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"Historischer" Sieg

USA: Gericht verbietet LGB-Diskriminierung am Arbeitsplatz

Zum ersten Mal hat ein US-Berufungsgericht entschieden, dass der Civil Rights Act auch Schwule, Lesben und Bisexuelle vor Diskriminierung schützt.


Klägerin Kimberly Hively hat erreicht, dass ein 53 Jahre altes Anti­diskriminierungs­gesetz erstmals auch Ungleichbehandlung wegen sexueller Orientierung untersagt (Bild: Lambda Legal)

  • 5. April 2017, 07:32h 31 3 Min.

Ein amerikanisches Bundesberufungsgericht in Chicago hat erstmals die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung am Arbeitsplatz für illegal erklärt. In dem von LGBTI-Aktivisten als "historisch" bezeichneten Urteil entschieden die Richter mit acht gegen drei Stimmen, dass eine berufsausbildende Schule eine lesbische Mathematiklehrerin nicht wegen ihrer sexuellen Orientierung feuern darf.

Geklagt hatte Kimberly Hively, die beim Ivy Tech Community College in South Bend (US-Bundesstaat Indiana) angestellt war. In der Anklageschrift heißt es, sie sei wiederholt bei Beförderungen übergangen und schließlich entlassen worden, nachdem bekannt geworden war, dass sie lesbisch ist. Ihr "Vergehen": Sie hatte ihre Freundin auf dem Parkplatz der Schule geküsst.

Anwaltlich vertreten wurde Hively von der LGBTI-Organisation Lambda Legal, die im Verfahren argumentiert hatte, dass Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung eine Form der Geschlechterdiskriminierung sei. Diese ist ebenso wie Diskriminierung aufgrund von Rasse im Gesetzesabschnitt "Title VII" des Civil Rights Acts aus dem Jahr 1964 untersagt. "Sexuelle Orientierung" oder "Geschlechtsidentität" werden in dem Gesetz allerdings nicht ausdrücklich erwähnt, sondern finden sich als Diskriminierungsmerkmal lediglich in einigen regionalen Gesetzen.

Gericht: Diskriminierung von Homosexuellen ist Geschlechterdiskriminierung

Die Richtermehrheit begründete ihre Entscheidung damit, dass die Erwartung, eine Frau sei sexuell an Männern interessiert, ein Geschlechtsklischee sei. Aus diesem Grund sei die Diskriminierung von Nichtheterosexuellen Geschlechterdiskriminierung und damit nach Bundesrecht untersagt. "Hivelys Klage unterscheidet sich nicht von anderen Klagen von Frauen, die in traditionell männlichen Arbeitsplätzen keine Anstellung erhalten, etwa bei der Feuerwehr, im Baugewerbe oder bei der Polizei", heißt es in der Entscheidung.

Der von Präsident Ronald Reagan ernannte Richter Richard Posner stimmte dem Urteil ebenfalls zu und erklärte: "Ich verstehe nicht, warum die Entlassung einer Frau, nur weil sie zu einer Teilgruppe von Frauen – nämlich Lesben – gehört, weniger geschlechteridiskriminierend sein soll als die Entlassung einer Frau, weil sie eine Frau ist."

Seit Jahren gibt es in den USA Streit darüber, ob das Diskriminierungsverbot aufgrund des Geschlechts in "Title VII" auch LGBTI vor Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität schützt. Das Chicagoer Gericht ist das bislang höchste Gericht, dass diese Frage bejaht. Es wird erwartet, dass dieser oder ein ähnlicher Fall in Kürze vom Supreme Court der Vereinigten Staaten behandelt und endgültig entschieden werden wird. Bislang schafft die jetzige Entscheidung nur einen Präzedenzfall für die drei Staaten, für die das Gericht zuständig ist, nämlich Illinois, Indiana und Wisconsin.

