Die europäischen Menschenrechtsrichter halten es für tragbar, wenn einem Paar ein Kind aus einer Leihmutterschaft wieder entzogen wird (Bild: Eduardo Merille / flickr)
Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hat in einem am Dienstag verkündeten Urteil Länder gestärkt, die Leihmutterschaft verbieten ("Paradiso und Campanelli v. Italien"). Die Große Kammer revidierte damit eine Entscheidung der Kleinen Kammer des Straßburger Gerichts vom Januar 2016.
Im vorliegenden Fall hatte ein heterosexuelles verheiratetes Paar aus dem zentralitalienischen Colletorto geklagt, das 2010 einen Vertrag über eine Leihmutterschaft mit der Firma Rosjurconsulting abgeschlossen hatte. Eine Leihmutter brachte im Februar 2011 in Russland einen Jungen zur Welt, dessen biologische Eltern ein fremder Samenspender und eine fremde Eizellenspenderin sind. Die austragende Leihmutter gab ihr Einverständnis, dass das italienische Paar als Eltern anerkannt wird. Die neuen Eltern brachten das Kind dann nach Italien.
In ihrem Heimatland nahmen die Behörden den neuen Eltern das Kind aber wenige Monate später weg, um das nationale Leihmutterschaftsverbot durchzusetzen. Das Baby kam zunächst in ein Waisenhaus und wurde daraufhin an eine Pflegefamilie vermittelt, bei der es noch heute lebt.
Wird das Grundrecht auf Familienleben verletzt?
Das Paar klagte anschließend durch mehrere Instanzen. Im ersten Straßburger Urteil der Kleinen Kammer vor einem Jahr hatten die Richter noch mit fünf gegen zwei Stimmen argumentiert, dass das Recht der Kläger auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt wurde, das in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention festgeschrieben ist.
Im neuen Urteil entschied die Große Kammer des Europarat-Gerichtes jedoch mit elf zu sechs Stimmen, dass in diesem Fall das Interesse des Staates, seine eigenen Gesetze durchzusetzen, höher zu bewerten sei als das Recht auf Familienleben. Zum einen, so die Richtermehrheit, sei das Kind nicht biologisch verwandt mit den Klägern, zum anderen habe es nur kurzzeitig bei ihnen gewohnt und werde daher durch die Trennung nicht "irreparabel" geschädigt. Es habe ein "öffentliches Interesse" daran bestanden, den Klägern das Kind zu entziehen, da sie mit der Beauftragung der Leihmutterschaft nationales Recht gebrochen hätten.
Das Urteil könnte auch Auswirkungen auf schwule Paare haben, die zu den Hauptkunden von Leihmutterschafts-Organisationen gehören. In Deutschland ist diese Praxis – genau wie in Italien – aus ethischen Erwägungen verboten. Andere Länder, etwa Großbritannien, die Niederlande oder die Ukraine, haben damit aber weniger Probleme. Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist "Surrogacy" in Kalifornien, wo viele Unternehmen um Kunden für Leihmutterschaften gegen fünfstellige Gebühren werben.
Katholische Kirche begrüßt Urteil
Die katholische EU-Lobbyorganisation "Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft" (COMECE) zeigte sich über das neue Urteil der Richter hocherfreut. Man begrüße die Entscheidung, da man "die Instrumentalisierung von Leihmüttern" ablehne, die zum Menschenhandel beitragen könne.
Die deutschen Gerichte haben in den letzten Jahren wiederholt zugunsten von (Regenbogen-)Familien entschieden, deren Kind durch eine Leihmutterschaft auf die Welt gekommen war. 2014 urteilte etwa der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil, das ein schwules Paar als Eltern eines durch eine amerikanische Leihmutter zur Welt gekommenen Kindes anerkannt werden müsse – damit werde sowohl das Kind geschützt, das damit stabile Familienverhältnisse erhalte, als auch die Leihmutter, die offensichtlich kein Interesse an dem Kind habe (queer.de berichtete). Im vergangenen Jahr entschied das Oberverwaltungsgericht in Münster, dass ein von einer indischen Leihmutter geborenes Kind das Recht auf eine deutsche Staatsbürgerschaft hat, obwohl der deutsche Vater im Ausland lebt (queer.de berichtete).
Hier wird einer funktionierenden Familie das Kind weggenommen.
Und die Katholiban, die offenbar auch schon den EuGH unter ihrer Fuchtel hat, feiert dieses menschenverachtende Urteil auch noch...