Aufregung auf der Insel: Im vom Streamingdienst Amazon Video weltweit verbreiteten britischen TV-Automagazin "The Grand Tour" hat einer der Moderatoren in der neusten Folge einen homophoben Scherz hingelegt.
In der seit Freitag erhältlichen Folge "Happy Finnish Christmas" meinte Moderator Jeremy Clarkson zu einem Bild der luxuriösen und recht hellen Innenausstattung eines Volvo S 90: "Das einzige Problem ist, dass man in einem von diesen kein Schokoladen-Magnum genießen könnte."
"Das geht in Ordnung", bemerkte dazu sein Kollege Richard Hammond, "ich esse keine Eiscreme. Das hat damit zu tun, heterosexuell zu sein" (die deutsche Amazon-Synchronisation macht daraus fehlerhaft ein unverständliches "Also ich schlecke ein Eis, weil ich hetero bin").
Selbst Clarkson wirkte über diese Aussage überrascht, fragte in Richtung Publikum, warum es applaudiert, und meinte: "Meinst Du, jeder, der Eis mag, ist…?" Hammond: "Eiscreme ist ein wenig, du weißt…" Clarkson: "Du sagst, alle Kinder sind homosexuell?" Hammond: "Nein, aber… Da ist nichts schlimm dran, aber ein erwachsener Mann, der ein Eis isst, ist… (…) eher diese Richtung als diese Richtung."
Ausrutscher wie früher
"The Grand Tour" läuft derzeit in der ersten Staffel in rund 200 Ländern exklusiv bei Amazon Prime Video – es ist die neue Serie des ehemaligen "Top Gear"-Moderatorentrios Clarkson, Hammond und James May. Die BBC hatte die frühere Erfolgsserie aus dem Programm geworfen, nachdem der mehrfach verwarnte Clarkson einen Produzenten angegriffen hatte, weil ihm nicht das erwünschte Essen angeboten wurde.
Der Hauptmoderator des populären wie umstrittenen Formats, das von Amazon nur gerinfgügig verändert wurde, war selbst – neben weiteren skandalösen Äußerungen – mehrfach mit homophoben Sprüchen aufgefallen. So beklagte er kürzlich in einem Interview, TV-Verantwortliche hielten es für wichtig, einem "blonden, blauäuigen heterosexuellen Jungen" als Moderator eine "schwarze muslimische Lesbe" an die Seite zu stellen. Die LGBTI-Organisation Stonewall zeichnete ihn 2007 als "Bigot of the Year" aus, nachdem er in einer ausgestrahlten "Top Gear"-Sendung u.a. meinte, ein Auto (Daihatsu Copen) nicht kaufen zu wollen, weil es "etwas schwul" sei.
Kritik an Kindergarten-Scherz
In der nachrichtenarmen Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr sorgte die neueste Entgleisung des TV-Formats für Schlagzeilen in Großbritannien. "Es ist eine perverse Welt, wenn alltägliche Vergnügen wie Speiseeis zu homophobem Innuendo benutzt werden", meinte etwa der britische LGBT-Aktivist Peter Tatchell gegenüber der BBC. Wenn sich Hammond an dieser Stelle mit seiner Heterosexualität brüste, bediene er Vorurteile: "Dass das Publikum applaudiert, macht das noch schlimmer, und ich denke das zeigt, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben".
Hammonds Spruch sei nicht nur lächerlich gewesen, beklagte die Organisation Stonewall, sondern "bewusst gewählt, um zu verspotten und herabzusetzen. Das ist die Art von kindischer Sprache, die wir auf Schulhöfen im ganzen Land hören." Die Organisation berate Lehrer, um auf homo- und transfeindliche Sprüche zu reagieren. "Diese Art von Sprache im Fernsehen zu hören, ist extrem enttäuschend und sendet ein falsches Signal an junge Menschen."
Auf Twitter sorgte der Hammond-Spruch vor allem für Spott: Der offen schwule "Years & Years"-Sänger Olly Alexander meinte etwa: "Kein Wunder, dass manche Heteros bekloppt ('fucked up') sind: Sie können nicht mal ein Eis essen." Andere posteten Bilder von besonders "schwulem" Eis oder entsprechenden Eisdielen:
Wenig Kritik wurde bislang direkt gegenüber Amazon öffentlich, das sich mit exklusiven Produktionen im Video-Streaming-Markt etablieren will. Zu den Eigenproduktionen gehört die preisgekrönte Serie "Transparent"; die Reihe über das Leben einer Transsexuellen war erst vor wenigen Tagen erneut für mehrere Golden Globes nominiert worden (queer.de berichtete). (nb)