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Staatliche Homophobie
China ordnet Zensur von Homosexualität im Internet an
Die kommunistische Regierung des Landes verbietet die Darstellung von gleichgeschlechtlicher Liebe in Online-Videos.

Die chinesische Serie "Abhängig", die von der Liebe zweier junger Männer handelt, ist für Chinesen tabu
- 3. Juli 2017, 11:02h 2 Min.
China hat am Freitag angeordnet, dass alle der in der Volksrepublik zugänglichen Online-Videos keine "abnormalen" sexuellen Aktivitäten mehr behandeln dürfen, was auch jegliche Darstellung von Homosexualität oder gleichgeschlechtlichen Beziehungen beinhaltet. Das berichtet die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. Als "abnormal" gelten neben Homosexualität auch Inzest und sexuelle Gewalt.
Das Verbot ist Teil von strengen Auflagen bei audiovisuellem Online-Material, die vom staatlich kontrollierten Verband der Internetindustrie (CNSA) erlassen wurden. Nach Xinhua-Angaben müssten alle Videos "politische und ästhetische Standards" erfüllen. Chinesische Firmen werden zudem aufgefordert, "sozialistische Werte und die chinesische Kultur zu fördern".
Die Bestimmungen enthalten eine lange Liste von verbotenen Themen. Dazu gehöre alles, was dem "nationalen Interesse" schade, "revolutionäre Anführer" kritisiere, "religiösen Extremismus" fördere oder pornografisch sei. Auch die positive Darstellung von Gewalt, Mord, Glücksspiel, Drogen oder "Aberglaube" wie Reinkarnation sei untersagt. Zudem dürfe nichts gezeigt werden, was zur "leichtsinnigen und blinden Verehrung" von Prominenten verführe.
"Mindestens drei Profi-Zensoren" pro Video notwendig
Um die umfassende Überwachung zu erreichen, müssten Video-Platformen in China jedes Video vor der Veröffentlichung von "mindestens drei Profi-Zensoren" bewerten lassen. Diese müssten laut den Vorschriften alle Videos von der ersten bis zur letzten Sekunde betrachten, bevor sie entscheiden könnten, ob die Videos ungekürzt online gehen dürften.
Li Yinhe, einer der bekanntesten Sexualwissenschaftlerinnen der Volksrepublik, kritisierte nach Angaben der britischen Zeitung "Independent" die neuen Vorschriften scharf. Diese verletzten das Recht von sexuellen Minderheiten, "ihre sexuelle Präferenz zum Ausdruck zu bringen", erklärte die 65-Jährige.
China bekämpft bereits seit längerem die Darstellung von Homosexualität im öffentlichen Leben. Im vergangenen Jahr war etwa die Darstellung von homosexuellen Beziehungen in fiktionalen Fernsehserien untersagt worden (queer.de berichtete). Auch bei diesem Verbot wurde Homosexualität vom verantwortlichen Industrieverband in eine Reihe mit Inzest und sexueller Gewalt gestellt.
Die gleichgeschlechtliche Liebe gilt trotz mancher Liberalisierungstendenzen in den letzten Jahrzehnten in China noch immer als Tabu. Analverkehr zwischen Männern wurde zwar 1997 legalisiert, 2001 wurde Homosexualität außerdem von der Liste der Geisteskrankheiten gestrichen. Allerdings trauen sich die meisten Schwulen und Lesben nicht, sich zu outen. Laut einer Studie der Universität Peking halten mehr als 85 Prozent der Homosexuellen ihre sexuelle Orientierung vor ihren eigenen Familien geheim. Mehr als die Hälfte derjenigen, die sich geoutet haben, berichten von Diskriminierungen als Folge des Coming-outs. (dk)














