Leo Varadkar könnte am Freitag den Parteivorsitz der Konservativen übernehmen – und sich dann zum Premierminister wählen lassen (Bild: William Murphy / flickr)
Der offen schwule Politiker Leo Varadkar wird mit großer Wahrscheinlichkeit in Kürze neuer Premierminister der Republik Irland. Der 38-jährige Arzt stellt sich derzeit einer Urwahl seiner konservativen Fine-Gael-Partei, nachdem der bisherige Vorsitzende und Premierminister Enda Kenny aus Altersgründen die Ämter zur Verfügung gestellt hat. Am Freitag soll das Ergebnis der Urwahl verkündet werden – der Sieger wird sich danach der Wahl zum Premierminister im irischen Parlament stellen und mit großer Wahrscheinlichkeit gewählt werden.
Neben Varadkar, der gegenwärtig Sozialminister in der Kenny-Regierung ist, hat sich auch Bauminister Simon Coveney um den Parteivorsitz beworben. Der populäre Varadkar gilt als haushoher Favorit. Er wäre nicht nur der erste schwule Regierungschef in Irland – ein Land, das Homosexualität bis 1993(!) unter Strafe stellte. Er wäre als Sohn eines indischen Vaters und einer irischen Mutter auch der erste Premier mit asiatischen Wurzeln.
Coming-out vor zwei Jahren
Varadkar hatte sich 2015 in einem Radiointerview als schwul geoutet – der damalige Gesundheitsminister war das erste offen homosexuelle Kabinettsmitglied einer irischen Regierung (queer.de berichtete). Damals sagte er auch, dass sein Land bereit sei für einen schwulen Premierminister. Das Coming-out kam mitten in der Debatte um die Ehe-Öffnung für Schwule und Lesben, die vier Monate später von den Iren in einem Referendum mit deutlicher Mehrheit beschlossen wurde (queer.de berichtete).
Mit dem Wechsel an der Spitze werden wenige politische Änderungen in Irland erwartet. Der derzeitige Premierminister Enda Kenny war 2011 mitten in der Finanzkrise, von der die Grüne Insel besonders betroffen war, ins Amt gekommen. Er verordnete dem Land einen rigorosen Sparkurs, der zwar als erfolgreich bewertet wird, für den er vergangenes Jahr von den Wählern aber abgestraft wurde. Er verlor seine absolute Mehrheit und steht seither einer Minderheitsregierung vor. Nach dem Wechsel an der Spitze der Regierung könnte der neue Premierminister Neuwahlen beantragen, ist dafür aber auf die Unterstützung von anderen Parteien angewiesen.
Derzeit ist der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel der einzige offen schwule Regierungschef weltweit. Der Ehemann von Bettel hatte am vergangenen Wochenende beim "Damenprogramm" des Nato-Gipfels bereits für Aufsehen gesorgt (queer.de berichtete). Varadkar kündigte gegenüber der Dubliner Zeitung "Independent" an, sein Partner Matt Barrett werde im Falle eines Wahlsieges keine traditionelle Rolle als "First Gentleman" übernehmen.
"Zunächst einmal sind wir nicht verheiratet. Wir gehen erst seit zwei Jahren miteinander aus", so Varadkar. Ihm gefalle auch die Tradition des "Damenprogramms" in der Politik nicht so gut. Dabei nannte er die deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel als Vorbild, deren Ehemann einen eigenen Job habe und sich nur selten an ihrer Seite sehen lasse. (dk)
Nur in Deutschland meint die Union es eher den Oststaaten nachzumachen und Konservatismus mit Rechtspopulusmus zu verwechseln.