Der nordrhein-westfälische CDU-Chef Armin Laschet löst Hannelore Kraft ab, die sieben Jahre lang regiert hatte (Bild: CDU NRW)
Die neue nordrhein-westfälische Regierungskoalition aus CDU und FDP hat am Freitag ihren 121-seitigen Koalitionsvertrag (PDF) vorgestellt, in dem auch LGBTI-Rechte erwähnt werden. In dem Papier bekennen sich die beiden Parteien zur "Gleichberechtigung" von Lesben, Schwulen und Bisexuellen.
In einem eigenen Kapitel widmet sich der bis 2022 gültige Vertrag dem Thema "Vielfalt statt Diskriminierung". Dieser wird eingeleitet mit dem Satz: "Wir zeigen null Toleranz gegenüber denjenigen, die Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität diskriminieren."
Die neue Regierung verspricht, eine "Allianz für Vielfalt und Chancengerechtigkeit" zu gründen, die insbesondere kleine und mittlere Unternehmen dabei unterstützen soll, beim Personal auf Vielfalt zu setzen und keine Minderheiten zu diskriminieren ("Diversity Management"). Daher solle das "heutige Beauftragtenwesen innerhalb der Landesregierung zu einem ganzheitlichen Diversity-Management zusammengeführt" werden. Die Landesregierung wolle eine "Vorbild- und Vorreiterfunktion" einnehmen.
Die designierte Landesregierung bekennt sich weiter dazu, Projekte zu fördern, "die aktiv gegen Diskriminierung jeder Art vorgehen". Konkret nennt der Koalitionsvertrag die Aufarbeitung der strafrechtlichen Verfolgung nach Paragraf 175. CDU und FDP wollen "Aufklärungs- und Toleranzprojekte in den Schulen und der Jugendarbeit" unterstützen und auch gegen Gewalt gegen sexuelle und geschlechtliche Minderheiten vorgehen: Der Landesaktionsplan "Gewalt gegen Mädchen und Frauen" soll fortgeführt und ein "Landesaktionsplan 'Gewalt gegen Jungen, Männer und LSBTTI' entwickelt" werden.
In dem Papier wird auch festgehalten, dass der "Zugang zur Reproduktionsmedizin für alle Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch" erleichtert werden soll. Details werden allerdings nicht genannt.
NRW will für Trans-Rechte kämpfen, aber nicht für die Ehe für alle
Auf Bundesebene will Schwarz-Gelb laut dem Koalitionsvertrag mit einer Bundesratsinitiative die "Neufassung des weitgehend verfassungswidrigen Transsexuellengesetzes" erreichen. Insbesondere Namens- und Personenstandsänderungen müssten erleichtert werden.
Obgleich sich die Landesregierung zur "Gleichberechtigung" bekennt, wird allerdings beispielsweise das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben im Koalitionsvertrag nicht erwähnt – die Ehe für alle ist durch den Bundesrat auch ein Thema für die Länder. Das ist nicht überraschend: Immerhin hatte der künftige Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) im Wahlkampf klargestellt, dass er sich gegen die Gleichbehandlung im Ehe-Recht ausspreche, und sogar von einem versteckten Ehe-Verbot für Schwule und Lesben im Grundgesetz gesprochen (queer.de berichtete). Damit unterscheidet sich der Koalitionsvertrag von der Vereinbarung von CDU, FDP und Grünen in Schleswig-Holstein: Dort bekannten sich die Partner zur Ehe für alle (queer.de berichtete).
Im NRW-Koalitionsvertrag nicht direkt erwähnt wird auch der Aktionsplan für Gleichstellung und Akzeptanz, den Rot-Grün 2012 eingeführt hatte (queer.de berichtete). Auch die von SPD, Grünen und Linken geforderte Aufnahme des LGBTI-Diskriminierungsschutzes in der Landesverfassung ist nicht Teil der Vereinbarung.
Die FDP-Organisation Liberale Schwulen und Lesben (LiSL) begrüßte den Koalitionsvertrag: "Die FDP in NRW hat erfolgreich Inhalte für Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle in den Koalitionsvertrag verhandelt. Dabei geht es nicht nur darum, Erreichtes zu erhalten, sondern auch neue Initiativen für Gleichstellung und Akzeptanz zu ergreifen. Mit dem Ergebnis konnte die FDP ihre landespolitischen Wahlaussagen sogar übertreffen", so LiSL-Chef Michael Kauch.
Ende der rot-grünen "Kümmererpolitik"
Bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags betonten Armin Laschet und FDP-Chef Christian Lindner, man wolle die derzeitige "Aufbruchsstimmung" im Land nutzen, um eine wirtschaftliche "Aufholjagd" zu starten. Insbesondere bei der Umweltpolitik seien Einschnitte geplant, um die Wirtschaft zu stärken. "Wir wollen die Menschen wieder machen lassen", erklärte Lindner und kündigte ein Ende der rot-grünen "Kümmererpolitik" an.
Der Vertrag muss noch von den beiden beteiligten Parteien abgesegnet werden – bei der FDP findet eine Mitgliederbefragung statt, die CDU will das Papier bei einem Landesparteitag beschließen. Laschet soll augenblicklichen Planungen zufolge am 27. Juni in geheimer Abstimmung zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Seine Regierungskoalition verfügt allerdings nur über eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme. (dk)