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Ausgrenzung im Wahljahr
Berliner AfD: Haben nichts gegen Transgender, aber...
Im Abgeordnetenhaus meint Fraktionschef Georg Pazderski, Minderheiten sollten sich nicht wie die Mehrheit aufspielen. Die Bundes-AfD ätzt derweil gegen LGBTI beim Bund.

Georg Pazderski führt die neue 24-köpfige AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus an. Ein früheres Mitglied wurde kurz nach der Wahl fraktionslos, nachdem es u.a. Homosexuelle als "degeneriert" bezeichnet hatte, was Pazderski zunächst nicht als Ausschlussgrund bewertete (queer.de berichtete)
- Von Norbert Blech
12. Januar 2017, 19:16h 5 Min.
Die "Alternative für Deutschland" hat am Donnerstag die Aussprache zur Regierungserklärung der neuen rot-rot-grünen Landesregierung unter anderem dazu genutzt, um Politik für Minderheiten als Ignoranz gegenüber der Mehrheit und Verschwendung von Steuergeldern darzustellen.
In einer Aufzählung mehrerer Punkte, die ihm an der Arbeit der neuen Regierung störe, erwähnte Fraktionschef Georg Pazderski unter anderem die vermeintliche "Vorliebe des Justizsenators für Unisextoiletten". Zur Abwesenheit des neu ins Amt berufenen schwulen Grünenpolitikers Dirk Behrendt im Plenum bemerkte der Politiker: "Möglicherweise inspiziert er sie gerade."
Pazderski kritisierte eine "bürgerferne Politik" und "Realitätsverweigerung" des neuen Senats. Der frühere Bundeswehr-Offizier behauptete in seiner Rede ernsthaft: "Einer der Gründe für das sich abzeichnende Versagen des Senats vor den terroristischen Herausforderungen ist die Fixierung von Rot-Rot-Grün auf die Interessen kleiner Minderheiten." Statt für die Bürger der Stadt etwas zu tun, bedienten "Linkspartei und Grüne schamlos ihre eigene Klientel", so der Politiker, als seien die in Folge von ihm angegangen LGBTI keine Bürger der Stadt. "Die Aggregation von Minderheiten macht noch keine Mehrheit aus", so der 65-Jährige. Das habe jüngst auch Hillary Clinton erfahren müssen.
Pazderski: LGBTI agitieren mit Steuergeldern gegen Bürger
Pazderski, der zusammen mit Beatrix von Storch die Berliner AfD anführt, stellte in Anspielung auf ein Wahlplakat der Linken in Folge die Frage, wem die Stadt gehöre. "Die Antwort des Senats ist klar: Einigen wenigen privilegierten Gruppen und Vereinen, die sich typischerweise durch witzig-clevere Abkürzungen und die reichliche Verwendung modischer englischer Begriffe auszeichnen. Das Hauptanliegen dieser Gruppen besteht darin, Mittel aus dem Steuertopf zu fordern, um dann genau gegen die Steuerzahler zu agitieren, deren Geld sie ausgeben. Das alles läuft dann unter Stärkung der Bürgergesellschaft. Dabei ist gerade dieses Bürgerliche diesen Gruppen zutiefst suspekt und verachtenswert."
Ohne dazu nähere Erläuterungen zu machen, fuhr der Politiker direkt im Anschluss fort: "Ich habe mich mal im Internet schlau gemacht, wieviele Transgenderpersonen es eigentlich in Deutschland gibt. Es war fast unmöglich, dazu nur auch eine halbweg valide Zahl zu finden. Wenn man Wikipedia Glauben schenken darf, dann liegt der Anteil bei gerade einmal 0,25 Prozent der Bevölkerung in Berlin. Das wären bei 3,6 Millionen Einwohnern 9.000 Personen. (…) Doch die Regierungsparteien versuchen Transgender zu einer Art von Massenbewegung hochzustilisieren." Das gelte auch für andere "Lieblinge" der Landesregierung, etwa Vegetarier und Fahrradfahrer.
Pazderksi beklagte "Umerziehung" durch Diversity-Programme, bei denen "Wildwuchs" herrsche und die eine "millionenfache Steuerverschwendung" seien. Die Programme gehörten auf den Prüfstand wie auch Maßnahmen zur Prävention von Gewalttaten, die ein "Placebo für mangelnde Courage in der Sicherheitspolitik" seien.
Den Punkt abschließend meinte der Politiker: "Damit nicht gleich wieder Vorurteile über die AfD aufkommen: Wir haben nichts gegen Transgender-Personen, Vegetarier, Veganer oder Radfahrer. Sie haben die gleichen Rechte wie jeder Bürger. Aber gegen was wir etwas haben ist die Tatsache, wenn Minderheiten und deren selbsternannte Sprecher wie Mehrheiten behandelt werden und sich (wie Mehrheiten) aufspielen. Und der Mehrheit ihre Lebensweise aufdrücken wollen." Eine leicht abgewandelte Version des Zitats verbreitete die Partei später auf Facebook.

