Pell ist der ranghöchste Vatikanmitarbeiter, gegen den je wegen Missbrauchsvorwürfen ermittelt wurde. Er beteuert seine Unschuld.
Der dritthöchste Mann in der Vatikan-Hierarchie, der australische Kurienkardinal George Pell, hat am Mittwochmorgen seine Ämter vorübergehend niedergelegt, um sich in seiner Heimat einem Gerichtsprozess wegen sexuellen Missbrauchs zu stellen.
Der 76-Jährige, der von 2001 bis 2014 Erzbischof von Sydney und zuvor ab 1987 Bischof und später Erzbischof in Melbourne war, war am Dienstag wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern in mehreren Fällen angeklagt worden, in einem Fall laute die Anklage auf Vergewaltigung. Die Polizei des Bundesstaats Victoria teilte auf einer Pressekonferenz mit, dass der Kardinal am 18. Juli zur Verlesung der Anklageschrift vorgeladen sei. Details zu den Anschuldigungen nannte sie nicht.
Pell sagte gegenüber Medien, er werde sich der Justiz in Australien stellen, um dort die Vorwürfe vor Gericht ausräumen zu können. Eine Mitteilung des Vatikans gibt an, der Papst habe Pell auf dessen Bitten hin eine Auszeit gewährt. Papst Franziskus hatte ihn Anfang 2014 zum Leiter der neu geschaffenen Aufsichtsbehörde für die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Vatikans ernannt.
Dem Bischof wurde schon mehrfach der Missbrauch von Jungen vorgeworfen. 2002 untersuchte die Kirche einen Fall noch selbst, wonach Pell als Seminarist 1961 einen Zwölfjährigen missbraucht haben soll – beide Seiten fühlten sich danach bestätigt. In den letzten Jahren berichteten Medien, die Polizei ermittle zum Missbrauch von bis zu zehn Minderjährigen zwischen 1978 und 2001, später wurden weitere Vorwürfe öffentlich. Im Oktober 2016 verhörten Ermittler den Kardinal im Vatikan. Er streitet alle Vorwürfe ab.
Kämpfer gehen die moderne Welt
Pell galt als erzkonservativer Gegner von Abtreibung, Scheidung und LGBTI-Rechten. Bereits 1990 sagte er zur Homosexualität: "Wir wissen, dass sie existiert. Wir glauben, dass eine solche Aktivität falsch ist und zum Wohle der Gesellschaft nicht ermutigt werden sollte." In einer Messe weigerte er sich 2002, schwulen und lesbischen Gläubigen, die mit Regenbogenschleifen zum Gottesdienst erschienen waren, die Kommunion zu erteilen: "Gott hat Adam und Eva erschaffen und nicht Adam und Steve", sagte er in der Messe. Homosexuelle Aktivitäten seien gegen das Naturrecht.
Vor seinen Wechsel nach Rom galt Pell als einer der größten Bekämpfer einer rechtlichen Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren in Australien. Die Ehe gehöre nicht dem Staat, sondern sei eine "Erfindung der Natur". Es sei ein "schweres Unrecht", wenn Kinder "einem Vater und einer Mutter entzogen" würden. Das Recht auf Ehe sei ein Menschenrecht, das aber beschränkt sei auf eine Verbindung aus Mann und Frau, die Kinder hervorbringe.
Zum Kampf gegen Aids empfahl Pell Enthaltung sowie Monogamie in der Ehe. "Kondome befördern Promiskuität. Sie ermutigen Unverantwortlichkeit."
wer am meisten hetzt, will nur von sich selbst ablenken...