Als letztes nordisches Land stellt auch Finnland ab 1. März Schwule und Lesben im Eherecht gleich. Die Ehe-Öffnung war bereits im November 2014 mit einer knappen Mehrheit von 105 zu 92 Stimmen beschlossen worden (queer.de berichtete). Eine Unterschriftensammlung von Homo-Gegnern hatte aber eine erneute Abstimmung erzwungen.
Und diese fiel deutlich aus: 120 Abgeordnete stimmten am Freitag für die Ehe-Öffnung, 48 dagegen und zwei enthielten sich. 29 Parlamentarier waren abwesend.
Gegen die Ehe-Öffnung stimmten fast alle Abgeordneten der rechtspopulistischen Basisfinnen, die Teil der von der liberalen Zentrumspartei angeführten Regierung sind. Deren Mitglieder stimmten eher für die Ehe-Öffnung, während sie von der ebenfalls an der Regierung beteiligten konservativen Nationalen Sammlungspartei mit nur einer Ausnahme unterstützt wurde. Sozialdemokraten, Grüne Liga und Linke Allianz stimmten fast ohne Ausnahme für die Ehe-Öffnung.
Unterschriften für und gegen das Recht auf Heirat
Die Ehe-Öffnung geht auf einen Gesetzentwurf aus dem Jahr 2012 zurück. Er war überparteilich von 76 der 199 damaligen Abgeordneten eingebracht worden, scheiterte aber 2013 im Justizausschuss. In Folge brachten LGBT-Verbände den Entwurf mit einer Volksinitiative zu einer erneuten Debatte ins Parlament: Unter dem Druck von mehr als 160.000 Unterschriften stimmten die Parlamentarier ihm letztlich zu.
Aufgrund des Verwaltungsaufwands sollte das Gesetz aber erst im März 2017 in Kraft treten. Nach der Parlamentswahl im April 2015, die u.a. der Zentrumspartei, die die Ehe-Öffnung zuvor größtenteils abgelehnt hatte, enorme Zuwächse brachte, witterten Gleichstellungsgegner eine Chance und starteten eine eigene Unterschriftensammlung.
Der "Verband für die echte Ehe", der sich wie die deutsche "Demo für alle" an Farben und Logo der französischen Bewegung gegen die Ehe für alle orientiert, konnte sich ebenfalls die benötigten 50.000 Unterschriften (insgesamt knapp über 100.000) für eine Debatte und Abstimmung im Parlament sichern.
Allerdings wurde allgemein mit einem Scheitern der Initiative gerechnet: Der liberale Premierminister Juha Sipilä hatte bereits im Wahlkampf angekündigt, die Ehe für alle nicht zurückzunehmen, und sich auch zu der Unterschriftensammlung entsprechend geäußert.
Den Homo-Gegnern brachte die Kampagne dennoch Aufmerksamkeit. Derzeit sammeln sie wie entsprechende Gruppen in ganz Europa Unterschriften für die Bürgerinitiative "Vater, Mutter, Kind", mit der die EU gezwungen werden soll, Ehe und Familie rein heterosexuell zu definieren (queer.de berichtete). In Deutschland ist Hedwig von Beverfoerde, die Organisatorin der "Demo für alle", für die Initiative verantwortlich; zu den Bündnispartnern gehören u.a. die Organisatorin des erfolgreichen kroatischen Referendums für ein Ehe-Verbot für Homo-Paare und die Präsidentin von "La Manif Pour Tous", die für einen Vortrag auch zu ihren Freunden nach Helsinki reiste.
Nicht ganz so fröhlich und farbenfroh wie der CSD: Protest der Homo-Gegner vor dem Dom von Helsinki
Adoptionsrecht, aber keine kirchliche Trauung
Die nun endgültige Ehe-Öffnung bringt den schwulen und lesbischen Paaren Finnlands alle Rechte und Pflichten von Eheleuten und damit erstmals auch ein vollständiges Adoptionsrecht. Die seit 2002 bestehenden Lebenspartnerschaften waren 2007 um das Recht auf künstliche Befruchtung für lesbische Paare und 2009 um das Recht auf Stiefkindadoption erweitert worden. Eine Leihmutterschaft ist hetero- wie homosexuellen Paaren verboten.
Ein Unterschied zur heterosexuellen Ehe bleibt: Anders als die entsprechenden Kirchen in Norwegen und Schweden hat die evangelisch-lutherische Volkskirche Finnlands bei einer Synode im letzten September – gegen Erzbischof und Oberhaupt Kari Mäkinen – entschieden, Homo-Paare nicht zu trauen (queer.de berichtete). Sie erhalten auch weiterhin keinen kirchlichen Segen, ein Pfarrer darf aber für ihr Wohl beten.
Schön, dass auch Finnland endlich im 21. Jahrhundert ankommt und Grundrechte über die menschenverachtende Ideologie vom Hass zerfressener Fanatiker stellt.
Das ist ein enormer Fortschritt für die gesamte finnische Gesellschaft und auch ein großer Nutzen für die finnische Wirtschaft.