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Wahrscheinliches Hassverbrechen

Zagreb: Verletzte nach Angriff auf LGBTI-Party

Eine unbekannte Person warf eine Tränengas-Kartusche in den Club "Super Super". Bei der Flucht wurden mehrere Personen verletzt.


Der Club am Tag danach zeigt die von Besuchern eingeschlagenen Fensterscheiben

  • Von Norbert Blech
    12. Februar 2017, 20:39h 13 4 Min.

In der Nacht zum Samstag ist es in der kroatischen Hauptstadt Zagreb zu einem offensichtlich homofeindlich motivierten Anschlag gekommen. Gegen 3.30 Uhr warf ein bislang unbekannter Täter einen Behälter mit Tränengas in den Disco-Bereich des populären Clubs "Super Super", in dem gerade eine Party für LGBTI und ihre Freunde stattfand.

In der folgenden Panik schlugen Besucher Fensterscheiben ein, um für eine bessere Belüftung zu sorgen; manche flohen aus einem großen Fenster im ersten Stock. Während der Flucht wurden vor allem im Treppenbereich des Clubs mehrere Personen leicht verletzt, zwei von ihnen mussten ärztlich versorgt werden.


Die Polizei ermittelt

"Erst habe ich etwas komisches gerochen, als ich getanzt habe, und dann haben plötzlich alle begonnen, zu husten und zu würgen", sagte ein 22-jähriger Partybesucher dem Szene-Portal CroL.hr. "Du kannst nicht atmen, es fühlt sich an, als würde Dein Gesicht auseinanderfallen". Es sei ein Wunder, dass nicht mehr Leute verletzt wurden: "Das ist ein kleiner Ort mit sehr wenig Luft und da waren viele Leute."

Plötzliche Gedanken an Orlando

Ein 29-Jähriger meinte gegenüber CroL.hr, der Angriff sei versuchter Massenmord gewesen, da zur Flucht nur eine Treppe zur Verfügung stand. Er habe gesehen, wie Menschen fielen und teilweise von Security-Personal wieder aufgehoben werden konnten. Leute hätten ersticken und zu Tode getreten werden können, befürchtete er. Manche hatten in der Panik gedacht, Schüsse gehört zu haben, sagte ein weiterer Augenzeuge: "Ich dachte, das ist wie in Orlando."

Vor dem Gebäude umarmten sich Medienberichten zufolge die Menschen, die gerade aus dem Gebäude fliehen konnten – sie hatten sich auch gesorgt, dass draußen Angreifer stehen könnten. Tränen der Erleichterung ergänzten die durch Gas verursachten Tränen. Viele Augenzeugen zeigten sich später verärgert, dass der Unbekannte in den Club eindringen und später fliehen konnte. Während die Polizei am Sonntag am Tatort ausführlich ermittelte, hat der Club angekündigt, seine Security zu verstärken.

Direktlink | Ein Augenzeuge berichtete gegenüber Medien, bei der wilden Flucht auf der Treppe sei er gefallen und Leute über ihn gestiegen. Alles ging so schnell, dass er sich an vieles nicht mehr erinnern könne.
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CSD beklagt "Eskalation des Hasses"

Der Zagreb Pride hat die Polizei aufgefordert, zügig und umfassend die Hintergründe des "gewalttätigen Akt des Hasses" zu ermitteln und Maßnahmen zu ergreifen, die Sicherheit und die Menschenrechte von LGBTIQ in Zagreb und Kroatien zu gewährleisten.

"In den letzten Monaten haben wir eine Eskalation des Hasses in der Öffentlichkeit erlebt, angefacht durch einen zunehmend aggressiven und lauten Diskurs der radikal-klerikalen Rechten gegen die in der Verfassung garantierten Werte Kroatiens, unterstützt durch die taktische Zustimmung der Regierung." Man habe immer wieder auf ein Schweigen der Regierung gegenüber Anstiftung zum Hass hingwiesen. Der Angriff zeige, wohin das führe.

Der Premier- und Innenminister müssten wie die Regierung "laut und deutlich" die Gewalt verurteilen, forderte der CSD. "Wir werden uns nicht ergeben oder im Kampf für unsere Menschenrechte zurückdrängen lassen. Wir lassen uns nicht durch Tränengas zum Schweigen bringen, wie wir es auch nicht nach dem ersten CSD 2002 getan haben. Das Recht und die Liebe ist auf unser Seite und wir werden stolz marschieren, nicht nur zum CSD, sondern auch an jedem Tag außerhalb unserer sicheren Wände. Hass wird nie in der Lage sein, Liebe zu bezwingen."