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Gericht gilt als konservativ

Die Entscheidung ist umso überraschender, da das Chicagoer Gericht als relativ konservativ gilt. Acht der elf Richter sind von republikanischen Präsidenten ernannt worden. Damit steigt die Hoffnung, dass auch der Supreme Court zu einer ähnlichen Entscheidung kommen könnte. Allerdings hat Präsident Donald Trump vor zwei Monaten mit Neil Gorsuch einen erbitterten LGBTI-Gegner als Ersatz für den verstorbenen Höchstrichter Antonin Scalia nominiert (queer.de berichtete). Gorsuch muss noch vom republikanisch dominierten Senat bestätigt werden.

In ersten Reaktionen zeigten sich LGBTI-Aktivisten erfreut über die Entscheidung. "Die Liebe hat heute wieder einmal gewonnen", so Lambda-Legal-Chefin Rachel Tiven nach der Entscheidung. "Kim Hively hat ihren Job beim Ivy Tech Community College geliebt, aber sie wurde gefeuert, weil sie eine Lesbe ist. Heute hat das Gericht klargestellt: Das ist falsch."

Shannon Minter vom National Center für Lesbian Rights hofft nun, dass sich weitere LGBTI gerichtlich gegen Diskriminierung wehren. Sie erklärte, es handle sich um eine "historische Entscheidung".

Zuletzt hatte im Sommer letzten Jahres ein Bundesgericht in Michigan entschieden, dass Transsexuelle wegen ihrer Geschlechtsidentität von Arbeitgebern nach Gutdünken gefeuert werden können, wenn sie sich dabei auf Religion berufen (queer.de berichtete). (dk)

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#1 BuntUndSchönAnonym
  • 05.04.2017, 09:53h
  • Wow :-)
    Das geht in die Geschichte ein.
    Das ist eine Erweiterung des AGG wie ich es mir vorstelle.
    So konkret MUSS das AGG in Deutschland formuliert werden, damit die Diskriminierung aufhört!
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#2 JustusAnonym
  • 05.04.2017, 09:57h
  • Bravo!

    Ein weiterer Sieg und ein weiterer kleiner Schritt zum Ziel.

    Diskriminierung ist Diskriminierung! Und gehört verboten.

    Die Religioten müssen endlich kapieren, dass Religionsfreiheit ihnen das Recht auf freie Religionswahl ohne Nachteile erlaubt. Aber das bedeutet eben nicht, dass man dann Menschen mit anderer Religion oder gar keiner Religion (oder Menschen, die gegen irgendwelche religiösen "Regeln" oder "Moral"-Vorstellungen verstoßen) diskriminieren darf. Denn die haben genau dasselbe Recht, sich ihre Religion oder eben gar keine auszusuchen.

    Freiheitsrechte schützen generell immer nur persönliche Freiheit, erlauben aber nie die Diskriminierung anderer. Sie finden ihre Grenzen immer dort, wo andere in ihren Freiheiten eingeschränkt werden.

    Ansonsten wären das ja nur für manche Freiheitsrechte und für die anderen Unterdrückungsinstrumente. Das ist nicht der Sinn von Freiheitsrechten.
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#3 RobinAnonym
  • 05.04.2017, 10:11h
  • Damit sind die USA wieder mal deutlich weiter als Deutschland.

    Hierzulande haben ja Union und SPD im AGG explizit Ausnahmen für kirchliche Arbeitgeber vorgesehen. Ein Anti-Diskriminierungs-Gesetz, das manchen Leuten explizit die Diskriminierung erlaubt, hat seinen Namen nicht verdient und ist eine Pervertierung der ursprünglichen Idee.

    So kann z.B. in Deutschland ein konfessioneller Kindergarten eine lesbische Putzfrau rausschmeißen (queer.de berichtete). Oder ein katholisches Krankenhaus kann einen schwulen Arzt fristlos entlassen... Das all diese Einrichtungen vom eigentlich vom Steuerzahler finanziert werden und die Kirche nur ihren Namen gibt und sich als angeblich wohltätig hinstellen kann, macht den Skandal nur noch größer...
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