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Keine Mitarbeiter im Büro
Sachsen-Anhalt: Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie auf Eis
LGBTI-Aktivisten werfen dem CDU-geführten Gleichstellungsministerium einen Boykott des verabschiedeten Maßnahmenpakets vor.

Enttäuschte die queere Community: Anne-Marie Keding (CDU) ist seit 25. April 2016 Ministerin für Justiz und Gleichstellung in Sachsen-Anhalt (Bild: Martin Rulsch, Wikimedia Commons / wikipedia)
- 16. Juni 2017, 09:57h 3 Min.
Ist der "Landesaktionsplan für Akzeptanz von Lesben und Schwule, Bisexuellen, Trans- und Intersexuellen und gegen Homo- und Transphobie in Sachsen-Anhalt" in Gefahr? Vereine und Verbände sehen die Realisierung des Maßnahmenpakets massiv gefährdet. Nach Ansicht des Journalistenbüros kevennau.press wird die Umsetzung von Seiten des zuständigen Ministeriums für Justiz und Gleichstellung boykottiert. Das Haus wird seit 2016 von der CDU-Politikerin Anne-Marie Keding geleitet.
Nach Aussage von kevennau.press sind alle Mitarbeiter im LSBTTI-Referat seit Monaten krankgeschrieben, eine Referentin habe ihren Posten sogar hingeschmissen. "Weshalb kündigt eine Ministeriumsmitarbeiterin, die das Programm im Auftrag des Landes maßgeblich recherchiert und geschrieben hat, einfach so ihren Job?", fragt das Journalistenbüro. "Wurde ihr die Umsetzung von der Hausleitung untersagt oder wurden ihr so viele Steine in den Weg gelegt, dass sie nun resigniert?"
Das Ministerium ist für LGBTI-Verbände nicht zu erreichen
Seitens des Ministeriums wird die Kündigung bestätigt: "Eine Ausschreibung ist noch nicht erfolgt, da zunächst eine hausinterne Lösung gefunden werden soll", teilte Ministeriumssprecher Detlef Thiel auf Anfrage mit. Zur gesamten Personalsituation im LSBTTI-Referat meinte Thiel: "Es ist personaltechnisch abgesichert, dass das von Ihnen angesprochene Referat so weit wie möglich seine Aufgaben erfüllen kann."
Der Lesben- und Schwulenpolitische Runde Tisch Sachsen-Anhalt (LSpRT), der maßgeblich am Entwurf des Aktionsplans mitgearbeitet hat, widerspricht: "Die Sichtweise des Ministeriums können wir nicht teilen. Das Referat ist nicht arbeitsfähig", erklärte Vorstandsmitglied Sven Warminsky. "Die Vereine berichteten uns, das Mails nicht beantwortet wurden und auch keiner an das Telefon geht."
Der LSpRT vermutet, dass die Umsetzung des Aktionsprogramms durch die Hausspitze verhindert werden soll. Nach Auskunft von Vorstandsmitglied Elke Prinz gab es im früheren SPD-geführten Ministerium eine ehrenamtliche Arbeitsgruppe, die das Haus bei der Umsetzung des Aktionsplanes beriet. Unter CDU-Ministerin Keding habe es jedoch keine Treffen mehr gegeben.
Nur der Medienkoffer scheint gesichert
Rund 70 Maßnahmen sind im Aktionsprogramm verankert, doch offensichtlich wird nur eine einzige umgesetzt: "Für 2017 und 2018 ist die Bereitstellung eines Medienkoffers geplant, der Literatur für Kitas und Grundschulen enthält", erklärte Ministeriumssprecher Thiel. "Im Kontext der Bewirtschaftungsbeschränkungen bedarf es einer Prioritätensetzung."
Hinter den "Bewirtschaftungsbeschränkungen" verbergen sich pauschale Kürzungen, die das Verhältnis der LGBTI-Projekte zur Landesregierung weiter belasten. Im Haushalt waren eigentlich 88.000 Euro für die Umsetzung des Aktionsprogramms eingeplant, zehn Prozent (14.840 Euro) wurden jedoch vom Finanzministerium gesperrt. Für die Unterstützung der Beratungs- und Präventionsarbeit der LGBTI-Vereine waren nach Angaben von Sven Warminsky 50.000 Euro vorgesehen: "Dieses Geld reicht schon lange nicht mehr für eine qualitative und quantitative Arbeit der Vereine. Wenn jetzt dort weitere zehn Prozent eingekürzt werden, ist dies der Todesstoß für einige Projekte."
Im Interview mit queer.de hatte sich CDU-Ministerin Anne-Marie Keding, die auch Schirmfrau der Hirschfeld-Tage war, im vergangenen Jahr ausdrücklich zum Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie bekannt: "Wichtige Themen, die uns im kommenden Jahr begleiten werden, sind Maßnahmen in den Bereichen Bildung/Aufklärung und öffentlicher Dialog. Fortbildungen werden hier klar im Fokus stehen." (cw)















Denn sowas kann ja kein Ministerium und keine Person alleine, wenn sie nicht die (Landes-)Regierung hinter sich weiß und diese die Mehrheiten sichern...
Jetzt müssen SPD und Grüne zeigen, ob sie es wirklich ernst meinen oder ob sie auch in Sachsen-Anhalt im Zweifel lieber umfallen...