Marine Le Pen und Emmanuel Macron gelten als Favoriten für den Einzug in die Stichwahl
Am Sonntag entscheidet sich die Zukunft der Grande Nation: Zum ersten Mal seit der Öffnung der Ehe wählen die Franzosen einen neuen Staatspräsidenten. Da in dem breiten Bewerberfeld kein Kandidat über 50 Prozent der Stimmen schaffen wird, werden sich die beiden Politiker mit den meisten Stimmen zwei Wochen später einer Stichwahl stellen.
Nach aktuellen Umfragen haben lediglich vier Kandidaten reelle Chancen, in die zweite Runde zu kommen – zwei von ihnen gelten als LGBTI-freundlich, die beiden anderen als das Gegenteil. Die besten Aussichten werden dem unabhängigen Kandidaten Emmanuel Macron und der Rechtsextremistin Marine Le Pen eingeräumt, die laut einer aktuellen Umfrage mit 24 bzw. 22 Prozent rechnen können.
Eher Außenseiterchancen haben dagegen der erzkonservative François Fillon von der Republikanischen Partei und der Linkssozialist Jean-Luc Mélenchon; letzterer hat allerdings in den letzten Wochen stetig an Zustimmung gewonnen. Beide liegen derzeit gleichauf bei je 19 Prozent. Dem Kandidaten der unpopulären Sozialisten des scheidenden Präsidenten François Hollande, Benoît Hamon, werden keine Chancen eingeräumt, ins Rennen einzugreifen.
Der Republikaner François Fillon hat jahrzehntelang gegen LGBTI-Rechte gekämpft
Der gemäßigt-liberale Favorit Emmanuel Macron gilt vielen als Hoffnungsträger. Der 39-Jährige ist der einzige pro-europäische Kandidat im Rennen und gilt generell als Unterstützer von LGBTI-Rechten – so ist er ein Anhänger der Ehe für alle und verspricht, dass Schwule, Lesben und Transsexuelle bei ihm immer ein offenes Ohr finden würden.
Der rasche Aufstieg des ehemaligen Investmentbankers und Wirtschaftsministers führte dazu, dass seine konservativen Gegner im Wahlkampf versucht haben, Macron durch Homo-Gerüchte zu schwächen (queer.de berichtete). Diese kontert er stets jovial und spricht sich gleichzeitig gegen Homophobie aus.
Der wendige Gründer der "En Marche"-Bewegung will es sich aber auch mit Homo-Hassern nicht verderben – so sagte er im Februar in einem Interview, es sei ein "grundlegender Fehler" der Hollande-Regierung gewesen, mit dem Gesetzentwurf zur Ehe für alle "Teile des Landes" zu ignorieren. "Dieses Frankreich" sei damit "gedemütigt" worden (queer.de berichtete).
Le Pen will Ehe für alle abschaffen
Ganz anders äußert sich Marine Le Pen: In ihrem Wahlprogramm hat die 48-Jährige die Abschaffung der Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben im Ehe-Recht versprochen. In der Vergangenheit hatte sich Le Pen mit negativen Äußerungen zu Homo-Rechten zwar eher zurückgehalten und lieber gegen andere Minderheiten, insbesondere Muslime, Stimmung gemacht. Andere Politiker ihrer Partei waren weniger zimperlich, darunter etwa ihre Nichte, die FN-Abgeordnete Marion Maréchal-Le Pen, die CSDs als "lächerlich" beschrieb und der französischen "Demo für alle" teilnahm.
Bei den Kandidaten mit weniger Chancen machen sich LGBTI-Aktivisten vor allem Sorgen um den Republikaner François Fillon. Der 63-jährige frühere Regierungschef hatte sein gesamtes politisches Leben damit verbracht, LGBTI-Rechte zu bekämpfen. So stimmte er in den Achtzigern gegen die Angleichung des Schutzalters für Homosexuelle und Ende der Neunziger gegen die Einführung von eingetragenen Partnerschaften, auch gehörte er während der Hollande-Regierung zu den erbittertsten Gegnern der Ehe für alle.
Der Linkspartei-Kandidat Jean-Luc Mélenchon ist dagegen ein glühender Unterstützer der Forderungen von LGBTI-Aktivisten: Er setzte sich wiederholt für Antidiskriminierungsgesetze, die Ehe für alle oder Transsexuellenrechte ein. Der stramme Sozialist bereitet aber so manchem wegen seiner antieuropäischen Haltung und seiner Bewunderung von Despoten wie Fidel Castro oder Hugo Chavez Sorgenfalten.
Noch ist völlig unklar, wie sich die mutmaßliche Terrorattacke am Donnerstagabend, bei der in Paris ein schwuler Polizist ums Leben kam, auf die Wahl auswirken wird. Viele Beobachter gehen davon aus, dass die Terrorangst Marine Le Pen stärken könnte – offenbar auch US-Präsident Donald Trump, der twitterte, dass der Anschlag einen "großen Effekt" auf die Wahl haben wird.
Die meisten Analysten und Wettbüros sehen dagegen Macron als Über-Favoriten. Le Pen, so heißt es, habe im zweiten Wahlgang keine Chance, weil die demokratisch orientierten Franzosen wie 2002 jeden wählen würden, um den Élysée-Palast nicht den Rechtsextremisten überlassen zu müssen (vor 15 Jahren gewann Jacques Chirac die Stichwahl mit 82 zu 18 Prozent gegen Le Pens Vater). Allerdings haben uns Analysten unlängst auch erzählt, dass Brexit und Donald Trump unmöglich gewinnen könnten.
Verteidigt eure Ehe für alle - ça marche!