Zuschauer der angeblichen Hinrichtung. Direkt vom IS erstellte Propaganda-Bilder, die die Morde oder ihre Opfer zeigen, zeigt queer.de bewusst nicht.
Der IS brüstet sich mal wieder mit der Hinrichtung eines Mannes wegen angeblicher Homosexualität: Von der Terrororganisation veröffentlichte Bilder sollen zeigen, wie der Mann von einem Häuserdach gestürzt und auf dem Boden liegend mit Steinen beworfen wird.
Wann die Bilder entstanden, ist unklar. Sie wurden bereits am letzten Sonntag in einem Telegram-Kanal von Anhängern des Islamischen Staates verbreitet. Wie ein Vergleich mit früheren Bildern zeigt, entstanden sie allerdings nicht in Mossul, wie in internationalen Medien und ihrer Hauptquelle "Iraqi News" angegeben, sondern im mehrere Fahrstunden entfernten Rawa, das noch unter Kontrolle der Islamisten steht.
Wie fast immer hatten die Bilder über die britische Boulevardzeitung "Daily Mail", die die Tat noch literarisch ausschmückte ("Eine Gruppe von Menschen hatte sich versammelt, um den Jugendlichen beim letzten Atemzug zu beobachten"), ihren Weg in britische LGBTI-Medien und danach in internationale queere Medien gefunden.
Zweifel bleiben
Allerdings lässt sich nicht feststellen, ob die vier veröffentlichten Bilder die Hinrichtung belegen oder nur behaupten: Eines zeigt einen Anführer der Gruppe beim Verlesen des "Urteils", eines die Zuschauer, die möglicherweise zur Teilnahme gezwungen wurden. Auf einem Bild ist der Hinzurichtende bei den Vorbereitungen auf den Dach zu sehen, ein weiteres Bild zeigt ihn aus der Ferne auf dem Boden liegend. Um ihn herum liegen vereinzelte Steine, teils in einer hingelegt wirkenden Reihe; das Bild zeigt auch mehrere Männer in einer Pose kurz vor einem Steinwurf.
Verifizieren lässt sich die Hinrichtung nicht. Anhänger des "Islamischen Staats" hatten bereits mehrfach Bilder von Hinrichtungen von Männern wegen angeblicher Homosexualität vom gleichen Gebäude in Rawa veröffentlicht. Bei einer Bilderserie aus dem Januar 2016, die auch den Fall eines Mannes von dem Gebäude zeigen sollten, gab es Zweifel, ob es sich nicht um eine Manipulation und gestellte Bilder handelte (queer.de berichtete).
Mörderische Propagana mit Ende in Sicht?
Auch wenn die Meldungen über Hinrichtungen von Männern durch den IS wegen ihrer angeblichen Homosexualität zuletzt abnahmen, ist dennoch durch teils offensichtliche Dokumentierung und teils durch später geflohene Augenzeugen gesichert, dass sie in einigen Fällen stattgefunden haben. Schätzungen zufolge betraf dies zwischen 30 und 50 Männer in Syrien und im Irak. Die meisten von ihnen wurden von Gebäuden geworfen, einige gesteinigt oder erschossen.
Wie bei anderen schockierenden Hinrichtungen setzt der "Islamische Staat" darauf, dass sich die dazu erstellten Bilder viral verbreiten – er nutzt sie zur Verbreitung seiner Botschaft und zur Gewinnung neuer Mitglieder. Nach dem Terroranschlag auf das "Pulse" in Orlando war das Hochglanzmagazin der Terrororganisation, "Dabiq", ausführlich auf den Kampf gegen "Sodomiten" eingegangen (queer.de berichtete).
Ein Bild aus einer Serie zur Hinrichtung zweier Männer wegen angeblicher Homosexualität in Mossul, die vor zwei Jahren um die Welt ging (queer.de berichtete). Das National Insurance Company Building wurde vor wenigen Wochen durch Regierungstruppen zerstört.
Zuletzt gab es aber auch Rückschläge für den IS und seine Propaganda: In Mossul gelangte Anfang März ein Viertel mit einem hohen Gebäude, von dem die Islamisten mehrfach vermeintliche Schwule in den Tod gestoßen hatten, in die Kontrolle irakischer Truppen. Inzwischen wurde das Gebäude zerstört.