Nach der neuen Umfrage gibt es unter jungen Amerikanern doppelt so viele Bisexuelle als Schwule und Lesben (Bild: Caitlin Childs / flickr)
Immer mehr jüngere Amerikaner identifizieren sich als sexuelle oder geschlechtliche Minderheit, allerdings sinkt offenbar die Popularität von ausgrenzenden Eigenbezeichungen wie "schwul" oder "lesbisch" zugunsten von mehr offenen Kategorien wie "bisexuell" oder "pansexuell". Das ist eines der Ergebnisse der am Wochenende von der LGBTI-Organisation GLAAD veröffentlichten Umfrage "Accelerating Acceptance" (Die Akzeptanz vorantreiben).
Insgesamt identifizieren sich den Ergebnissen zufolge zwölf Prozent der US-Bevölkerung als LGBTQ. Dabei gibt es große Altersunterschiede: Bei der Gruppe der 18- bis 34-Jährigen geben 20 Prozent der Befragten an, entweder einer sexuellen oder geschlechtlichen Minderheit anzugehören. Bei der Gruppe der über 72-Jährigen sind es dagegen nur fünf Prozent.

Zwölf Prozent der jungen Amerikaner sind nicht cisgender
Bei den jungen Befragten der sogenannten Generation Y ist insbesondere die Zahl der Transpersonen viel höher im Vergleich zu den Älteren: Demnach bezeichnen sich bei den zwischen 1983 und 1999 geborenen Befragten zwölf Prozent nicht als cisgender (also als Personen, deren Geschlechtsidentität mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt). Dieser Anteil ist damit vier Mal so hoch wie in der Altersgruppe ab 52 Jahre.
Dabei zeigt sich eine große Vielfalt der Geschlechtsidentitäten: Bei den Jüngeren sehen sich insgesamt drei Prozent als agender, also geschlechtslos, an; weitere drei Prozent erklären, sie seien gender-fluid. Zwei Prozent geben an, transgender zu sein, je ein Prozent bezeichnet sich außerdem als bigender oder genderqueer. Zwei Prozent sind unsicher über ihre Geschlechtsidentität oder stellen diese in Frage. Im Unterschied dazu ist der Anteil von älteren Personen, die sich gender-fluid, transgender oder genderqueer bezeichnen, praktisch nicht messbar.
Auch bei der Frage nach der sexuellen Orientierung ist die Vielfalt bei den Jüngeren größer: So bezeichnen sich in dieser Gruppe sechs Prozent als bisexuell, vier Prozent als asexuell, drei Prozent als ausschließlich schwul oder lesbisch und zwei Prozent als pansexuell. Ein Prozent ist unsicher über die Eigenbeschreibung.
Jüngere Amerikaner kennen weniger Schwule und Lesben
Die Zahlen legen unter anderem nahe, dass sich gerade sexuelle Minderheiten nicht mehr so gut wie ausschließlich als schwul oder lesbisch identifizieren, sondern dass es mehr Vielfalt gibt. Das zeigt sich auch bei der Befragung von Nicht-LGBTI: Demnach kennen Jüngere weniger Schwule und Lesben als die ältere Generation – allerdings sind sie weit vertrauter mit Personen anderer sexueller Orientierungen oder Geschlechtsidentitäten.
Insgesamt geben 65 Prozent der 18- bis 34-Jährigen an, einen Schwulen oder eine Lesbe zu kennen. Bei der Gruppe der bis 51-Jährigen sind es dagegen 74 Prozent, bei den bis 71-Jährigen sogar 78 Prozent. Demgegenüber kennen die Jüngeren sehr viel eher Personen, die sich als bisexuell, asexuell oder pansexuell bezeichnen. Auch Menschen anderer Geschlechtsidentitäten sind vor allem Jüngeren bekannt.
Immer mehr Nicht-LGBT werden laut der Umfrage als "Alliierte" eingestuft, die keinerlei Probleme im Umgang mit LGBT haben. Dies wurde anhand mehrerer Fragen gemessen, etwa ob man Vorbehalte gegen einen Arzt hat, der einer sexuellen oder geschlechtlichen Minderheit angehört. Demnach sind 53 Prozent der Bevölkerung "Alliierte" – die Zahl liegt damit zwei Prozent höher als im Vorjahr. Als "distanzierte Unterstützer", die noch punktuell Probleme mit LGBT haben, werden 33 Prozent der Bevölkerung eingestuft (minus zwei Prozent). Unverändert liegt die Zahl der "Verweigerer", also der erbitterten LGBTI-Gegner, bei 14 Prozent.
GLAAD-Chefin Sarah Ellis erklärte, die Ergebnisse würden zeigen, dass eine "neue Ära des Verständisses und der Akzeptanz unter jungen Menschen" begonnen habe. Sie warnte die Trump-Regierung davor, mit LGBTI-feindlichen Initiativen die Uhr wieder zurückdrehen zu wollen.
Die Umfrage wurde Anfang November 2016 online unter über 2.000 erwachsnenen Amerikanern vom Meinungsforschinstitut Harris Poll im Auftrag der GLAAD durchgeführt. (dk)
War klar, dass der herrschende Heterosexismus irgendwann "schwul" und "lesbisch" als "ausgrenzend" diffamieren würde.
Auch so kann man schwule und lesbische Menschen stigmatisieren, pathologisieren ("weniger offen" etc.) unsichtbar und mundtot machen. Wer sind hier die "Ausgrenzer_innen"?