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"Trump hat dem Fuchs den Hühnerstall anvertraut"
Sorge nach Trump-Dekret
Das Trump-Dekret zum Schutz von "Religionsfreiheit" ist für sexuelle Minderheiten nicht so verheerend wie zunächst befürchtet. Dennoch warnen LGBTI-Aktivisten vor einer schleichenden Entrechtung.

Donald Trump hat seinen erzkonservativen Justizminister beauftragt, die "Religionsfreiheit" zu sichern (Bild: Gage Skidmore / wikipedia)
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5. Mai 2017, 11:19h 4 Min.
LGBTI-Aktivisten zeigten sich besorgt, dass sich nach einem von Präsident Trump am Donnerstag unterzeichneten "Executive Order" zur "Religionsfreiheit" die Lage von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten in den USA verschlechtern könnte. Trump hatte anlässlich des "Nationalen Tages des Gebets" vor zahlreichen Religionsanführern ein Dekret unterzeichnet, das religiösen Gemeinschaften unter anderem erlaubt, sich politisch zu äußern und gleichzeitig Steuerfreiheit zu genießen.
Eine zuvor befürchtete "Lizenz zum Diskriminieren" von LGBTI war in dem Papier nicht enthalten. Ein im Februar an die Zeitung "The Nation" geleakter Entwurf hatte noch vorgesehen, dass künftig weitreichende Diskriminierung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und transgeschlechtlichen Personen erlaubt werden sollte, sofern diese religiös begründet wird (queer.de berichtete).
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Obwohl das Dekret verwässert wurde, erklärten LGBTI-Aktivisten, das Papier könne den Einstieg in den Abbau von Grundrechten bedeuten. So warnte die "Human Rights Campaign" (HRC), die größte LGBTI-Organisation des Landes, dass das Dekret unter anderem Justizminister Jeff Sessions damit beauftrage, die "Religionsfreiheit" in allen Bereichen der Bundesverwaltung durchzusetzen.
"Donald Trump hat dem Fuchs den Hühnerstall anvertraut", kommentierte HRC-Sprecherin Sarah Warbelow. Mit dem Erlass könne Sessions beispielsweise veranlassen, dass Krankenhäuser Schwulen und Lesben den Zugang zu ihren kranken Ehepartnern verweigern dürften oder dass es für die gleichgeschlechtlichen Ehepartner von Soldaten schwieriger werden würde, eine Witwen- oder Witwerrente zu beantragen.
Justizminister Sessions gilt als erbitterter Homo-Gegner und hat bereits als eine seiner ersten Amtshandlungen die Rechte von Transsexuellen geschwächt (queer.de berichtete).
/ sarahkateellis | LGBTI-Aktivisten Sarah Kate Ellis warnt: Das Trump-Dekret könne der erste Schritt hin zu einer "Lizenz zum Diskriminieren" seinToday's Executive Order stopped short of rampant discrimination but don't be fooled this begins a slippery slope of a #LicenseToDiscriminate
— Sarah Kate Ellis (@sarahkateellis) May 4, 2017
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Gleichzeitig zeigten sich Bürgerrechtler erleichtert, dass der Erlass nicht weitreichender formuliert wurde. Die Bürgerrechtsorganisation ACLU erklärte etwa, man sehe keine Veranlassung gegen dieses Dekret zu klagen, weil die Unterzeichnung nur ein "sorgfältig vorbereiteter Fototermin ohne echte Auswirkungen" gewesen sei. Sollten als Folge aber tatsächlich Minderheitenrechte eingeschränkt werden, sei man sofort bereit, die Gerichte anzurufen.
Konservative Aktivisten setzen Hoffnung in Justizminister
LGBTI-Gegner waren sich uneinig über die Folgen des Dekrets: Der ultrakonservative Fox-News-Kommentator Todd Starnes erklärte etwa, dass der Trump-Erlass zwar vordergründig keinen Bezug auf Homo- und Transsexuelle nehme, aber die Entwicklung wegen der Einbindung von Justizminister Jeff Sessions dennoch in die richtige Richtung gehe: "Fürchtet euch nicht, Freunde. Immerhin hat Präsident Trump das Justizministerium aufgefordert, Richtlinien zu entwickeln, um gläubige Menschen zu schützen." Starnes zeigte sich überzeugt, dass Sessions sicherstellen werde, "dass unsere Rechte geschützt werden".

Homo-Hasser setzen alle Hoffnungen auf Justizminister Jeff Sessions
Dagegen zeigte sich Bryan Fischer von der "American Family Association" enttäuscht. Der 66-Jährige hat bereits eine Schuldige gefunden: "Dieses leere und symbolische Dekret hat die Handschrift der ultraliberalen Präsidententochter Ivanka, die wahrscheinlich den Entwurf zum Dekret an ein liberales Schmierblatt (The Nation) geleakt hat, um genug Empörung bei der LGBT-Community zu erzeugen, damit das Baby bereits in der Wiege erwürgt werden kann. Das hat geklappt."
Auch Brian Brown von der "National Organization For Marriage" kritisierte den Präsidenten scharf: "Wir können diese Kapitulation bei so einem wichtigen Thema nicht akzeptieren und müssen zurückschlagen", polterte Brown.
LGBTI-Aktivisten besorgt über Mehrheit für "Trumpcare"
Unterdessen äußerten Aids- und LGBTI-Organisationen auch ihre Sorge über die von den Republikanern geplante Rückabwicklung der Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama. Das Repräsentantenhaus hatte am Donnerstag sehr knapp mit 217 zu 213 Stimmen den "American Health Care Act" beschlossen, mit dem laut unabhängigen Berechnungen die Zahl der unversicherten Amerikaner in den nächsten Jahren um über 20 Millionen steigt.

Die Human Rights Campaign rief daher den Senat auf, "Trumpcare" zu stoppen. "Donald Trump und seine Anhänger im Kongress haben sich dem Ziel genähert, Millionen von Menschen die Gesundheitsvorsorge zu entreißen. Das hätte besonders verheerende Auswirkungen auf Rentner mit niedrigen Einkommen, Frauen, Kinder, LGBT-Menschen und Menschen mit HIV", so HRC-Sprecher David Stacy.
Laut einer Studie des "Urban Insititute" habe "Obamacare" in den letzten Jahren die Rate der nicht krankenversicherten Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transpersonen von 28 Prozent auf elf Prozent gesenkt. Ziel des Gesetzes war die Vollversicherung aller in den USA lebenden Personen. Die Republikaner lehnten allerdings eine Pflichtversicherung ab und argumentieren, es liege im Bereich der Eigenverantwortung, sich zu versichern.















Dazu hab ich eine Verständnisfrage:
Inwiefern könnte das Beantragen einer solchen Rente für gleichgeschlechtliche Ehepartner schwieriger werden?
Von welchen Institutionen wird denn eine solche Rente gewährt: von privatwirtschaftlichen Organisationen (z.B. Versicherungen) - oder von der Armee, bzw. von (bundesstaats-übergreifenden) Regierungsinstitutionen?
Im letzteren Fall wäre es für mich nicht plausibel, wie eine Regierungsinstitution zwischen gleich- und verschiedengeschlechtlichen Ehepartnern diskriminieren könnte. Denn die gleichgeschlechtliche Ehe ist doch bundesweit legalisiert? Also: Ehe ist Ehe?
Vielleicht kann ja jemand hier im Forum meine Frage kompetent beantworten. @orchidella, z.B.?
Schon mal besten Dank dafür!