Eine junge Frau, die an dem Abend verletzt wurde, klagte auf Facebook Politiker an, die LGBTI verschweigen und ihre Rechte bekämpfen: "Schlaft ihr noch friedlich?"

Die regierende christdemokratische Partei schrieb am Sonntag in einem Statement, sie vertraue darauf, dass das Innenministerium den oder die Verantwortlichen für die Tat schnell finde. Man verurteile "alle Formen von Gewalt und alle Formen von Hate Speech und Diskriminierung" aufgrund der Herkunft oder sexuellen Orientierung einer Person.

Der sozialdemokratische Oppositionsführer Davor Bernardic kommentierte am Sonntag auf Twitter: "Gestern wurde die LGBT-Minderheit attackiert. Heute könnten es nationale oder religiöse Minderheiten sein. Und morgen könntest Du dran sein." Der ebenfalls sozialdemokratische Bürgermeister Zagrebs, Milan Bandic, betonte, der Angriff habe sich gegen den "Geist der Toleranz" gerichtet, auf den seine Stadt und Bürger stolz seien.



Der CSD Zagrebs hat inzwischen für Montag um 18 Uhr zu einer Kundgebung unter dem Titel "Liebe ist und bleibt stärker als Hass" aufgerufen. Man lade alle Bürger der Republik dazu ein, zu demonstrieren, dass man bei Gewalt nicht wegschaue.

 Update  13.2., 12.50h: Reaktion von Volker Beck

Der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck kommentierte zu dem "erschütternden" Anschlag: "Wer Tränengasgranaten in einen vollen Club wirft, nimmt Tote in Kauf. Die kroatische LGBTTI-Community soll wissen, dass wir das genau verfolgen werden und solidarisch an ihrer Seite stehen. Solche Hassverbrechen sind ein Angriff auf alle, die für ein offene und tolerante und Gesellschaft einstehen."

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#1 markusbln11Anonym
  • 12.02.2017, 23:16h
  • Ich bin erschüttert. Welch ein gesellschaftliches klima stiftet menschen zu solch kriminellem handeln gegenüber lgbt an.

    Nun, unter anderem die katholische kirche schürt anscheinend wieder einmal hass auf minderheiten, so unter anderem lgbt, wobei das bis dato nicht auf dem europäischen medienschirm war, so verstehe ich den artikel. Hassbotschaften aus kirchlichen umfeld können natürlich zur absenkung der hemmschwelle für gewalt und verbrechen in einer gesellschaft führen.

    Eine art moderner inquisition, in der menschen eingeschüchtert werden sollen, gedrängt werden sollen, sich aus angst aus der öffentlichkeit ins private versteck zurückziehen und auf ihre rechte verzichten. Das kann nicht sein.

    Hoffen wir auf eine starke öffentliche präsenz der kroatischen lgbt, auf dass neben den politikern aller parteien auch die kirchenvertreter zu klaren rechtsstaatlichen statements finden werden. Keine akzeptanz für hass, verachtung, einschüchterung!
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#2 RobinAnonym
  • 13.02.2017, 10:25h
  • Die zunehmende Gewaltbereitschaft ist leider ganz deutlich zu beobachten.

    Da Kroation EU-Land ist, wäre es eigentlich Aufgabe der EU, solchen Entwicklungen gegenzusteuern. Aber die EU ist so sehr damit beschäftigt, sich bei Wirtschafts- und Währungskrise, Flüchtlinkskrise, etc. von Krise zu Krise zu hangeln, dass wohl für LGBTI-Rechte keine Zeit mehr bleibt.

    Manche homo- und transphoben Staaten hätten erst gar nicht in die EU rein gedurft. Diese Großmanns-Sucht die EU zu einer Weltmacht machen zu wollen, wird letztlich irgendwann ihr Scheitern bedeuten.
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#3 tti3_alliance
  • 13.02.2017, 10:29h
  • ... auch das Kroatische Parlament und die Regierung, haben Art 21 der Grundrechte Charta, hinsichtlich der sexuellen Orientierung und des Geschlecht zu wahren.

    'Wir' erwarten dass Sie ihren Verpflichtungen nachkommen.
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