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Gedenken
Der Tag, der die LGBTI-Community veränderte
Am Montag jährt sich der Anschlag auf den Club "Pulse" in Orlando, der erstmals einen queeren Schutzraum traf. Weltweit wird an die 49 Opfer erinnert.
- 10. Juni 2017, 13:03h 3 Min.
Das Massaker in den frühen Morgenstunden des 12. Juni 2016 war ein Schock für alle friedliebenden Menschen, doch die LGBTI-Community traf es besonders. In Orlandos queerem Club "Pulse" erschoss der islamistisch motivierte Attentäter Omar Mateen 49 Menschen, die meisten puerto-ricanischer Herkunft. Er verletzte über 50 weitere und nahm Geiseln, bevor er nach drei Stunden selbst von Polizisten getötet wurde (queer.de berichtete).
Bis heute sorgt der Anschlag bei LGBTI weltweit für Verunsicherung, denn zum ersten Mal wurde, offensichtlich gezielt, einer unserer Schutzräume angegriffen. Ein Ort, an dem wir frei von Diskriminierung und Vorurteilen lachen, feiern und flirten können sollen. Ein Ort, an dem wir uns bislang sicher fühlten.
Deutsche Politiker sorgten im Juni 2016 mit dafür, dass sich queere Menschen von Aachen bis Zwickau alleingelassen fühlten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte den Anschlag zwar, ging aber zunächst mit keinem einzigen Wort auf den homophoben Hintergrund der Tat ein (queer.de berichtete). Und selbst Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) musste regelrecht angebettelt werden, das Brandenburger Tor in Regenbogenfarben zu erleuchten (queer.de berichtete).
Solidarität siegt über den Hass
In der ersten Stellungnahme zum Jahrestag, die uns aus Deutschland erreicht hat, hebt der hessische Landtagsabgeordnete Kai Klose (Grüne) die positiven Reaktionen auf den furchtbaren Anschlag hervor: "Das Attentat war ein Angriff auf die offene und bunte Gesellschaft, in der wir leben", heißt es in seiner Pressemitteilung vom Samstag. "Die Welt hat auf dieses Hassverbrechen aber nicht mit Hass geantwortet, sondern in großer Solidarität die Werte der Freiheit, der Vielfalt und der Gleichberechtigung verteidigt."
In der Tat verurteilte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im Zusammenhang mit dem "Pulse"-Massaker zum ersten Mal überhaupt, dass Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung angegriffen wurden (queer.de berichtete). An der staatlichen Verfolgung von LGBTI in vielen Ländern der Welt hat dies freilich nichts geändert. Die internationale Organisation OutRight stellte das Orlando-Attentat deshalb in ihrer Erklärung zum Jahrestag bewusst in einen Zusammenhang mit den Verschleppungen in Tschetschenien und der jüngsten Verhaftungswelle in Indonesien.
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Während der Filmemacher Michael Korte am Freitag ein bewegendes Musical-Tribut an die Orlando-Opfer veröffentlichte, wird das Zentrum des Gedenkens am Montag natürlich Orlando sein. Die Stadt hat den 12. Juni zum "Orlando United Day: A Day of Love and Kindness" ausgerufen. Bei mehreren Veranstaltungen soll an die ermordeten Menschen erinnert werden, eine davon findet im "Pulse" statt, das seit dem Attentat leersteht. Der Club soll bis 2020 zu einem Museum und einer Gedenkstätte umgebaut werden (queer.de berichtete).
Zu den weltweiten Gedenkaktionen gehört das Projekt "49 Bells", das Kirchen dazu aufruft, zur Erinnerung an die 49 Opfer am Montag um 12 Uhr mittags 49 Mal die Glocken zu läuten. Es wäre ein starkes Zeichen, wenn sich auch Gemeinden in Deutschland daran beteiligen würden. (mize)
Nachtrag: In Berlin sollen am Montag Bilder aller 49 Getöteten ein öffentliches Gedenken entlang der Motzstraße ermöglichen, von 18 bis 21 Uhr. Um 19.30 Uhr werden ihre Namen am Nollendorfplatz verlesen.
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» 49 Menschen, die wir nicht vergessen werden (15.06.2016)

















Es gab bereits 1973 einen Anschlag auf eine Schwulenbar mit 32 Toten und 15 Verletzten.
en.wikipedia.org/wiki/UpStairs_Lounge_arson_attack