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Gastkommentar

Warum Flüchtlingspolitik ein queeres Thema ist

Zum heutigen Welttag der Migranten und Flüchtlinge fordert LSVD-Sprecher Benjamin Rottmann eine "Politik des Hinsehens" und gezielte Integrationsangebote.


Teilnehmer des CSD Köln 2014: Die Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung bzw. Geschlechtsidentität ist ein anerkannter Asylgrund – doch oft mangelt es an Sensibilität der Behörden (Bild: culturetastic / flickr)
  • Von Benjamin Rottmann
    15. Januar 2017, 10:05h 57 4 Min.

Unter den vielen Geflüchteten gibt es natürlich auch lesbische, schwule, bisexuelle, trans* und/oder intergeschlechtliche (LSBTI) Flüchtlinge, die vor Krieg, Gewalt und Verfolgung Schutz in Deutschland suchen. Die Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung bzw. Geschlechtsidentität ist ein anerkannter Asylgrund und kann ein zusätzliches Motiv oder der Hauptgrund für die Flucht sein.

In Deutschland ist das gesellschaftliche Klima gespalten. Neben weiterhin großer Hilfsbereitschaft artikuliert sich offener Hass und es gibt ein erschreckendes Ausmaß rassistischer Angriffe auf Flüchtlingseinrichtungen und Geflüchtete. Dem sind auch LSBTI-Flüchtlinge ausgesetzt. Zusätzlich machen sie spezifische homo- und transphobe Erfahrungen in den Unterkünften, im öffentlichen Raum oder im Asylverfahren. Weiterhin gibt es einen Antragsstau und oft lange Wartezeiten beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Zudem ist die Qualität der BAMF-Entscheidungen oft mangelhaft, sodass Geflüchtete oftmals den Rechtsweg beschreiten müssen.

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) setzt sich für kultursensibel geführte und qualifizierte Asylverfahren ein. Alle am Asylverfahren Beteiligten sollten über die Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität als anerkannten Asylgrund im Bilde sein und die spezifischen Schwierigkeiten und die Rechtsprechung kennen. Neben qualifizierter Ausbildung fordert der LSVD eine LSBTI-inklusive Erstinformationsbroschüre, die online verfügbar sein sowie in Erstaufnahmeeinrichtungen, im BAMF und den Unterkünften ausliegen sollte.

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Besserer Schutz für queere Flüchtlinge


Unser Gastautor Benjamin Rottmann ist Sprecher des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland (LSVD) (Bild: LSVD)

Die Behörden müssen zudem alle Anstrengungen unternehmen, damit Geflüchtete keine Gewalt erfahren, ob außer- oder innerhalb der Unterkünfte. Menschenwürdige Unterkünfte mit einem ausreichenden Betreuungsschlüssel würden zudem allen Flüchtlingen zu gute kommen und zu einem weniger angespannten Umfeld führen. Für die Aufnahmeeinrichtungen müssen Gewaltschutzkonzepte umgesetzt werden, um den negativen Folgen des beengten Lebens ohne Privatsphäre entgegenzuwirken. Diese müssen Gruppen mit erhöhtem Diskriminierungsrisiko wie LSBTI besser berücksichtigen. Sie müssen als besonders schutzbedürftige Gruppe anerkannt werden.

Alle Träger der Einrichtungen müssen verbindliche Mindeststandards einhalten, etwa verbindliche und kommunizierte Hausordnungen in mehreren Sprachen, die ein rücksichtsvolles und diskriminierungsfreies Zusammenleben einfordern. Als Orientierung sollten dabei die im Allgemeinen Gleich­behandlungs­gesetz genannten Merkmale dienen. Zu einem LSBTI-inklusiven Gewaltschutzkonzept gehört sensibilisiertes Personal. Bei einer Gefährdungslage oder Gewaltvorfällen müssen Schutzräume zur Verfügung stehen und eine zügige Verlegung in Einzelzimmer oder andere Unterkünfte ermöglicht werden. Straftaten müssen geahndet werden. Auch um Gefährdungen vorzubeugen, vor allem aber um soziale Kontakte zu stärken, Integration und freie Entfaltung zu fördern, fordert der LSVD die Aufhebung der Residenzpflichten für Flüchtlinge.

