Auf eine Kleine Anfrage des fraktionslosen Landtagsabgeordneten Daniel Schwerd hat die nordrhein-westfälische Landesregierung erstmals eingestanden, dass die Kündigung von schwulen Beschäftigten im öffentlichen Dienst rechtswidrig war.
"Entlassungen allein aufgrund von Verurteilungen oder Ermittlungen wegen einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Beziehungen erwachsener Menschen sind aus heutiger Sicht rechtswidrig, weil die insoweit nach 1945 weiter bestehende Strafbarkeit und Verfolgung die Betroffenen in ihrer Menschenwürde verletzt hat", schrieb Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) in der am Donnerstag veröffentlichen Antwort.
In NRW sind mehrere Fälle dokumentiert, in denen Männer allein deshalb aus dem Staatsdienst entlassen wurden, weil gegen sie nach Paragraf 175 StGB ermittelt oder weil sie entsprechend verurteilt worden waren. So wurde in Solingen 1955 ein heute noch lebender städtischer Beamter nach einer Verurteilung nach dem "Schwulenparagrafen" entlassen. Er war anschließend arbeitslos und musste Aushilfsjobs annehmen.
Die Linke fordert Entschuldigung und finanziellen Ausgleich
"Es ist wichtig und gut für die Betroffenen, dass die Landesregierung Unrecht endlich auch als Unrecht benennt", kommentierte Daniel Schwerd die Antwort des Justizministers am Freitag in einer Pressemitteilung. "Nun ist die Landesregierung in der Pflicht, die Betroffenen zeitnah zu entschädigen und sich bei ihnen zu entschuldigen", forderte der Abgeordnete, der im Oktober 2015 die Piratenfraktion verlassen hatte und im März 2016 in die Linke eingetreten war.
Bei der Frage Schwerds, ob das Land eigene Entschädigungszahlungen plane, hatte NRW-Justizminister Kutschaty lediglich auf das von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) geplante Rehabilitierungsgesetz verwiesen. In dem aktuellen Entwurf ist jedoch kein finanzieller Ausgleich für die mit der Zerstörung der beruflichen Existenz verbundenen materiellen Einbußen vorgesehen (queer.de berichtete).
"Kommunen und Länder, also auch NRW, können nicht einfach auf das geplante Bundesgesetz verweisen und so tun, als seien sie nicht selbst auch gefordert, geschehenes Unrecht zumindest abzumildern", kritisierte der innen- und queerpolitische Sprecher der Linken in NRW, Jasper Prigge, in der gemeinsamen Pressemitteilung. "Wir brauchen sehr zeitnah einen Härtefallfonds und eine Entschädigung aus Landesmitteln für all diejenigen, die in den Kommunen und vom Land NRW allein deshalb entlassen wurden, weil sie schwul waren." (mize)