Im beschaulichen Bad Säckingen wiegelt der Ditib-Imam seine Anhänger gegen Schwule und Lesben auf (Bild: Tourismus GmbH Bad Säckingen)
Der Imam der Türkisch-Islamischen Gemeinde (Ditib) im nahe der Schweizer Grenze gelegenen Bad Säckingen macht in sozialen Netzwerken aus seiner Abneigung gegenüber Homosexuellen kein Geheimnis. Der 39-Jährige, der fünf Jahre lang Vorbeter in Weil am Rhein war und vor einem Jahr den Imams-Posten im 17.000 Einwohner zählenden Bad Säckingen übernommen hat, bezeichnet auf seiner Facebook-Seite etwa Schwule und Lesben als "Eşcinsel-Sapik" (Homosexuell-Perverse).
Der "Spiegel" hatte bereits in seiner Ausgabe vom 18. Februar über die Homophobie des Imams berichtet – ebenso wie von weiteren Anweisungen des Geistlichen, die einer Integration seiner Gemeinde im Weg stehen. So habe er im Dezember dazu aufgerufen, "nicht mehr in Geschäften einzukaufen, die weihnachtlich geschmückt sind". Außerdem habe er gegen unverschleierte oder hosentragende Frauen polemisiert, weil diese sich wie Männer gebärdeten.
Zwar sind einige der kritisierten Stellen nach dem Erscheinen des Artikels aus Facebook gelöscht worden, allerdings nicht alle. So ist etwa ein Kommentar des Imams aus dem Juni 2015 weiterhin online, in dem er einen Zeitungsartikel des inzwischen von der türkischen Regierung geschlossenen Blattes "Zaman" zur Ehe-Öffnung in den USA kritisierte und dabei von "Homosexuell-Perversen" sprach.
Ditib weist alle Vorwürfe zurück
Gegenüber der regionalen "Badischen Zeitung" zeigt sich die Ditib-Gemeinde Wochen später weiterhin uneinsichtig: Man akzeptiere "keinen der Vorwürfe", weil diese nicht der Wahrheit entsprächen. Die genannten Fakten seien "mit falschem Kontext" interpretiert worden, so die Gemeinde in einer Stellungnahme gegenüber der Zeitung. "Um diesen Kontext zu verstehen, wären islamische und türkische Kenntnisse vonnöten."
Laut dem Regionalblatt wollte sich die DITIB trotz einer Einladung der Redaktion nicht auf ein persönliches Gespräch mit den Journalisten einlassen. In einem am Mittwoch veröffentlichten Kommentar bezeichnete ein Redakteur der "Badischen Zeitung" die Homophobie des Imams als "nicht akzeptabel".
Ditib-Gemeinde verhinderte Aufführung von schwulem Film
Die türkisch-islamische Gemeinde im Bad Säckingen hatte bereits vergangenen Herbst für Empörung gesorgt, weil sie verhinderte, dass bei einer interkulturellen Woche der Film "Out of the Dark" gezeigt wurde, der von der Liebe zwischen einem Israeli und einem Palästinenser handelt (queer.de berichtete). Das hatte zu scharfen Reaktionen aus der Politik geführt. So erklärte der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck: "Man darf nicht vor der Homophobie oder dem Rassismus deutscher Rechtspopulisten oder fundamentalistischer Christen zurückweichen, gleiches gilt aber auch bei Muslimen oder türkischen Nationalisten" (queer.de berichtete).
Der Film "Out of the Dark" durfte auf Druck der Ditib-Gemeinde nicht beim interkulturellen Filmfestival gezeigt werden
Auch aus anderen Ditib-Gemeinden gibt es Berichte über Homophobie: So blieb ein Imam in Stuttgart einer Feier für Geflüchtete fern, weil sie im schwul-lesbischen Zentrum Weißenburg stattgefunden hat – und damit an einem "unreinen" Ort (queer.de berichtete).
2014 hatte sich der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg zwei Mal um einen Dialog mit der der Ditib unterstellten Şehitlik-Moschee in der Hauptstadt bemüht, war aber gescheitert (queer.de berichtete). Später erklärte der damalige Moschee-Chef bei einer Diskussionsveranstaltung, dass gleichgeschlechtlicher Sex nach den meisten Auslegungen des Korans verboten sei (queer.de berichtete).
Die Ditib wird oft als eher politische denn religiöse Einrichtung beschrieben, weil sie direkt einer staatlichen türkischen Behörde untersteht. Anfang des Jahres geriet sie weiter in der Kritik, nachdem bekannt wurde, dass Imame mutmaßliche Gegner des autoritär regierenden Präsident Recep Tayyip Erdogan ausspioniert hatten. Ditib gab die Bespitzelung zwar zu, spielte die Affäre aber als "Panne" herunter. (dk)