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"Sicherer Herkunftsstaat"

Tunesien: Acht Monate Haft für zwei junge "Schwule"

Die beiden Jungs waren offenbar auf "Verdacht" auf der Straße festgenommen und einer Anal-Untersuchung ausgesetzt worden.


Zwei LGBT-Aktivisten aus Tunesien auf einem Bild der Organisation "Shams", die sich um Homo- und Trans­sexuelle in dem Land kümmert. Im vorliegenden Fall unterstützt sie die beiden Angeklagten rechtlich.

  • Von Norbert Blech
    11. März 2017, 10:46h 51 3 Min.

Ein Gericht in der tunesischen Stadt Sousse hat am Freitag einen 20- und einen 21-jährigen Mann wegen angeblicher homosexueller Handlungen zu Haftstrafen von je acht Monaten verurteilt. Bis zu einer Berufungsverhandlung befinden sich Achref and Sabri noch auf freiem Fuß.

Die beiden Männer waren am 7. Dezember in der Hafenstadt am Mittelmeer auf einer Straße in der Innenstadt festgenommen worden. Der 20-jährige Student Achref sagte gegenüber lokalen Medien, einer der Polizisten habe gesagt: "Du hast etwas mit Deinem Liebhaber angestellt, oder? Du bringst einen Fluch auf unser Land." Die Verhaftung sei wegen der angenommenen sexuellen Orientierung der Männer erfolgt, nicht wegen einer Handlung. Auf der Wache seien sie geschlagen, beleidigt und zum Unterzeichnen einer Erklärung gezwungen worden. Am 13. Dezember wurden sie bis zum Prozess freigelassen.

Die Behörden hatten die beiden Männer auch anal untersuchen lassen – die Praxis in mehreren afrikanischen Staaten wird von Menschenrechtsorganisationen als Folter und unwissenschaftlich angesehen (queer.de berichtete). Im Fall von Achref und Sabri ergab die unwürdige Untersuchung keinen Nachweis homosexueller Handlungen; das Gericht verurteilte sie dennoch.

Bis zu drei Jahre Haft

Paragraf 230 des tunesischen Strafrechts sieht Haftstrafen von bis zu drei Jahren für homosexuellen Sex vor; er stammt aus französischer Kolonialzeit, wurde aber bei mehreren Reformen in Kraft gelassen und umfasst anders als die Vorlage auch Sex unter Frauen. Verurteilungen sind selten, kommen aber vor: So wurden Ende 2015 sechs junge Männer nach dem Paragrafen zur Höchsstrafe verurteilt (queer.de berichtete).

Eine Abschaffung des Paragrafen ist nicht in Sicht. Justizminister Mohamed Salah Ben Aïssa hatte sie zwar 2015 gefordert, Präsident Beji Caid Essebsi stellte sich aber gegen die Forderung. Wenige Wochen später trat der Minister zurück. Laut einer Umfrage des Pew Research Center aus dem Jahr 2013 glauben 94 Prozent der Tunesier, dass Homosexualität in der Gesellschaft nicht akzeptiert werden dürfe. Medien und Politiker des Landes, in dem der Islam Staatsreligion ist, berichten negativ und stigmatisierend über Homosexualität.

In Deutschland hat die Frage, wie sicher Tunesien sowie Algerien und Marokko für LGBTI sind, seit Monaten für politischen Streit gesorgt, da die Regierung plante, die drei Länder als "sichere Herkunftsländer" einzustufen. Nach einer Verabschiedung durch den Bundestag war der Gesetzentwurf am Freitag vom Bundesrat abgelehnt worden (queer.de berichtete).

Die Begründung der Regierung, dass es in den Mahgreb-Staaten keine "systematische Verfolgung" Homo- und Transsexueller gebe, machte sich auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu eigen. So beklagte das "Queer Refugees Network Leipzig" im Januar, dass kein einziger der betreuten Asylbewerber aus Tunesien anerkannt wurde (queer.de berichtete).

Im Fall eines 28-Jährigen, der in der Heimat u.a. von seiner Familie körperlich attackiert wurde, hatte das BAMF argumentiert, dass er seine Homosexualität verheimlichen könne – nach Protesten wurde ein Ausweisungsbescheid wieder aufgehoben (queer.de berichtete). Auch zu Marokko hatte die Bundesregierung argumentiert: "Homosexualität wird hingenommen, solange sie im Verborgenen gelebt wird" (queer.de berichtete). Im Februar wurden in der marokkanischen Stadt Tanger zwei junge Männer zu Haftstrafen verurteilt, nachdem ein Video von ihnen beim privaten Sex in die Öffentlichkeit geriet (queer.de berichtete).

-w-

#1 BenjiAnonym
#2 seb1983
  • 11.03.2017, 13:20h
  • Antwort auf #1 von Benji
  • "Some will take you home, give you clothes and anything you like," he says.
    "They will treat you like their husband, their boyfriend, they will give you 200, 300, 400.
    "It's very hard. How can a person be with another man like that? Those men are sick. No matter how often I do it, it doesn't get easier."

    schon heftig
  • Direktlink »
#3 MarekAnonym
  • 11.03.2017, 19:02h
  • Da sieht man wieder mal, dass manches Land, was von Union und SPD als "sicheres Herkunftsland" bezeichnet wird, für GLBTI keineswegs sicher ist.
  • Direktlink »

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