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Rücknahme von Obama-Richtlinie geplant
Bericht: Trump nimmt Schutz transsexueller Schüler zurück
Die alte US-Regierung kämpfte mit nationalem Recht gegen Diskrimierung an – der neue Präsident will die Bundesstaaten entscheiden lassen.

Trump und Bildungsministerin Betsy DeVos auf einer Veranstaltung in der letzten Woche. Ihre Familie spendete Millionen an LGBTI-feindliche Organisationen
- 22. Februar 2017, 02:32h 4 Min.
Der Kampf der neuen US-Regierung gegen LGBTI-Rechte scheint zu beginnen, und das ausgerechnet bei Kindern und Jugendlichen: US-Medien zufolge plant die Regierung von Donald Trump in den nächsten Tagen, eine Anweisung an die Schulen des Landes zum Umgang mit transsexuellen Schülern zurückzunehmen. Antworten von Trumps Sprecher Sean Spicer vom Dienstag scheinen daran keinen Zweifel mehr zu lassen.
Erst im letzten Mai hatten das Justiz- und das Bildungsministerium in einem gemeinsamen Schreiben an alle Schulbezirke den Leitfaden erstellt. Darin wird angeordnet, dass Schülern die Nutzung von Toiletten und Umkleiden erlaubt werden muss, die ihrer Geschlechtsidentität entsprechen (queer.de berichtete). Damit reagierte die Obama-Regierung auf ein Gesetz in North Carolina, das Schülern genau das verbieten sollte, und Planungen für entsprechende Gesetze in anderen US-Bundesstaaten. Sollten sich Schulbezirke nicht an die Anordnung halten, droht die Regierung mit einer Klage oder mit der Kürzung von Bundeszuschüssen.
Die Richtlinien umfassen noch andere Fragen, etwa zur Privatsphäre der Schüler, zu ihrer Erfassung in Schuldokumenten oder zur Teilnahme an nach Geschlechtern getrennten Sportveranstaltungen. Maßgebend für die Obama-Regierung war dabei die Sebsteinschätzung der Schüler.
Rechtlich argumentierte die frühere Regierung in der derzeit durch ein Gerichtsverfahren blockierten Anordnung, dass eine andere Handhabung ein Verstoß gegen das 1964 im Rahmen des Civil Rights Act erlassene landesweite Verbot von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts sei.
Spencer: Bundesstaaten müssen entscheiden
Die gut informierte wöchentliche LGBT-Zeitung "The Washington Blade" hatte am Montagabend unter Berufung auf ihre Quellen als erstes über den anstehenden Richtungswechsel im Weißen Haus berichtet. Demnach planten das Justiz- und Bildungsministerium in einem gemeinsamen Schreiben an die Schulbehörden, die Anweisung aus der Obama-Zeit zurückzunehmen.
Der im Weißen Haus akkreditierte "Blade"-Chefreporter Chris Johnson hakte am Dienstag beim Präsidentensprecher Sean Spicer nach. Spicer bestätigte, dass die Ministerien sich derzeit mit dieser Frage und einem verwandten Fall vor dem Supreme Court beschäftigten, und meinte: "Der Präsident hat seit langem betont, dass dies eine Angelegenheit der einzelnen Bundesstaaten ist und nicht eine der Bundesregierung."
/ CNNPolitics | Ausschnitt aus der Pressekonferenz vom DienstagSpicer on transgender bathroom guidance: The President maintains that "this is a states' rights issue" https://t.co/kaE9HxyBRa
— CNN Politics (@CNNPolitics) February 21, 2017
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Mit dieser Auffassung wäre Obamas Anordnung, die auf Bundesrecht basiert, in der Tat hinfällig. Kritik von LGBTI-Aktivisten ließ am Dienstag nicht lange auf sich warten: "@realdonaldtrump sollte sich schämen", twitterte Mara Keisling vom National Center for Transgender Equality. "@seanspicer liegt schlicht und gefährlich daneben. Durchsetzung der Bundesgesetze ist eine föderale Pflicht."
Nationale Bürgerrechte könnten per Definition keine Sache der Bundesstaaten sein, twitterte auch Chase Strangio von der Bürgerrechtsorganisation ACLU. Die Human Rights Campaign hatte nach Bekanntwerden der Pläne Trump aufgefordert, diese zu stoppen und die Schüler zu schützen: "Junge Transgenderpersonen sind einer tragisch hohen Zahl von Diskriminierungen und Schikanen ausgesetzt und benötigen eine Regierung, die für sie einsteht."
Keine Verteidigung der Richtlinie vor Gericht
Dass die neue Regierung den Schutz für transsexuelle Schüler aufheben würde, hatte sich bereits in der letzten Woche abgezeichnet – in einer der ersten Amtshandlungen des neuen Justizministers Jeff Sessions. Dieser hatte eine Klage der Vorgängerregierung gegen den Bundesstaat Texas gestoppt, der sich mit zwölf weiteren von Republikanern angeführten Staaten per Einspruch gegen die unter Obama erlassenen Richtlinien wehrte (queer.de berichtete). In dem Verfahren hatte ein Bundesrichter im letzten August die Richtlinien vorläufig außer Kraft gesetzt; die Klage dagegen nahm Sessions zurück. Eine Verhandlung zu der Frage war für diese Woche angesetzt worden.

Jeff Sessions gilt wie ein Großteil des Kabinetts von Trump als erbitterter Gegner von LGBTI-Rechten
Die Rücknahme von Obamas Richtlinien bedeutet nicht, dass Schüler in den betroffenen Staaten nicht selbst ihre Rechte erstreiten können. Sie können dabei auch versuchen, sich auf das gleiche Antidiskriminierungsgesetz wie die damalige Regierung zu berufen.
Trump hatte bereits im Wahlkampf versprochen, den Kulturkampf um die Toiletten an die Bundesstaaten zu verweisen. Bei seiner Nominierung hatte er zugleich versprochen, die LGBTI-Community zu "schützen". In den letzten Wochen gab es aus dem Weißen Haus recht unterschiedliche Signale, ob und in welche Regelungen zu LGBTI-Rechten Trump eingreifen könnte (queer.de berichtete). Die eigentlichen Kämpfe vor und zurück könnten sich in den nächsten Jahren aber im Kongress und vor dem Supreme Court abspielen. (nb)














