Zum ersten Mal seit Regierungbeginn der Großen Koalition im Jahr 2013 lässt die SPD bei den Rechten von Lesben und Schwulen die Muskeln spielen. So wollen die Sozialdemokraten beim nächsten Koalitionsgipfel auf die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare pochen, kündigte Fraktionschef Thomas Oppermann überraschend gegenüber dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" an.
"CDU und CSU sollten endlich über ihren Schatten springen und die Ehe für alle nicht weiter blockieren", sagte Oppermann. "Derzeit sprechen alle davon, dass es gilt, unsere Werte zu verteidigen. Das darf aber nicht nur in Sonntagsreden passieren, sondern muss konkrete Politik sein", so der SPD-Politiker gegenüber dem "Spiegel". "Zu diesen Werten gehört neben dem Schutz von Ehe und Familie auch die Gleichberechtigung von anderen Formen des Zusammenlebens."
Oppermann erinnerte an die am 1. März in Kraft getretene Öffnung der Ehe in Finnland (queer.de berichtete). "Deutschland sollte dahinter nicht zurückstehen", erklärte der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten. Auch das sei "eine Frage der Gerechtigkeit". Der designierte Kanzlerkandidat Martin Schulz werde an dem Koalitionsgipfel erstmals teilnehmen.
Ehe für alle als Wahlkampfthema der SPD
Bereits Ende Februar hatte die "heute"-Redaktion berichtet, Schulz wolle die Ehe-Öffnung zu einem Wahlkampfthema machen (queer.de berichtete). Während die SPD-Pressestelle das nicht bestätigen wollte und der Kandidat das Thema seit der Ernennung in Reden ignorierte, hatten Unions-Politiker wie der einflussreiche Fraktionschef Volker Kauder in den letzten Tagen die Ablehnung der vermeintlichen Pläne bekräftigt (queer.de berichtete).
Auch Regierungssprecher Steffen Seibert schloss noch am 1. März eine Öffnung der Ehe in der jetzigen Regierungskoalition aus. Er behauptete sogar, für einen solchen Schritt sei eine Änderung des Grundgesetzes nötig (queer.de berichtete).
Im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags schmoren seit über einem Jahr Gesetzentwürfe des Bundesrats und der Opposition zur Abschaffung des Eheverbots für lesbische und schwule Paare. Mit den Stimmen der Regierungskoalition werden sie immer wieder vertagt (queer.de berichtete). (cw)
Kann es sein, dass bald Wahlen sind?