Derartige Schilder werden nicht nur an amerikanischen Unis, sondern auch vermehrt in Deutschland zu sehen sein (Bild: Matthew Rutledge / flickr)
Die Berliner sollen bald in städtischen Behörden in "WCs für alle Geschlechter" ihre Notdurft verrichten können. Das ist zumindest der Plan des Grünenpolitikers Dirk Behrendt, der in der neuen rot-rot-grünen Regierung seit Anfang Dezember das Amt des Senators für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung übernommen hat. Einen Tag vor Heiligabend legte der Politiker als seine erste Vorlage an das Landesparlament einen Zwischenbericht zum Thema "Hürden im Alltag beseitigen – Unisextoiletten in öffentlichen Gebäuden einrichten" (PDF) vor.
Darin erklärt Behrendt, dass die landeseigene BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH bereits eine "Machbarkeitsstudie zur Einrichtung von Toiletten für alle Geschlechter in öffentlichen Gebäuden des Landes Berlin" in Auftrag gegeben habe. Anhand eines "Beispielportfolios" von zehn öffentlichen Gebäuden solle geprüft werden, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Um welche Gebäude es sich konkret handelt, wird in dem Bericht nicht erwähnt – lediglich, dass das Portfolio "zwei Kultureinrichtungen, zwei Amtsgerichte, eine Senatsverwaltung, ein Jobcenter mit Bibliothek, eine Schule, ein Finanzamt, ein Polizei- und ein Feuerwehrgebäude" umfasse.
Dirk Behrendt ist seit dem 7. Dezember 2016 für Antidiskriminierung in Berlin zuständig. Bild: Grüne Fraktion Berlin
Ein erstes Untersuchungsergebnis besage bereits, dass "eine Einrichtung von 'WCs für alle Geschlechter' in allen Objekten ohne Nutzungseinschränkungen möglich" sei. Wie viel das koste, werde bis März 2017 ausgerechnet. Ein Schlussbericht soll bis Ende Juni vorliegen.
Bereits erste Modellprojekte
Die Debatte um Unisex-Toiletten war Mitte 2014 von der Piraten-Fraktion ins Rollen gebracht worden (queer.de berichtete). Die Fraktion, die seit den Wahlen im September 2016 nicht mehr im Parlament vertreten ist, wollte damit insbesondere die Diskriminierung von Trans- und Intersexuellen abbauen.
Die Piraten-Initiative fand auch bei der damaligen rot-schwarzen Landesregierung Anklang. 2015 eröffnete Staatssekretärin Barbara Loth (SPD) mehrere "WCs für alle Geschlechter" in der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen in der Oranienstraße in Kreuzberg (queer.de berichtete). Inzwischen wurden auch in den Rathäusern in Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte Unisex-Toiletten eingerichtet. Einige Schulen schlossen sich der Initiative ebenfalls an.
Unisex-Toiletten sind derzeit vor allem an amerikanischen Universitäten verbreitet. Dort bieten mehr als 150 Hochschulen gemischte WCs an. Auch mehrere Städte weisen Restaurants oder Bars an, Einzeltoiletten stets als "Unisex" auszuzeichnen. Damit soll nicht nur Trans- oder Intersexuellen der Gang zur Toilette erleichtert werden, sondern beispielsweise auch die Diskriminierung junger Väter abgebaut werden, die ihr Kind wickeln wollen, was aber oft nur in der Damentoilette möglich ist.
Auch in Europa gibt es vermehrt Debatten um die Einführung von geschlechtsneutralen WCs: So beschloss der Stadtrat von Utrecht vor einem halben Jahr die Umwidmung von Toiletten an öffentlichen Gebäuden – später sollen nach dem Willen der Stadtverwaltung auch Cafés oder Restaurants diesen Schritt gehen (queer.de berichtete).