Viele Flüchtlinge kommen aus Ländern, in denen sich demokratische Traditionen kaum entfalten konnten, in denen gleich­geschlechtliche Beziehungen strafrechtlich verboten sind und LSBTI staatlich und gesellschaftlich massiv verfolgt werden. Auch wenn die Menschen vor Unterdrückung, vor undemokratischen Zuständen oder Krieg in ihrer Heimat flüchten, haben viele von ihnen gesellschaftliche Prägungen ihrer Herkunftsländer mit im kulturellen Gepäck, z.B. hinsichtlich Geschlechterrollen oder Einstellungen zu unterschiedlichen sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten. Das schmälert nicht ihren Anspruch auf menschenwürdige Aufnahme und ihr Recht, Asyl zu beantragen und bei Vorliegen der Voraussetzungen Schutz zu erhalten. Es bedeutet aber, dass es eine Politik des Hinsehens und gezielte Integrationsangebote geben muss.

LSBTI-Rechte gehören in Integrationskurse

Zusätzlich zur Integrationsunterstützung bei Bildung, Arbeitsmarkt und Wohnen ist ein unabdingbarer Aspekt von Integration auch das gesellschaftliche Miteinander und das Sichern eines dem Grundgesetz verpflichteten Zusammenlebens. Sämtliche Programme zur Integration sowie Materialien zum Spracherwerb sind auch darauf auszurichten, dass sie für Demokratie, Vielfalt und individuelle Freiheitsrechte einschließlich des Respekts für LSBTI werben.

Die Rechte und die Situation von LSBTI müssen verpflichtendes Thema in den Integrationskursen sein und dort angemessen breit thematisiert werden. Das stärkt auch LSBTI unter den Flüchtlingen dabei, sich in unserer Gesellschaft zu entfalten. Es ist sicherzustellen, dass Sprach- und Orientierungskurse ausreichend und überall angeboten sowie von interkulturell qualifiziertem, für LSBTI sensibilisiertem Personal durchgeführt werden. Integrationskurse müssen zudem von Anfang an allen Schutzsuchenden offenstehen, sonst geht wertvolle Zeit verloren.

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#1 PatroklosEhemaliges Profil
#2 Paulus45Anonym
  • 15.01.2017, 17:27h
  • Sorry da stimme ich mit Bejamin Rottmann vom LSVD Niedersachsen in keiner Weise überein.

    Das Flüchtlingsthema ist ein ALLGMEINPOLITISCHES THEMA und ich lehne es als zahlendes langjähriges Mitglied des LSVD, das dort sogar mit Manfred Bruns die Homepage des LSVD aktualisiert hat, ab, dass dieses Thema von Personen wie Rottmann in die LSVD Arbeit derart massiv hineingezogen wird.

    Es gibt genügend Organisationen wie "Amnesty International", "Pro Asyl", usw. die sich ALLE mit diesem Thema ausgiebig beschäftigen, und das musss nicht der LSVD auch noch zum Kern seiner Arbeit machen, wie es seit einigen Jahren nunmehr geschieht.

    Die ganzen anderen LGBT-Forderungen der letzten Jahren (Eheöffnung, Artikel 3 GG, Reform des AGG (Beweislastumkehr, längere Verjährungsfristen, End e der "Kirchenklausel") gehen fast total unter. Als ich im Frühjahr auf der LSVD Verbandssitzung in Köln war, da dachte ich, ich wäre überhaupt nicht mehr auf einer LSVD-Sitzung sondern bei einer Tagung von "Pro Asyl".

    Ich widerspreche daher Bejamin Rottmann hier scharf und protestiere dagegen regelrecht. Das was Rottmann und Co. hier betreiben, ist in Wahrheit ein Schwächung der LGBT-Forderungen in Medien und in Politik.

    Und vom vorprogrammierten Streit INNERHALB der LGBT-Community muss ich da noch nicht einmal anfangen zu schreiben, wo viele homosexuelle Menschen nunmehr zur AfD leider abwandern.

    UND von der Thematik, die erstmals Cem Özdemir laut angesprochen hat "DIe Homophobie im Islam gehört auf die Agenda" sehe ich weit und breit fast nichts im LSVD.

    Sorry das was Rottmann einfordert, ist eine FALSCHE, SPALTENDE und die LGBT-Forderungen schwächende Sichtweise.
  • Direktlink »
#3 LaurentEhemaliges Profil
  • 15.01.2017, 18:46h
  • Antwort auf #2 von Paulus45
  • Organisationen, die insbesondere unter Berücksichtigung der drei letzten Absätze deines Kommentars deinen/den Interessen ständig zuwiderhandeln, würde ich den Rücken kehren.
  • Direktlink »

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