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Kindeswohl hat Vorrang

Tschechien: Höchstgericht stärkt Rechte von Regenbogen­familien

Ein schwules Paar muss als Eltern eines Kindes anerkannt werden, das eine Leihmutter in Amerika auf die Welt gebracht hat.


Die Richter monierten, dass Kinder in Regenbogen­familien gegenüber anderen Kindern rechtlich benachteiligt werden würden (Bild: Eduardo Merille / flickr)

  • 24. Juli 2017, 15:35h 8 3 Min.

Der Verfassungsgerichtshof der Tschechischen Republik hat am Montag zugunsten einer Regenbogenfamilie entschieden: Zwei in den USA verheiratete Männer müssen nach Ansicht der Richter gemeinsam als Elternteile eines Kindes anerkannt werden, das in Kalifornien von einer Leihmutter auf die Welt gebracht worden war. Die Brünner Richter argumentierten, dass es dem Wohl des Kindes diene, wenn es rechtliche Sicherheit habe. Dies sei höher zu bewerten als das Adoptionsverbot für Homo-Paare.

Die beiden Männer – einer von ihnen ist amerikanischer und tschechischer Doppelstaatsbürger, der andere Däne – wohnen hauptsächlich in den USA, residieren aber zeitweise auch in Tschechien. Dort wurde bislang nur die Elternschaft eines der Männer, des tschechischen Staatsbürgers, anerkannt – mit der Begründung, dass es keine rechtliche Grundlage für eine gemeinsame Anerkennung gebe. Die Kläger argumentierten, dass dies in Extremfällen zu Problemen und Benachteiligungen für das Kind führen könne – etwa im Krankheitsfall, wenn Ärzte nur anerkannten Eltern Informationen geben dürfen, aber auch beim Erbschaftsrecht.


Das Verfassungsgericht mit Sitz in Brünn hat erklärt, dass Kinder in Regenbogenfamilien nicht benachteiligt werden dürfen (Bild: Kirk / wikipedia)

Richterin Kateřina Šimáčková betonte laut tschechischen Medienberichten, dass diese Entscheidung nicht unbedingt auf andere homosexuelle Paare mit Kindern übertragen werden könne. Man habe nur in einem speziellen Fall entschieden, ob ausländisches Recht anerkannt werden müsse – in diesem Fall also die Rechtsprechung Kaliforniens.

Anwalt der Kläger: An Interesse der Kinder denken

Petr Kalla, der Anwalt des Paares, begrüßte die Entscheidung und forderte den Gesetzgeber auf, endlich zu handeln: "Es gibt diese Kinder und ich denke, dass der Verfassungsgerichtshof gezeigt hat, dass es nötig ist, Regeln im besten Interesse für sie zu schaffen."

Bereits im vergangenen Jahr hatte das Brünner Höchstgericht das Adoptionsverbot für Einzelpersonen, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, gekippt (queer.de berichtete). Das entsprechende Gesetz habe Homosexuelle zu "Menschen zweiter Klasse" gemacht, so die Richter in ihrer Entscheidung.

Leihmutterschaften sind immer wieder ein rechtliches Problem in Europa, da viele Länder – darunter auch Deutschland – diese Praxis verbieten. Dennoch werden ausländische Leihmutterschaften teilweise anerkannt: So hat das Oberverwaltungsgericht in Münster vergangenes Jahr entschieden, dass ein von einer indischen Leihmutter ausgetragenes Kind eines schwulen Mannes einen deutschen Pass erhalten muss (queer.de berichtete). Allerdings hat der Europäische Menschenrechtsgerichtshof Anfang des Jahres dem Staat Italien Recht gegeben und entschieden, dass einem Paar ein Kind, das in einer Leihmutterschaft geboren worden war, wieder weggenommen werden darf (queer.de berichtete).

Die Tschechische Republik hatte 2006 als erstes Land des ehemaligen Ostblocks eingetragene Partnerschaften für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt (queer.de berichtete). Seither gibt es bei LGBTI-Rechten aber wenig politische Bewegung. (dk)

-w-

#1 Homo EheAnonym
#2 TimonAnonym
  • 24.07.2017, 19:28h
  • Sehr gut. Eine Entscheidung der Vernunft.

    Vorurteile und Hass dürfen nicht über dem Kindeswohl stehen.
  • Direktlink »
#3 orchidella
  • 24.07.2017, 20:20hPaderborn
  • Bleibt nur zu hoffen, dass Deutschland das Zeitalter des Verbots, der Verteufelung und Tabuisierung der Repro-Medizin-Techniken hinter sich lässt. Selbst das Ausweichen auf ausländische Staaten, in denen die Leihmutterschaft legal ist, ist für deutsche Wunscheltern und ihre Kinder voraussetzungsreich, riskant und voller Barrieren. Nach der Entscheidung des BGH vom 10.12.2014 bedarf es einer ausländischen Gerichtsentscheidung, die den Wunscheltern die rechtliche Elternschaft zuweisen. Nach Maßgabe des BGH-Urteils muss eine solche Entscheidung von deutschen Behörden aber nur anerkannt werden, wenn ein Wunschelternteil mit dem Kind genetisch verwandt ist, die Leihmutter aber nicht. Das bedeutet für schwule Wunscheltern, dass für die Zeugung nur die Spermien eines der beiden Wunschelternteile und anonym von Dritten gespendete Eizellen in Betracht kommen.

    Anderenfalls hat das Kind keinen Anspruch auf einen deutschen Reisepass hat und kann auch nicht nach Deutschland ausreisen.

    Denn dann gelten die Regeln des antiquierten Abstammungsrechts deutscher Machart:

    Danach ist Mutter des Kindes die Frau, die es geboren hat (§ 1591 BGB), also die Leihmutter.
    Vater des Kindes ist deren Ehemann (§ 1592 Nr. 1 BGB).

    Die Wunscheltern können die rechtliche Abstammung (Mutterschaft und Vaterschaft) nur durch Adoption herbeiführen.

    Um diese groteske Rechtslage zu ändern - gerade auch im Interesse der Wunschkinder selbst - brauchen wir in Deutschland eine vorbehaltlose Diskussion über die rechtliche Erleichterung der Wunschelternschaft. Bestenfalls würden die bisherigen Hürden für die Beurkundung eines Wunschkindes (Gerichtsurteil, Adoption) unabhängig von der genetischen Beziehung zum Kind (im Fall der Spende) ersatzlos entfallen.
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