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Haushaltsdebatte
BaWü: AfD warnt Landtag vor "Umerziehungswahn"
Der Aktionsplan zur Akzeptanz von LGBTI habe "Frühsexualisierung und die Förderung von Fantasiegeschlechtern" zum Ziel, meint die AfD. Andere beklagen eine zu geringe Förderung.

Der Aktionsplan zur Akzeptanz von LSBTTIQ schade Kindern, behauptete die AfD-Abgeordnete Christina Baum. Beispiele brachte sie nicht, dabei ist der Plan seit über zwei Jahren in Kraft.
- Von Norbert Blech
9. Februar 2017, 15:44h 5 Min.
Die AfD wittert die große Homo-Verschwörung: "Bei von der Bevölkerung kritisch beäugten Themen wie Gender Mainstreaming oder den Asylkosten versuchen sie zu vertuschen, wo es nur geht", kritisierte die baden-württembergische Abgeordnete Christina Baum die grün-schwarze Landesregierung am Mittwoch bei einer Debatte zum Haushalt.
Die zehn Minuten ihrer Redezeit zu den Finanzen des Ministeriums für Soziales und Integration nutzte sie fast ausschließlich zu einer Kritik am Aktionsplan "Für Akzeptanz & gleiche Rechte. Baden-Württemberg". Den hatte die grün-rote Vorgängerregierung im Jahr 2014 aufgesetzt und sich damit, wie beim Bildungsplan, den Zorn der Homo-Hasser der "Demo für alle" eingehandelt – und auch den der CDU.
Baum behauptete, die neue Regierung mit CDU-Beteiligung habe die Fortführung des Plans in "unverdächtigen Titeln" wie "Sachaufwand" geradezu "absichtlich versteckt": "Der grün-roten Vorgängerregierung muss man wenigstens zugute halten, dass sie aus ihrem Umerziehungswahn kein Geheimnis gemacht hat. Frühsexualisierung und die Förderung von Fantasiegeschlechtern waren bei ihnen Staatsräson."

Weder ein Versteckspiel noch "Frühsexualisierung": Der Teilantrag zur Fortführung des Aktionsplans von Grünen und CDU
In Wirklichkeit war die Weiterführung des Aktionsplans angekündigt und Gegenstand öffentlicher Debatte. So beklagte auch die AfD-Politikerin, es sei ein "Wunschdenken" gewesen, dass sich die CDU für eine "Entideologisierung" stark machen und sich "durchsetzen" würde.
Die Zahnärztin listete Förderungen für Vielfaltsprogramme, für den CSD oder den Fachbeirat Gender Mainstreaming auf und meinte zum Komplettpaket: "Wäre eine Steuergeldverschwendung für diese unwissenschaftliche Ideologie nicht schon schlimm genug, lehnen wir diese Programme und Maßnahmen vor allem deswegen ab, weil sie den Kindern und Jugendlichen schaden werden. Wir brauchen keine Umerziehung. Wir wollen, dass unsere Kinder ideologiefrei aufwachsen und den Eltern ihr Erziehungsauftrag erhalten bleibt."
Nach einigen Ausführungen über "Asylbewerber und sogenannte Flüchtlinge" und einem "Dogma der Integration" betonte Baum, Ziel der Politik müsse unter anderem der "Erhalt einer eigenen deutschen Bevölkerung" sein. Zum Abschluss kritisierte sie, man habe es mit einem "Ministerium für Umerziehung und Bevölkerungsaustausch" zu tun.
Streit um Höhe der Förderung
Die SPD-Abgeordnete Sabine Wölfe kommentierte, dass sie sich, wenn sie nach der AfD das Wort ergreife, frage, ob ein Teil ihrer Diäten nicht auch Schmerzensgeld beinhalte. Der Grünenpolitiker Thomas Poreski kommentierte: "Wenn man wissen will, wie Ideologie funktioniert, muss man Frau Baum zuhören." Und der grüne Sozialminister Manne Lucha bekräftigte allgemein den Einsatz für Vielfalt und Unterschiedlichkeit, den die AfD einsparen wolle.

