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"Menschenverachtend und fahrlässig"
Queer Refugees: BAMF lehnt queere Flüchtlinge aus Tunesien ab
Alle von Leipziger Aktivisten betreuten LGBTI-Flüchtlinge aus Tunesien sollen laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge das Land verlassen. Der sächsische SPDqueer-Chef spekuliert daher über Homophobie im BAMF.

Queere Flüchtlinge sind nicht mehr willkommen: Das BAMF empfiehlt ihnen, nach der Abschiebung ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität in ihren Heimatländern zu verheimlichen. (Bild: SPD Sachsen)
- 17. Januar 2017, 13:01h 2 Min.
Das "Queer Refugees Network Leipzig" hat am Montag in einer Pressemitteilung beklagt, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) keinen einzigen der von ihnen betreuten Asylbewerber aus Tunesien anerkannt habe. "Trotz der Tatsache, dass [LGBTI-Geflüchtete] sowohl von nicht-staatlicher Seite als auch von staatlichen Institutionen verfolgt werden, erhielten alle (!) Personen aus Tunesien, die durch unser Projekt unterstützt werden, in den letzten Wochen Ablehnungsbescheide", beklagten die Aktivisten.
Diese Ablehnungen seien "menschenverachtend und fahrlässig" und zeugten von einer "Unkenntnis der Lage von queeren Menschen in Tunesien". Die Aktivisten verweisen darauf, dass in Tunesien beispielsweise Ende 2015 sechs mutmaßliche Schwule erst mit Anal-Untersuchungen gefoltert und anschließend zu drei Jahren Haft verurteilt wurden (queer.de berichtete).
Die Aktivisten beklagen unter anderem den Fall eines 28-Jährigen, den das BAMF aus Deutschland werfen möchte, obwohl er in seiner Heimat sowohl von Familienmitgliedern als auch von anderen Personen wiederholt körperlich attackiert worden sei. Das BAMF habe dabei argumentiert, dass der Betroffene seine Homosexualität in seinem Heimatland verheimlichen könne. In der Begründung habe das BAMF geschrieben, dass Offenheit bei der eigenen sexuellen Orientierung "nicht wichtig und identitätsprägend" sei.
"Wir fordern eine Auseinandersetzung des BAMF mit der aktuellen Situation von queeren Menschen in Tunesien und eine Anerkennung der Fluchtursachen", heißt es in der Erklärung das Netzwerks.
SPDqueer: BAMF-Mitarbeiter homophob oder schlecht geschult
Oliver Strotzer, der Chef der Arbeitsgemeinschaft SPDqueer in Sachsen, kritisierte am Dienstag die "skandalösen Ablehnungsbescheide" scharf: "Entweder die zuständigen Sachbearbeiter wurden nicht zu den asylrelevanten Fluchtgründen – Verfolgung auf Grund der sexuellen oder geschlechtlichen Identität – geschult oder sie sind schlicht homophob. Beides wäre erschreckend."
Die Behörden wollten Menschen in Länder zurückschicken, "in denen ihnen auf Grund angeborener Eigenschaften staatliche und gesellschaftliche Verfolgung drohen", so Strotzer. "Die Rechtsprechung zu diesem Thema ist sowohl auf deutscher als auch auf europäischer Ebene eindeutig. Ich erwarte vom BAMF, diese Bescheide umgehend zu überprüfen."
Für queere Flüchtlinge aus Tunesien, Marokko und Algerien könnte die Luft in Deutschland bald noch dünner werden: Die Bundesregierung möchte den drei Ländern das Prädikat "sicher" verleihen, um damit Flüchtlinge leichter wieder zurückschicken zu können. Anfang Januar kündigte auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nach langem Zögern seine Unterstützung für diese Initiative an (queer.de berichtete). (dk)
Links zum Thema:
» Facebook-Seite von Queer Refugees Network Leipzig















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