Parteichef Tim Farron will öffentlich nicht sagen, ob er Homosexuelle pauschal für Sünder hält oder nicht (Bild: Liberal Democrats / flickr)
Zu Update springen: Farron erklärt im Unterhaus, er halte Homosexualität nicht für eine Sünde (16.45 Uhr)
Am Dienstagmittag kündigte Premierministerin Theresa May Neuwahlen an, am Dienstagabend gab es den ersten Homophobie-Skandal im Wahlkampf: Tim Farron, der Anführer der liberaldemokratischen Partei, weigerte sich in einem Interview mit "Channel 4 News" die Frage zu beantworten, ob für ihn Homosexualität eine Sünde ist. Bereits zwei Jahre zuvor hatte der 46-Jährige in einem Interview bei Channel 4 erklärt, er werde diese Frage nicht beantworten.
Moderatorin Cathy Newman fragte den liberalen Politiker in der Hauptnachrichtensendung des Senders: "Sie hatten eine Weile, um sich Gedanken über die Frage zu machen. Was ist Ihre Antwort?" Farron sagte jedoch schlicht: "Das Christentum zu verstehen heißt zu verstehen, dass wir alle Sünder sind." Er könne keine "theologische Erklärung" abgeben. Als Liberaler trete er aber "leidenschaftlich" für Gleichbehandlung und die Ehe für alle ein.
Die erneute Weigerung führte zu einem Shitstorm. Auch Prominente kritisierten den Liberaldemokraten scharf: So twitterte David Walliams, der als Komiker in "Little Britain" bekannt geworden war: "@timfarron, Sie sind auf jeden Fall ein Sünder für ihre anhaltende Intoleranz und ihre Vorurteile. Bitte versuchen Sie, zum Rest von uns im Jahre 2017 aufzuschließen."
Der Autor und Komiker David Baddiel nannte Farron einen "fundamentalistischen christlichen Homo-Hasser". Dagegen erklärten Parteifreunde, dass Farron im Parlament meist für LGBTI-Rechte gestimmt habe, so auch für die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben.
Die Liberaldemokraten, die laut Meinungsumfragen mit elf Prozent drittstärkste Kraft im Königreich sind, gelten eigentlich traditionell als einer der LGBTI-freundlichsten Parteien in Großbritannien. In einer früheren Koalitionsregierung mit der konservativen Partei unter dem damaligen Premierminister David Cameron waren sie Triebfeder für die Ehe-Öffnung im Jahr 2013. Farron übernahm die Liberaldemokraten 2015 nach einer verheerenden Wahlniederlage, die die Partei fast vollständig aus dem Unterhaus gefegt hatte. Derzeit stellen die Liberalen nur neun von 650 Abgeordneten.
Die Wahlen in Großbritannien werden nach einem Beschluss des Unterhauses vom Mittwoch am 8. Juni stattfinden. Laut Meinungsumfragen können Theresa Mays Konservative mit 45 Prozent der Stimmen rechnen und hätten nach dem britischen Mehrheitswahlrecht voraussichtlich eine satte Mehrheit. Die Labourpartei liegt wegen internen Streitigkeiten und wegen eines schwachen Parteichefs derzeit bei nur 25 Prozent. (dk)
Update 16:45 Uhr: Farron hält jetzt Homosexualität doch nicht für eine Sünde
Bei einer Unterhaus-Debatte erklärte Farron am Mittwochnachmittag nun doch, er halte Homosexualität nicht für eine Sünde. Er antwortete direkt auf eine Frage des schwulen Abgeordneten Nigel Evans (Konservative), der vom liberalen Parteichef wissen wollte, ob "gay" zu sein eine Sünde sei. "Das glaube ich nicht", sagte Farron. Er sei stolz darauf, einer Partei anzugehören, die die Ehe für alle durchgesetzt habe. Zudem werde er sich auch in anderen Teilen der Welt gegen Homophobie engagieren, etwa in Tschetschenien.