Putin (hier im Gespräch mit Tschetscheniens Machthaber Ramsan Kadyrow) ließ sich rund zwei Jahre lang von Oliver Stone begleiten und interviewen – das in der nächste Woche Premiere feiernde Portrait soll Kritiken zufolge unkritisch bis peinlich ausgefallen sein (Bild: Kreml)
Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich in einem Interview mit dem amerikanischen Regisseur Oliver Stone extrem homofeindlich geäußert. Das zeigen vorab bekannt gewordene Passagen aus der vierteiligen Interviewreihe "The Putin Interviews", die der US-Sender Showtime in der nächsten Woche ausstrahlen will.
Wie "The Daily Beast" berichtet, sprach Stone bei einem von zahlreichen Treffen mit Putin über Schwule im Militär. Dabei habe Stone gefragt, ob es zu einem Problem führen könne, sollte der russische Präsident auf einem U-Boot mit einem Mann duschen, von dem er wisse, dass er schwul sei.
"Nun, ich bevorzuge, nicht mit ihm zu duschen", meinte Putin. "Warum ihn provozieren? Aber wie du weißt, bin ich ein Judo-Meister und auch ein Sambo-Meister." Weiter sagte der Präsident: "Als Staatsoberhaupt glaube ich, dass es meine Pflicht ist, traditionelle Werte und Familienwerte zu beschützen. Warum? Weil gleichgeschlechtliche Ehen keine Kinder produzieren. Gott hat das entschieden, und wir müssen uns um die Geburtenrate in unserem Land kümmern. Wir müssen Familien stärken."
Putin: "Keine Einschränkungen" von LGBTI-Rechten
Der Einsatz für "traditionelle" Familien bedeute aber nicht, "dass es Verfolgungen gegen jemanden geben sollte", so Putin weiter. Laut dem russischen Propragandakanal "Sputnik" sagte der Präsident noch, dass es in Russland trotz des Gesetzes gegen Homo-Propaganda "überhaupt keine Einschränkungen" bei Rechten von Schwulen und Lesben geben würde.
So fasste "Sputnik" am Mittwoch den vermeintlichen "Scherz" des Präsidenten zusammen – in manchen europäischen Ländern würde das inzwischen als Aufruf zu Gewalt und Volksverhetzung verstanden werden
Es ist unklar, wann das betreffende Gespräch Stones mit Putin stattfand – die Interviews für die Reihe wurden zwischen Juli 2015 und Februar 2017 geführt und damit noch bevor die Verschleppung, Folter und Tötung schwuler Männer durch Sicherheitskräfte in Tschetschenien öffentlich wurden. Inzwischen ermittelt zwar die föderale Staatsanwaltschaft; der Kreml und das Außenministerium hatten die Berichte über die Verfolgungswelle in der teilautonomen Republik aber größtenteils schroff dementiert, sich nicht für zuständig erklärt und homofeindliche Äußerungen der tschetschenischen Führung unkommentiert gelassen.
Auch sind die Rechte von LGBTI in Russland durchaus eingeschränkt: Mit Verweis auf das Gesetz gegen Homo-"Propaganda" (und vor dessen Erlass mit Verweis auf andere Gesetze) waren in den letzten Jahren etliche Demonstrationen von LGBTI vorab verboten worden. Wer teilnahm, musste mit gewaltsamer Festnahme rechnen – während Gewalt ausübende Gegendemonstranten oft unbehelligt blieben. Das Gesetz begründete auch konstantes Behördenvorgehen gegen das Support-Projekt "Kinder 404", andere LGBTI- und HIV-Organisationen mussten mit dem Gesetz gegen "internationale Agenten" kämpfen. Homo- und transfeindliche Gewalt führte selten zu Ermittlungen und noch seltener zu Verurteilungen.
Propaganda oder TV-Meilenstein?
Die von Showtime massiv beworbenen Stone-Interviews mit Putin sollen zwischen dem 12. und 15. Juni ausgestrahlt werden, sie sind eingebettet in teils exklusive Bilder aus dem Alltag des Präsidenten und Clips aus Nachrichtensendungen. Ersten Kritiken zufolge lasse Stone dabei eine Distanz zu Putin vermissen.
In der Interview-Reihe äußere sich Putin demnach auch ohne größere kritische Nachfragen zur Nato, zur Ukraine, zu Snowden oder zu anderen brisanten Themen. Auf die Frage, ob er je einen schlechten Tag habe, antwortete Putin zudem frauenfeindlich: "Ich bin keine Frau und habe daher keine schlechten Tage." (nb)