In ihrer Rede beim Auftaktsymposium in Berlin forderte die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth HIV-Therapien auch für Menschen ohne Papiere (Bild: mize)
"Kein Aids für alle!" – Unter diesem Motto hat die Deutsche Aids-Hilfe (DAH) am Freitag eine dreijährige Kampagne gestartet. Ziel: Ab dem Jahr 2020 soll in Deutschland niemand mehr an Aids erkranken müssen. Beim Auftaktsymposium in Berlin hielt die ehemalige Bundestagspräsidentin und Gesundheitsministerin Rita Süssmuth (CDU) eine mit stehenden Ovationen gefeierte Rede mit dem Titel "Das Ende von Aids ist machbar".
HIV muss nicht mehr zu Aids führen. Trotzdem erkranken zurzeit in Deutschland jährlich weit mehr als 1.000 Menschen an der Immunschwächekrankheit – die meisten, weil sie nichts von ihrer HIV-Infektion wissen. Nach Schätzungen leben rund 13.000 Menschen in Deutschland unwissentlich mit HIV. Andere Menschen haben keinen Zugang zu HIV-Medikamenten. Sie alle laufen Gefahr, an Aids zu erkranken.
"Mit HIV lange und gut leben"
"Dass Menschen eine potenziell tödliche Krankheit bekommen, die sich längst vermeiden lässt, dürfen wir nicht hinnehmen. Bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung kann man heute mit HIV lange und gut leben", erklärte DAH-Vorstandsmitglied Manuel Izdebski. "Mit vereinten Kräften möchten wir in Deutschland die Bedingungen schaffen, dass alle Menschen mit HIV frühzeitig von ihrer Infektion erfahren und eine Therapie erhalten. Die Medikamente verhindern dann auch die Weitergabe von HIV."
Rita Süssmuth: Versorgungslücken schließen
Rita Süssmuth, die als Bundesgesundheitsministerin den Beginn der HIV-/Aids-Epidemie erlebt und die erfolgreiche deutsche Präventionsstrategie auf den Weg gebracht hat, nannte das Ende von Aids ist ein "wichtiges historisches Ziel". "Ich glaube fest daran, dass es uns gelingen kann. Wir müssen unsere Anstrengungen dafür noch verstärken. Ausgrenzung müssen wir entschieden entgegentreten, Versorgungslücken schließen." In ihrer Rede forderte die frühere CDU-Politikerin konkret die Übernahme von Therapiekosten auch für Menschen ohne Papiere.
Die DAH folgt mit ihrer Kampagne den Entwicklungszielen der Vereinten Nationen, nach denen die Aids-Epidemie bis 2030 beendet werden soll. In Deutschland ist dieses Ziel früher erreichbar, weil die Voraussetzungen besonders gut sind: Die Zahl der HIV-Infektionen ist im internationalen Vergleich gering, HIV-Medikamente sind verfügbar und es gibt ein leistungsfähiges Gesundheitssystem.
Angst, Unwissenheit und Scham
Es sind vor allem drei Gründe, die Menschen vom HIV-Test abhalten: Zum einen haben viele Angst vor einem positiven Ergebnis, die Folgen schätzen sie dramatischer ein, als sie sind. Sie wissen nicht, dass man mit HIV heute ein weitgehend normales Leben führen kann. Und sie haben Angst vor Diskriminierung und Schuldzuweisungen.
Andere wiederum ziehen nicht in Betracht, dass sie HIV haben könnten, weil sie HIV mit bestimmten Lebensweisen oder Gruppen wie schwulen Männern verbinden. Gerade diese Menschen habe ein hohes Risiko zu erkranken, wenn sie sich infiziert haben.
Aber auch Ärztinnen und Ärzte haben HIV oft im entscheidenden Moment nicht auf dem Schirm. Einen HIV-Test anzubieten, fällt vielen schwer, weil damit das Thema Sexualität ins Spiel kommt.
Als erste Maßnahme will die Deutsche Aids-Hilfe ihre Testkampagnen intensivieren. So wird das Präventionsprojekt "Ich weiß was ich tu" (IWWIT) ab Ende Mai zahlreiche Aktionen auf CSD-Veranstaltungen sowie kostenlose Testangebote an vielen Orten durchführen. Schwulen und bisexuellen Männern empfiehlt die DAH, sich einmal jährlich testen zu lassen. (mize/pm)