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Gesetz vor Scheitern?
§175-Rehabilitierung: Linkspartei kritisiert Martin Schulz
LGBTI-Organisationen machen sich Sorgen, dass die Bundesregierung die versprochene Rehabilitierung nicht mehr umsetzt. Auch das Verhalten des SPD-Kanzlerkandidaten steht in der Kritik.

Die Absage von SPD-Chef Martin Schulz beim Koalitionsgipfel könnte negative Auswirkungen auf die noch umzusetzenden Gesetzentwürfe haben (Bild: SPÖ Presse und Kommunikation / flickr)
- 21. März 2017, 14:08h 4 Min.
Die nordrhein-westfälische Linkspartei hat am Dienstag scharfe Kritik am neuen SPD-Parteichef und Kanzlerkandidaten Martin Schulz geäußert, weil dieser nicht am für den 29. März angesetzten Koalitionsgipfel teilnehmen möchte und damit die Rehabilitierung von Opfern des Paragrafen 175 in dieser Legislaturperiode in Gefahr bringe. Schulz will stattdessen an einem zeitgleich stattfindenden Fest der SPD-Bundestagsfraktion teilnehmen. Beim Koalitionsgipfel treffen die Parteispitzen von CDU, CSU und SPD in Berlin aufeinander.
Die Linke kritisierte die Prioritätensetzung von Schulz, da in dem Gipfel schließlich entschieden werde, "ob die Opfer es noch erleben werden, dass der Staat sie rehabilitiert und entschädigt", wie der queerpolitische Sprecher Jasper Prigge erklärte. "Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung von Martin Schulz, lieber an einer Party teilzunehmen als zum Koalitionsgipfel zu gehen, verheerend. Merkel und de Maizière wird dadurch der Eindruck vermittelt, dass das Thema nicht so wichtig sei."
Schulz für Rehabilitierung
Schulz selbst hatte sich bei einem Wahlkampfauftritt am 12. März in Kamen für die Rehabilitierung von Opfern des Paragrafen 175 ausgesprochen (siehe Video, ab 53.30): "Ich möchte, dass in unserem Land die Lebensformen diskriminierungsfrei behandelt werden." Deshalb sei er dafür, "dass Unrechtsurteile, die auf der Grundlage des Paragrafen 175 verhängt wurden, endlich aufgehoben werden müssen." Den teils "hochbetagten" Verurteilten müsse man "ein Stück Gerechtigkeit" zukommen lassen, forderte Schulz.
Bereits seit Jahren fordern LGBTI-Aktivisten, die schwulen Justizopfer zu rehabilitieren. Das scheiterte lange am Widerstand von Politikern mehrerer Parteien, die argumentierten, dass die Urteile rechtsstaatlich zustande gekommen seien und nicht einfach aufgehoben werden könnten. Erst ein rechtliches Gutachten der Antidiskriminierungsstelle des Bundes veranlasste Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) im letzten Mai, einen Gesetzentwurf zur Rehabilitierung zu versprechen (queer.de berichtete). Im Sommer legte das Ministerium ein Eckpunktepapier vor. Im Oktober, also schon vor fünf Monaten, folgte dann ein Gesetzentwurf, der nach Rückmeldungen von Verbänden im Dezember noch einmal leicht angepasst wurde (queer.de berichtete).
Seither verzögert sich die Umsetzung immer weiter, obwohl der Bundestag bereits beschlossen hat, 4,5 Millionen Euro im Bundeshaushalt für die individuelle Entschädigung der verfolgten Männer zurückzulegen. Eigentlich hatte es im Januar noch geheißen, das Bundeskabinett werde in einer regulären Sitzung den Entwurf abnicken, der dann zur Beratung und Verabschiedung in den Bundestag käme. Später hieß es plötzlich, der Entwurf werde Thema im Koalitionsausschuss – das Justiz- und das von der CDU angeführte Innenministerium seien sich über Details nicht einig. Eine weitere Verzögerung erfolgte, weil der Koalitionsgipfel Anfang März wegen einer Erkrankung von CSU-Chef Horst Seehofer ausfiel. Bei dem Termin wollte die SPD auch die Ehe für alle ansprechen, auch wenn sie in den letzten Tagen die Erwartungen darauf wieder gedämpft hat (queer.de berichtete).
Verbände appellieren immer verzweifelter an Bundesregierung
LGBTI-Organisationen befürchten, dass die Rehabilitierung wegen parteipolitischer Spielchen scheitern könnte – die letzte Bundestagssitzung findet bereits Ende Juni statt. Dann müsste, womöglich Jahre später, ein neuer Gesetzentwurf eingebracht werden. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Schwule Juristen (BASJ) forderte am Wochenende in einem Offenen Brief (PDF), die Rehabilitierung "unbedingt noch in dieser Legislaturperiode" durchzusetzen. Gleichlautende Schreiben gingen an die Fraktionschefs Volker Kauder (CDU/CSU) und Thomas Oppermann (SPD).
"Wir erwarten von der Bundesregierung und dem Gesetzgeber, dass den noch lebenden Opfern der Homosexuellenverfolgung jetzt schnell Gerechtigkeit widerfährt und es nicht ein Thema bleibt, das im Hinblick auf den bevorstehenden Wahlkampf diskutiert und nicht umgesetzt wird", heißt es in dem Brief weiter. Dies sei angesichts der "schon sehr betagten Opfern" wichtig.
Auch die Deutsche Aids-Hilfe hofft, dass das Gesetz bis zur Bundestagswahl im September beschlossen wird. "Die Rehabilitierung ist ein Projekt von historischer Dimension, das aufgrund des Alters der Betroffenen keinen Aufschub mehr duldet", erklärte DAH-Vorstand Manuel Izdebski am Dienstag.
Bereits vergangene Woche hatten die Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren (BISS) an die Bundesregierung appelliert, den Entwurf noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen (queer.de berichtete). (dk)















Die SPD hat niemals die Rehabilitierung der §175-Opfer geplant!
Die brauchen nur wieder mal ein Wahlkampfthema, um auch Stimmen von LGBT-Wählern zu bekommen.
Denn dasselbe hat die SPD auch vor der letzten Wahl versprochen. Und wenn die das in 4 Jahren nicht hinbekommen, werden sie das auch nach der nächsten Wahl nicht hinbekommen.
Weil es eben kein ernst gemeinter Wunsch ist, sondern nur das typische SPD-Gelaber.
Und da ist Martin Schulz auch nicht anders:
der erzählt jetzt auch alles, was die SPD-Klientel hören will. Von Hartz IV-Verbesserungen bis Homorechten. Aber das wird es auch mit ihm alles nicht geben.
Hier in Hilden hat mir ein schwules SPD-Mitglied persönlich gesagt, dass die Rehabilitierung nicht geplant ist.
Die Zeit des Gelabers ist endgültig vorbei!
Ab jetzt zählen nur noch Fakten!