Stellten das Programm vor: Jörg Meuthen, der einst den CSD in Stuttgart als "geschmacklos" bezeichnete, Albrecht Glaser, der eine "Relativierung der Heterosexualität insbesondere in ihrer ethischen Dimension" im Schulunterricht befürchtete, und Frauke Petry, die zuviele Schwule im Fernsehen beklagte
Die "Alternative für Deutschland" hat am Donnerstag in Berlin ihr Programm zur Bundestagswahl 2017 vorgestellt. Neben allerlei Stimmungsmache gegen Muslime, der Betonung nationaler Politik und der Verneinung eines Klimawandels enthält es natürlich auch Programmpunkte, die auf Homophobie zielen.
So erklärt die AfD den "Erhalt des eigenen Staatsvolks" zur vorrangigen Aufgabe der Politik und will einer "dramatischen Zunahme der Ehe- und Kinderlosigkeit" nicht nur mit finanziellen Anreizen und Abtreibungserschwernissen entgegenwirken, sondern auch mit einem Kampf für die "traditionelle" Familie:
Die AfD will, dass sich die Familienpolitik des Bundes und der Länder am Bild der Familie aus Vater, Mutter und Kindern orientiert. Wir lehnen alle Versuche ab, den Sinn des Wortes "Familie" in Art. 6, Abs. 1 Grundgesetz auf andere Gemeinschaften auszudehnen und der Familie auf diesem Wege den besonderen staatlichen Schutz zu entziehen.
Damit wertet die AfD Regenbogenfamilien ab (auch die von Alice Weidel, Mitglied von Bundesvorstand und Programmkommission) wie letztlich auch Patchworkfamilien und Alleinerziehende und ignoriert, dass das Bundesverfassungsgericht bereits geurteilt hat, dass Homo-Paare mit Kindern ebenfalls Familien im Sinn des Grundgesetzes sind. Unter der Überschrift "Für ein klares Familienbild" spricht sich die Partei wenige Sätze zuvor auch für eine "klassisch verstandene" Ehe aus: Die Ablehnung der "Ehe für alle" hatten führende AfD-Politiker schon häufig betont.
Passagen für die "Demo für alle"
Während "Ehe, Familie, Haushaltsführung und Kindererziehung" eine "positive Berücksichtigung" in Lehrbüchern finden sollen, fordert die Partei: "Gender-Ideologie raus aus den Schulen – Frühsexualisierung stoppen".
Eine einseitige Hervorhebung der Homo- und Transsexualität im Unterricht, wie sie die sogenannte 'Sexualpädagogik der Vielfalt' praktiziert, stellt einen unzulässigen Eingriff in die natürliche Entwicklung unserer Kinder und in das vom Grundgesetz garantierte Elternrecht auf Erziehung dar. Dadurch werden Kinder und Jugendliche – oft von schulfremden Personen und meist gegen den Willen ihrer Eltern – in ihrer sexuellen Identität verunsichert, überfordert und in ihren Schamgefühlen verletzt. Die AfD stellt sich daher allen Versuchen entgegen, durch staatlich geförderte Umerziehungsprogramme in Kindergärten und Schulen das bewährte, traditionelle Familienbild zu beseitigen.
Soweit, so "Demo für alle": Homosexuelle sind unnatürlich und wollen mit ihren Aufklärungsprojekten Kinder zur Homosexualität verführen, weil, das ist ja möglich.
Die einst von der AfD-Politikerin Beatrix von Storch gegründete "Demo für alle" hat den Widerstand gegen LGBTI-Rechte und -Akzeptanz zu einem großen Thema gemacht – die AfD fährt nun die Früchte ein. Bild: nb
Wie die rechten und christlich-fundamentalistischen Sraßenproteste lehnt die Partei in ihrem Programm insgesamt eine "Gender-Ideologie" ab, wie sie sich auch in "Gender-Studies, Quotenregelungen z.B. für Frauen, Propagandaaktionen wie den 'Equal Pay Day' oder die 'geschlechterneutrale Sprache'" zeige. Die Ideologie widerspreche "sowohl den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Biologie und der Entwicklungspsychologie als auch der lebenspraktischen Alltagserfahrung vieler Generationen".
Gleichstellungsbeauftragte an Universitäten seien ebenso abzuschaffen wie die "Steuerverschwendung" der "Gender-Forschung", so die AfD: Diese sei "keine seriöse Wissenschaft, sondern folgt der ideologischen Vorgabe, dass das natürliche Geschlecht (Sex) und das soziale Geschlecht (Gender) voneinander völlig unabhängig seien. Ziel ist letztlich die Abschaffung der natürlichen Geschlechterpolarität."
Stimmungsmache mit "Frühsexualisierung" scheint zu wirken
Im großen und ganzen orientieren sich die Passagen zu all den "Gender"-Themen am im letzten Jahr verabschiedeten Partei-Grundsatzprogramm. Was die Partei genau will, verdeutlicht auch die später von Vertretern verschiedener AfD-Fraktionen unterzeichnete Magdeburger Erklärung, die sich zusätzlich u.a. gegen ein Adoptionsrecht für Homo-Paare und Antidiskriminierungsrichtlinien für sexuelle Minderheiten richtet. Der Hamburg Pride hatte das Papier als "Kampfansage an Schwule und Lesben" bezeichnet (queer.de berichtete).
Die seit einigen Jahren populäre, absurde und faktenfreie Stimmungsmache unter dem Titel "Frühsexualisierung" scheint dabei ihre Wirkung nicht zu verfehlen: In der Mitgliederbefragung zu dem Wahlprogramm sprachen sich 96,13 Prozent gegen das vermeintliche "ideologische Experiment" aus.
Die Partei hatte dazu eine Formulierung aus dem Grundsatzprogramm vorgelegt, die sich so nicht im Wahlprogramm findet: "Das traditionelle Familienbild darf nicht zerstört werden. Unsere Kinder dürfen in der Schule nicht zum Spielball der sexuellen Neigungen einer lauten Minderheit werden."
Der Kampf der Mehrheit gegen die Minderheit war den Parteimitgliedern damit etwa deutlich wichtiger als der Kampf gegen Abtreibung (66,54 Prozent) und erhielt soviel Zustimmung wie andere Kernthemen der Partei – es ist wohl kein Wunder, dass kürzlich auch die CSU eine Ablehnung von "Gender-Ideologie und Frühsexualisierung" in ihr Grundsatzprogramm aufnahm (queer.de berichtete).
Das AfD-Wahlprogramm soll im April beim Bundesparteitag in Köln beschlossen werden. Zur Wahl hat die Partei inzwischen eine Menge homofeindlicher Politiker auf Listenplätzen aufgestellt, in Hessen etwa den früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann ("Tätervolk") (queer.de berichtete) oder vor wenigen Tagen in Berlin die christlich-fundamentalistische Aktivistin und Parteivorständin Beatrix von Storch sowie einen Burschenschaftler, der Meldungen nicht dementiert, dass er einst eine Regenbogenflagge verbrannt hatte (queer.de berichtete).