https://queer.de/?28178
Erneute Ermahnung
Menschenrechtsgerichtshof verurteilt Russland wegen CSD-Verboten
Krachende Niederlage für Russland vor dem Straßburger Gericht: Die CSD-Verbote sind nach einer aktuellen Entscheidung ein Verstoß gegen die europäische Menschenrechtskonvention.

Wie im Vorjahr gingen im Sommer 2011 Polizisten in St. Petersburg gegen LGBTI-Aktivisten, die trotz des vom Menschenrechtsgerichtshof jetzt als illegal gebrandmarkten Verbots für ihre Rechte demonstrieren wollten
- 7. Februar 2017, 14:20h 3 Min.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in einer am Dienstag bekannt gegebenen Entscheidung einstimmig mehrere Demonstrationsverbote für LGBTI-Aktivisten in Moskau und St. Petersburg als Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention gewertet. Gleichzeitig beanstandeten die Richter mehrere weitere russische Repressionen gegen andere Bürgerrechtsaktivisten, die ebenfalls keine Kundgebungen abhalten durften.
Fünf LGBTI-Aktivisten sprachen die Richter daher einen Schadensersatz in Höhe von insgesamt 35.000 Euro zu. Außerdem muss Russland einem Aktivisten 7.500 Euro für entstandene Kosten zahlen. Weiteren 17 Klägern wurde eine Schadensersatzsumme von insgesamt 160.000 Euro zugesprochen.
Zur Verhandlung standen die verbotenen CSD-Demonstrationen in St. Petersburg in den Jahren 2010 und 2011 sowie ein Protestverbot für LGBTI-Aktivisten 2009 in der Hauptstadt Moskau. Die Richter werteten die Verbote als Verstoß gegen das in der Menschenrechtskonvention verankerte Recht auf Versammlungsfreiheit, das Recht auf wirksame Beschwerde sowie das Diskriminierungsverbot.
In St. Petersburg waren Aktivisten in beiden Fällen dennoch auf die Straße gegangen und jeweils von der Polizei festgenommen worden. Die beiden Pride-Veranstaltungen waren von den Behörden mit verschiedenen allgemeinen Begründungen nicht genehmigt worden, etwa dem vermeintlich zu großen Platzbedarf oder einem Schulfest in der Nähe. 2010 fand an einem nicht genehmigten Ort zur vorgesehen Zeit dann eine erlaubte Demo für "Familienwerte" der Jugendorganisation der Putinpartei "Einiges Russland" statt.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg wacht über die Einhaltung der Menschenrechtskonvention in Europa. Bild: Stephen Colebourne / flickr
Die Urteile des Menschenrechtsgerichtshofes sind pro forma bindend, da sich alle Staaten des Europarates zur Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention verpflichtet haben. In der Realität ignoriert Russland aber die Entscheidungen der Straßburger Richter. Bereits 2010 hatte der Gerichtshof das Verbot des Mokauer CSD 2006 als Verstoß gegen die Konvention gewertet (queer.de berichtete). Die russischen Behörden hatten die Geldauflage akzeptiert, die Entscheidung aber als auf den Einzelfall bezogen interpretiert und spätere CSDs jedes Mal aufs Neue abgelehnt.
Russland ignoriert Urteile des Menschenrechtsgerichtshofs
Ende 2015 beschloss die Duma mit Blick auf den Menschenrechtsgerichtshof sogar ein Gesetz, nach dem Russland internationale Richtersprüche in Zukunft ignorieren dürfe (queer.de berichtete). Im April 2016 wurde das Gesetz erstmals offiziell angewandt – in einem Fall über die Rechte von Gefangenen (queer.de berichtete).
In Straßburg liegen noch weitere Klagen von LGBTI-Aktivisten, etwa gegen das 2013 in Kraft getretene Gesetz gegen Homo-"Propaganda", das seitdem vor allem zum Vorab-Verbot von Demonstration genutzt wird. Auch Urteile hierzu könnten von Russland schlicht ignoriert werden. Der Menschenrechtsgerichtshof verfügt über keine Instrumente, die Urteile durchzusetzen.
Das Gericht urteilt auf der Basis der Europäischen Menschenrechtskonvention, die offiziell von allen 47 Mitgliedstaaten des Europarats anerkannt wird. Mitglied sind alle europäischen Länder mit Ausnahme von Weißrussland und dem Vatikanstaat. (dk)















Es ist zwar gut, dass das auch noch mal von offizieller Seite bestätigt wird, aber ändern wird das leider nichts.