Die Bundesärztekammer will nach Angaben des "Tagesspiegel" am Montag eine neue "Richtlinie Hämotherapie" vorstellen, in der das Blutspendeverbot für schwule und bisexuelle Männer gelockert werden soll. In dem Papier, das bereits online verfügbar ist (PDF), gibt es allerdings keine Gleichstellung zwischen sogenannten Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), und heterosexuellen Männern.
Schwule und bisexuelle Männer dürfen demnach künftig nur Blut spenden, wenn sie mindestens zwölf Monate lang keinen Sex gehabt haben. Das gilt auch für Sex mit dem eigenen Lebenspartner oder dem Ehemann. Heterosexuelle Personen dürfen dagegen Blut spenden, solange sie kein "sexuelles Risikoverhalten, z. B. Geschlechtsverkehr mit häufig wechselnden Partnern" haben. Auch transsexuelle Personen sollen künftig nur ausgeschlossen werden, wenn sie durch "sexuelles Risikoverhalten" auffallen. Schwule und Bisexuelle gelten damit nach Ansicht der Bundesärztekammer weiterhin unabhängig von ihrem tatsächlich Sexualverhalten generell als Risikogruppe.
Die Reform bedeutet jedoch einen Fortschritt zur aktuellen Regelung: Bislang dürfen Männer, die nur einmal in ihrem Leben Sex mit einem anderen Mann gehabt haben, kein Blut spenden. An dieser Richtlinie gab es zuletzt immer mehr Kritik: So sprachen sich sowohl die Bundesländer als auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) für eine Aufhebung des generellen Schwulenverbots beim Blutspenden aus.
LGBTI-Aktivisten fordern Gleichbehandlung mit Heterosexuellen
Die Deutsche Aids-Hilfe, der Lesben- und Schwulenverband und andere LGBTI-Organisationen fordern bereits seit längerem eine Aufhebung des pauschalen Blutspendeverbotes aufgrund der sexuellen Orientierung. Sie setzen sich dafür ein, dass das tatsächliche Risikoverhalten der einzelnen Spender bewertet wird und nicht deren sexuelle Orientierung. Zumindest sollte die Karenzzeit auf sechs Wochen reduziert werden, da eine HIV-Infektion in diesem Zeitraum durch einen Test mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne.
Die Ein-Jahres-Regel für Schwule und bisexuelle Männer gilt bereits in mehreren anderen Ländern als Kompromisslösung. Zuletzt beschloss das belgische Kabinett im April diese Liberalisierung (queer.de berichtete). Immerhin sechs der 28 EU-Staaten betrachten allerdings nur das Risikoverhalten des Spenders – und behandeln Schwule so wie heterosexuelle Männer. Bei diesen Ländern handelt es sich um Bulgarien, Italien, Lettland, Polen, Portugal und Spanien. (dk)