Wie immer betreibt die AfD ihre Hetze nicht nur im Parlament, sondern auch in sozialen Netzwerken. Im Begleittext wird ein direkter Zusammenhang zu vermeintlichen Regierungsplänen zu Unisex-Toiletten hergestellt.
Unisex-Toiletten im politischen Visier
Der im November beschlossene Koalitionsvetrag sieht umfangreiche Maßnahmen in der Queer-Politik vor, darunter die Einrichtung eines speziellen Jugendzentrums, die Stärkung der "Initiative sexuelle Vielfalt" und ein Einsatz für LGBTI im Bundesrat (queer.de berichtete).
Die letzten Tage hatten politische Gegner aber vor allem eine den Grünen angelastete Initiative für Unisex-Toiletten durch den Kakao gezogen. So warnte die CSU im AfD-Stil vor dem "Gaga-Vorschlag" und forderte: "Ab ins Klo mit wirren Gender-Vorschlägen!" (queer.de berichtete) Größtenteils unsachliche Kritik und Spott kam u.a. auch von der "Demo für alle", vom Cicero, dem Berliner FDP-Chef Sebastian Czaja und, natürlich, dem Grünenpolitiker Boris Palmer.
Dabei hatte Behrendt nur einen Zwischenbericht zur möglichen Einrichtung entsprechender Toiletten vorgelegt, der auf eine Anfrage des vorherigen Senats zurückging (queer.de berichtete). Unter Rot-Schwarz und Behrendts CDU-Vorgänger waren in mehreren Landesgebäuden sowie einigen Schulen und Rathäusern bereits Unisex-Toiletten eingerichtet worden, derzeit ist ein Modellprojekt in ganzen zehn Gebäuden geplant. Die (im neuen Koalitionsvertrag nicht extra erwähnte) recht kostengünstige Umwidmung von in der Regel einer Toilette von mehreren soll vor allem trans- und intergeschlechtlichen Menschen den Gang aufs Klo und das Leben erleichtern. Auch Väter mit Babys können davon profitieren.
Bundes-AfD ätzt gegen Homo- und Transsexuelle beim Bund
Derweil geht die Bereitschaft der AfD, jede denkbare politische Iniative zum Thema LGBTI durch Hetze oder Drüber-Lustig-Machen zu begleiten, weiter. Am Donnerstag wurde bekannt, dass das Bundesverteitigungsministerium einen Workshop zum Umgang mit LGBTI in der Bundeswehr plant (queer.de berichtete).
Nachdem die "Bild"-Zeitung daraus ein "Sex-Seminar" machte, veröffentlichte die Bundes-AfD am Nachmittag unter dem unzutreffenden Schlagwort eine Karikatur eines rosaroten Panzers mit Regenbogenflagge und dem Slogan "Make Love, not war."

"Die überkandidelte Zurschaustellung der Sexualität unserer Soldatinnen und Soldaten dürfte wohl kaum dazu beitragen, die Kernaufgabe der Bundeswehr, nämlich die Verteidigung unseres Landes, zu erfüllen", ätzt die Partei im Begleittext. Und meint, durch das Seminar mache Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Bundeswehr zu einer "Gurkentruppe". Der Eintrag wurde bislang über 1.350 mal geteilt.















Diese Aussage impliziert ja schon, dass Minderheiten weniger Rechte haben sollten und nicht die gleichen Rechte wie die Mehrheit verdient hätten.
Rechte sind aber universell und in einer Demokratie zählt der Gleichheitsgrundsatz. Es ist völlig unerheblich, ob man zu einer Minderheit gehört oder nicht: jedem Menschen stehen die gleichen Rechte zu.
Im übrigen ist jeder Mensch Mitglied mehrerer Minderheiten: Senioren sind eine Minderheit, Kinder sind eine Minderheit, Blonde sind eine Minderheit, etc. etc. etc. Sogar AfD-Wähler sind eine Minderheit.
Stehen denn z.B. auch Blonden weniger Rechte zu, nur weil sie einer Minderheit angehören?