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Jetzt haben wir es schwarz auf weiß
Ehe für alle im Bundesgesetzblatt veröffentlicht
Ab 1. Oktober können schwule und lesbische Paare wie heterosexuelle eine Ehe eingehen. Was zukünftige Eheleute und aktuelle Lebenspartner jetzt wissen müssen.

Nach jahrelanger Debatte gibt es bald Hochzeits- statt Lebenspartnerschaftskuchen
- 28. Juli 2017, 07:13h 3 Min.
Rund eine Woche nach der Unterzeichnung durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist das "Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts" am Freitag im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Nach der im Gesetz vorgesehen Frist tritt die Ehe-Öffnung somit am 1. Oktober in Kraft – da der Tag ein Sonntag ist, in der Praxis in der Regel einen Tag später.
Schwule und lesbische Paare können ab dann auf Standesämtern heiraten, Terminanfragen und Anträge nehmen die meisten bereits jetzt entgegen. In den letzten Tagen herrschte hier teilweise noch Verunsicherung über den Termin des In-Kraft-Tretens und über Detail-Auswirkungen des Gesetzes. Am Dienstag hatte allerdings das Bundesinnenministerium entsprechende Anwendungshinweise zur Umsetzung der Ehe für alle veröffentlicht (queer.de berichtete).
Ebenfalls auf dem Standesamt können ab Oktober bestehende Lebenspartnerschaften in eine Ehe umgewandelt werden und das auf Wunsch mit einer Eheschließungszeremonie – Paare, die sich auf Druck der CDU etwa in Baden-Württemberg noch ihr Ja-Wort auf einer Kfz-Zulassungsstelle geben mussten, bekommen so doch noch Gerechtigkeit und eine würdige Zeremonie.
Welche Gebühren für ein Upgrade erhoben werden, wird von den Bundesländern und teilweise von den Gemeinden festgelegt. Der LSVD forderte in Briefen alle zuständigen Landesminister zu einem Gebührenverzicht auf, da es sich um die Beseitigung einer Diskriminierung handele. Der Berliner Bürgermeister Klaus Lederer (Die Linke) sprach sich in einem Interview als erster dafür aus, die Umwandlung von Lebenspartnerschaften in eine Ehe kostenlos durchzuführen.
Durch das Upgrade gelten rückwirkend ab dem Tag der Verpartnerung die vollen Rechte und Pflichte der Ehe – das kann Auswirkungen u.a. bei Einkommenssteuer, Familienzuschlag, Grundsteuer oder dem Versorgungsausgleich haben. Paare können auch ihre Lebenspartnerschaft beibehalten, allerdings ab 1. Oktober keine neue mehr eingehen.
Details zu diesen Rechtsfragen, zu notwendigen Dokumenten ebenso wie zu zusätzlichen Fragen binationaler Paare, bietet ein FAQ des LSVD.
Für Regenbogenfamilien bleibt es kompliziert
Mit der Ehe erhalten schwule und lesbische Paare erstmals ein gemeinschaftliches Adoptionsrecht. Einen Wermutstropfen für lesbische Paare gibt es: Bringt eine Frau ein Kind in die Ehe ein oder wird sie Mutter, wird ihre Ehefrau – teilweise anders als ein Ehemann – nicht automatisch ebenfalls Mutter des Kindes, sondern ist zunächst weiter auf die bürokratische Stiefkindadoption angewiesen – eine BGB-Formulierung zu "Vaterschaft" bleibt zunächst männlich (queer.de berichtete). Das Bundesjustizministerium plant allerdings eine Überarbeitung des Familienrechts, die auch diesen Punkt umfasst (queer.de berichtete).
Das Gesetz zur Ehe-Öffnung basiert auf einem Entwurf aus der vorherigen Legislaturperiode und war 2015 erneut im Bundesrat vorgelegt und in der Länderkammer beschlossen worden (queer.de berichtete). Unter Druck der Union ließ der Bundestag den Entwurf erst ein Jahr liegen und dann im Rechtsausschuss von Sitzung zu Sitzung vertagen – bis Bundeskanzlerin Angela Merkel unter Druck künftiger Koalitionspartner Ende Juni plötzlich von der Möglichkeit einer Gewissensentscheidung sprach und die SPD eine entsprechende Abstimmung noch in dieser Legislaturperiode durchsetzte. So stimmte am 30. Juni der Bundestag dem Gesetz zu (queer.de berichtete), eine Woche später passierte es erneut die Länderkammer (queer.de berichtete).
Das Gesetz und sein gesamter Beratungsvorgang samt Reden und zu Protokoll gegebener Erklärungen lässt sich auf der Webseite des Bundestags nachlesen. Die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt dürfte das letzte Wort in der Sache sein: Zwar prüft Bayern als einziges Bundesland mit Unions-Alleinregierung noch eine Klage in Karlsruhe. Dass das Land aber anders als bei der Einführung der Lebenspartnerschaft keinen Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung stellen will und die Ehe-Öffnung so zunächst in Kraft tritt, werten Experten bereits als indirekt angekündigten Verzicht auf eine wenig Erfolg versprechende Klage.
Bereits am letzten Freitag ist im Bundesgesetzblatt das Gesetz veröffentlicht worden, das Verfolgte nach dem Paragrafen 175 rehabilitiert und ihnen eine Entschädigung bietet. Infos dazu hier. (nb)















Kirche, AfD und die homophobe Mehrheit der CDU/CSU kann noch so sehr zetern, keifen und den angeblichen Untergang des Abendlands herbeireden - aber sie werden es nicht mehr verhindern können...
Unendlicher Dank auch nochmal den Parteien, die das ermöglicht haben und die geschlossen dafür gestimmt haben: SPD, Grüne und Linke. Das werden wir niemals vergessen.