Hauptmenü Accesskey 1 Hauptinhalt 2 Footer 3 Suche 4 Impressum 8 Kontakt 9 Startseite 0
Neu Presse TV-Tipps Termine
© Queer Communications GmbH
https://queer.de/?28995

Test an Männern aus Utah

Studie: Homophobe Heteros empfinden keine "Gay Panic"

Laut einer kanadischen Studie reagieren Homo-Hasser auf schwule Küsse nicht anders als tolerante Männer.


Schwule Küsse sind in Film und TV-Produktionen – wie hier in der britischen Scifi-Serie "Torchwood" – noch immer selten (Bild: BBC)
  • 7. Juni 2017, 16:17h 4 3 Min.

Seit Jahrzehnten haben homophobe Schläger Übergriffe auf Schwule in den USA mit "Gay Panic" vor Gericht gerechtfertigt, also damit, dass sie als extrem heterosexuelle Männer mit einer "natürlichen" Ablehnungsreaktion auf Homosexuelle reagieren würden und daher nicht für ihre Taten verantwortlich seien – und teilweise sogar mit Erfolg. Eine kürzlich im Fachmagazin "Psychology & Sexuality" veröffentlichte Studie kommt aber zu dem Ergebnis, dass es bei homophoben Männern keine "Gay Panic" als biologische Reaktion gibt.

Hauptautorin ist die Psychologin Karen Blair von der katholischen St. Francis Xavier University in der kanadischen Provinz Neuschottland. Sie und ihre Kollegen hatten für ihre Studie insgesamt 120 Männer aus dem US-Staat Utah getestet. Den Probanden wurde eine Diashow mit Aufnahmen von küssenden Paaren, sowohl gleich- als auch verschiedengeschlechtlich, gezeigt. Dazwischen gab es neutrale Bilder wie Papierklammern oder abstoßende Bilder, beispielsweise von Maden oder verdorbenem Essen. Zwischendurch wurden Speichelproben der Männer genommen. Die Forscher testeten daraufhin die Speichelproben auf Alpha-Amylase, ein Verdaunngsenzym, das mit Stress in Verbindung gebracht wird. Außerdem wurde in Fragebögen der Grad an Homophobie sowie anderen Vorurteilen wie Islamophobie oder Rassismus gemessen.

Das Ergebnis: Beim Betrachten der Kussbilder konnten keine Unterschiede zwischen Männern, die Schwule akzeptieren und solchen, die homophob sind, festgestellt werden. Homophobe Männer reagieren damit nicht anders auf schwule Zärtlichkeiten als tolerante Männer. Damit könne nicht begründet werden, dass manche Männer geradezu nicht anders könnten als Schwule zu attackieren.

Studie zeigt anerzogene Homophobie

Die Forscher zeigten sich zugleich überrascht und besorgt, dass sie bei allen Männern insgesamt erhöhte Stresslevel beim Betrachten von gleichgeschlechtlichen Küssen maßen. Dieser Stress lag in etwa gleich hoch wie beim Betrachten von verdorbenem Essen. In der Studie wird dies mit der Sozialisation begründet – immerhin stand in Utah bis 2003 auf Homosexualität eine Haftstrafe von sechs Monaten. "Wir haben Generationen in dem Glauben großgezogen, dass Homosexualität falsch und abstoßend ist. Das ist internalisierte [verinnerlichte] Homophobie, die auch bei Schwulen gemessen werden kann", so Blair.

Die Forscher betonen, dass weitere Untersuchungen nötig seien. Immerhin hätten sie nur um eine kleine Gruppe aus einem bestimmten Milieu befragt. So seien fast zwei Drittel der Männer Mormonen gewesen, gehörten also einer Religion an, die Schwulen und Lesben extrem feindlich gesinnt ist.

Mörder von Matthew Shepard nutzten "Gay Panic"-Verteidigung

Die sogenannte "Gay Panic"-Verteidigung war bei Gerichtsverfahren insbesondere in den USA jahrzehntelang populär. Der bekannteste Versuch einer derartigen Strategie wurde nach dem Mord am schwulen Studenten Matthew Shepard im Jahr 1998 unternommen. Die Täter wurden allerdings dennoch zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt.

Anderswo war die Strategie aber erfolgreich: So wurde 2009 in Chicago ein heterosexueller Mann freigesprochen, der einen Schwulen mit 61 Dolchstichen getötet hatte (queer.de berichtete). Zwei Jahre später wurde er zwar in einem Zivilverfahren zur Zahlung von 600.000 Dollar an die Angehörigen des Opfers verurteilt, gilt aber strafrechtlich nach wie vor als unschuldig.

In den USA hat bislang lediglich der US-Bundesstaat Kalifornien eine derartige Verteidigung verboten (queer.de berichtete). Die American Bar Association, der größte juristische Verband der USA, hat allerdings empfohlen, dass andere Staaten ebenfalls die "Gay Panic"-Verteidigung untersagen sollten. In den letzten Jahren tauchte auch immer wieder eine "Trans Panic"-Strategie in US-Verfahren auf.

"Gay Panic" ist kein rein amerikanisches Problem: 2009 sprach etwa ein Gericht in Spanien einen heterosexuellen Mann frei, der dutzende Male auf zwei Schwule eingestochen und beide umgebracht hatte (queer.de berichtete). (dk)

#1 Homonklin44Profil
  • 07.06.2017, 17:22hTauroa Point
  • Es zeigt sich immer wieder neu, wie viele Verhaltensweisen anerzogen werden, oder einer beibehaltenen Tradition entstammen.

    Aufklärung über wirkliche Ursachen von Homophobie bleibt aktuell und notwendig.
    Wider dem Irrglauben und als Falschfakten vermarkteten Überzeugungen. Die lange nicht nur in den religioten Umfeldern verbreitet sind.
  • Direktlink »
#2 ursusEhemaliges Profil
  • 08.06.2017, 15:50h
  • "Die Forscher zeigten sich zugleich überrascht und besorgt, dass sie bei allen Männern insgesamt erhöhte Stresslevel beim Betrachten von gleichgeschlechtlichen Küssen maßen. Dieser Stress lag in etwa gleich hoch wie beim Betrachten von verdorbenem Essen."

    dann ist das ergebnis der studie (wenn man die komische grundannahme akzeptiert, dass man gefühle im speichel messen kann) doch aber eher, dass ALLE männer "gay panic" oder zumindest starken ekel empfinden. für mich ist das wirklich kein grund zur entwarnung.
  • Direktlink »
#3 alexAnonym
  • 11.06.2017, 13:15h
  • Antwort auf #2 von ursus
  • Man misst keine "komischen Gefühle" im Speichel, sondern den Stresslevel der jeweiligen Person, der eben bei als eklig empfundenen Bildern steigt.

    Dass alle getesteten Männer mit erhöhtem Stress reagieren, kann man als negativ betrachten, man kann allerdings auch feststellen, dass es Menschen gibt, die immerhin trotz persönlich anderer Empfindungen erwachsen genug sind, tolerant zu sein.
  • Direktlink »

Kommentieren nicht mehr möglich
nach oben
Debatte bei Facebook

Newsletter
  • Unsere Newsletter halten Dich täglich oder wöchentlich über die Nachrichten aus der queeren Welt auf dem Laufenden.
    Email: