin, Schwule und Lesben im Grundgesetz ausdrücklich vor Diskriminierung zu schützen. Derzeit befinden sich im Grundgesetz die selben Merkmale wie im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz – mit der Ausnahme des Merkmals "sexuelle Identität".

Der Antrag wurde auf entsprechende Empfehlung der Parteiführung ohne Debatte an die Bundestagsfraktion überwiesen. Wörtlich hieß es darin: "Die CDU setzt sich dafür ein, dass das Diskriminierungsverbot in Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz um das Merkmal der sexuellen Orientierung erweitert wird."

Der schwule Berliner Delegierte Matthias Steuckardt begrüßte gegenüber queer.de, dass nun eine Diskussion über das Thema geführt werde, die vor wenigen Jahren in der CDU noch undenkbar gewesen sei. Nun müsse die Fraktion sich mit dem Thema befassen und im kommenden Jahr einen Bericht erstellen, über den dann weiter debattiert werden könne.

Beschlossen wurde dagegen am Mittwochnachmittag die Forderung an SPD und Grüne, "im Bundesrat endlich der vom Bundestag bereits beschlossenen Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten zuzustimmen". Das mit den Stimmen der Großen Koalition im Bundestag bereits im Mai beschlossene Gesetz steckt derzeit in der Länderkammer fest. Viele LGBTI-Aktivisten kritisieren, dass die drei Maghreb-Staaten das Prädikat "sicher" erhalten sollen, obwohl alle drei Länder Homosexualität unter Strafe stellen und es auch immer wieder zu entsprechenden Verurteilungen kommt.

Jens Spahn erneut ins Präsidium gewählt

In Essen standen auch Personalentscheidungen wie die Wiederwahl von Angela Merkel zur Parteivorsitzenden an. Dem schwulen Politiker Jens Spahn gelang es am Dienstag, erneut ins Präsidium gewählt zu werden. Der 36-Jährige gehört dem engsten Führungszirkel der Partei bereits seit 2014 an. Er erhielt allerdings mit 70,5 Prozent eines der schwächsten Ergebnisse.

Neben ihm wurden auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (88,7 Prozent), die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (85,2 Prozent), EVP-Vizepräsident David McAllister (82,3 Prozent), Bundesinnenminister Thomas de Maizière (80,2 Prozent), Gesundheitsstaatssekretär Karl-Josef Laumann (78,2 Prozent) und Kultur-Staatsministerin Monika Grütters (70,4 Prozent) ins Präsidium gewählt. Dem Gremium gehören auch Parteichefin Angela Merkel und ihre fünf Stellvertreter Julia Klöckner, Volker Bouffier, Armin Laschet, Thomas Strobl und Ursula von der Leyen an. Nicht wiedergewählt wurde die homophobe ehemalige Parlamentarische Staatssekretärin Katherina Reiche.


Jens Spahn gehört weiterhin dem Führungszirkel der Bundespartei an. Bild: Laurence Chaperon

Nach der Wahl zeigte sich Spahn mit dem relativ schwachen Ergebnis zufrieden: "Ich kann damit gut leben, weil ich finde, eine Partei braucht Diskussionen. Eine Partei braucht den Streit um die richtige, die beste Lösung. Das heißt am Ende aber auch, dass man nicht jedem gefällt", sagte Spahn im Sender Phoenix.

Kein Thema beim Parteitag war die Ehe für alle. Nach der Ablehnung durch die Berliner CDU im Sommer letzten Jahres und einem Bekenntnis zur Ehe aus Mann und Frau in einem Leitantrag beim letztjährigen Parteitag sahen die Befürworter offenbar keine Möglichkeit, das Thema erneut einzubringen. Matthias Steuckardt, der sich seit Jahren bei den Lesben und Schwulen in der Union (LSU) engagiert, hofft bei diesem Thema offenbar eher auf den kleinen Koalitionspartner, egal ob dieser rot, grün oder gelb sein wird. "Ich glaube nicht, dass eine Koalition an dieser Frage scheitern würde", so Steuckardt.

Allerdings stehen in der Union nicht nur Merkels Bauchgefühl weiteren LGBTI-Rechten im Wege, sondern auch Teile der Parteibasis. In einer viel beachteten Rede forderte der oberschwäbische Delegierte Eugen Abler im Kampf gegen die AfD eine "Erneuerung und Schärfung unseres Profils im Geiste des Cs" und erklärte: "Wir haben viele christdemokratische Prinzipien über Bord geworfen: Beispiele sind die Anerkennung der Homo-Ehe, das Adoptionsrecht für Homosexuelle, die Gender-Ideologie, Quotendenken (und) Verharmlosung der Islamisierung."

#1 Paulus45Anonym
  • 07.12.2016, 16:31h
  • Insgesamt ein guter Parteitag; es ist erfreulich, dass die CDU im Jahre 2016 mittlerweile so weit gekommen ist. Vieles an LGBT-Fortschritten bei der CDU wäre vor 15 Jahren fast nicht denkbar gewesen und Frau Merkel hat die CDU doch sehr massiv LGBT-freundlicher ausgestaltet.

    Bedauerlich aber finde ich, dass immer noch nicht die CDU sich zur Eheöffnung bekennt, die mittlerweile in 21 Staaten weltweit umgesetzt wurde, und das die CDU es weiterhin beim standesamtlichen Lebenspartnerschaftsinstitut belassen will.

    Dafür aber gibt es nunmehr Fortschritte bei der Rehabilitierung der nach 175 verurteilten Männer nach 1945 und ebenso scheint ein wenig Bewegung in die Debatte um die Reform des Artikel 3 GG zu kommen.

    Gut finde ich, das sich die CDU für ein gesetzliches Vollverschleierungsverbot einsetzt, so wie es bereits ebenso die bayrische CSU, FDP und AfD fordern. Der Niqab/die Burka dienen als Provokationsmittel gegen unsere westliche freie Gesellschaft und ich möchte in einer Gesellschaft leben, in der weiterhin das Gesicht gezeigt wird. Grüne und Linke sind hier auf einem "Holzweg", weil sie hier mit der Vollverschleierung ein Symbol des Islamismus unterstützen, das für die Bekämpfung unserer freiheitlichen Gesellschaft steht und das vielen Menschen in unserem Land Angst macht.

    Jens Spahn beglückwünsche ich zu seinem erneuten Einzug in das CDU-Präsidium.
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#2 Dr SohmerAnonym
#3 RobinAnonym
  • 07.12.2016, 16:56h
  • So macht die CDU das gerne:
    behaupten, man sei gegen Ungleichbehandlung, aber dann handelt man genau gegenteilig und tut alles für weitere Diskriminierung.
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