Die SPD-Abgeordnete Sabine Wölfe zeigte sich angewidert von der AfD
Die anderen Redner gingen nicht näher auf den Angriff der AfD ein, und auch der Aktionsplan wurde nur noch kurz Thema: Wölfe beklagte, dass Lucha beim Stuttgarter CSD-Empfang im letzten Sommer die Fortführung des Aktionsplans versprochen habe und dann im Haushaltsentwurf dafür null Euro vorgesehen waren.
"Grün-Schwarz streicht sämtliche Mittel für LSBTTIQ", hatte die SPD dazu gar auf Facebook verbreitet (queer.de berichtete). Die Grünen hatten hingegen gekontert, dass man natürlich Gelder vorsehe, wie bereits in den Vorjahren als Zusatzantrag der Landtagsfraktion (queer.de berichtete). Gemeinsam mit der CDU wurde der Antrag für 250.000 Euro dann auch eingebracht – er stieß allerdings auf Kritik, weil in den beiden Vorjahren je 500.000 Euro Mittel vorgesehen waren (queer.de berichtete).

Manne Lucha, der Minister für Soziales und Integration, lobte den Haushaltsentwurf
Minister Lucha sagte zu der Debatte kurz im Landtag: "Wir stärken die Menschen, die aufgrund Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Neigung (sic!) lange Jahre verfolgt waren. Darum haben wir den Aktionsplan (…) weitergeführt in anderer Form. Das ist so: Man steigt häufig bei befristeten Programmen mit größeren Summen ein, um es dann im nächsten Schritt mit anderen Ressourcen weiterzuführen."
Stuttgarter CSD beklagt "schmerzliche Reduzierung"
Der Haushalt wird am 22. Februar endgültig beschlossen. Ist die Halbierung der Mittel des Aktionsplans eine Kürzung oder nicht? Der SPD-Antrag sah ebenfalls nur 250.000 Euro vor. Und die Grünenabgeordnete Brigitte Lösch hatte in Pressemitteilungen und Interviews darauf verwiesen, dass manche Projekte ausgelaufen und Anschubfinanzierungen entfallen seien, Kernpunkte wie die Förderung des Netzwerks LSBTTIQ und einer Beratungsstelle aber in gleicher Höhe erhalten bleiben.
Die Aufarbeitung der Geschichte des Paragrafen 175 durch ein Gemeinschaftsprojekt mit der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld und der Uni Stuttgart werde zudem nun getrennt vom Aktionsplan mit rund 250.000 Euro durch das Wissenschaftsministerium weitergeführt. In den beiden Vorjahren machte der Posten insgesamt 190.000 Euro aus. Gegenüber dem Magazin "Männer" kommentierte Lösch abschließend zum Aktionsplan: "Für das aktuelle Jahr sind die 250.000 Euro ausreichend."
Kritik kam am Mittwoch dennoch vom Stuttgarter CSD: Zwar begrüße man "ausdrücklich den heute bekundeten Willen, die Sichtbarkeit und Gleichberechtigung von LSBTTIQ sowie einen Abbau von Diskriminierung weiterhin zu fördern." Die Summe von 250.000 Euro sei aber ein "absolutes Minimum", die früheren 500.000 Euro wären nicht nur "wünschenswert", sondern auch "ein starkes Signal" gegen "lautstarken Populismus und alarmierenden Versuchen der Ausgrenzung" gewesen.
Der "satte 50-prozentige Abschlag" sei eine "schmerzliche Reduzierung" und nehme die für den Sommer geplante Evaluierung des Aktionsplans vorweg, so die CSD-Pressemitteilung. Nun beginne der Kampf um den nächsten Doppelhaushalt: "Wichtig wird für die Regenbogen-Community sein, mit aller Deutlichkeit auf einer expliziten Benennung, festen Verankerung und strukturellen Förderung von Maßnahmen zum Abbau von Vorurteilen, Ungleichbehandlungen und Diskriminierungen zu beharren." Das dürfe "nicht zum Spielball von Haushaltsberatungen und Koalitionszwängen" werden.
















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So viel Dummheit ist kaum zu ertragen!