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Kritik an geplanten Frauen-Urinalen in Berlin

Rot-Rot-Grün muss Häme für geschlechter­gerechte Toiletten einstecken

Gleichstellungsgegner haben die Toilette zum Symbol ihres Kampfes gegen "Gender" erkoren. Jetzt sorgt ein Plan, in Berlin Pissoirs für Frauen aufzustellen, für Kritik unter den üblichen Verdächtigen.


Die "City Pissoirs" sollen geschlechter­gerecht werden – und das regt manche Leute auf (Bild: ideengruen / flickr)

Der Berliner Senat hat vergangene Woche sein Toilettenkonzept beschlossen – und sorgt mit der Forderung nach Gleichberechtigung der Geschlechter erneut für Aufregung unter Gegnern der vermeintlichen "Gender-Ideologie". Bereits im Januar hatten Pläne des schwulen Justizsenators Dirk Behrendt (Grüne), die Nutzung von Unisex-Toiletten in öffentlichen Gebäuden auszuweiten, für Schnappatmung unter LGBTI-Gegnern von CSU bis AfD gesorgt.

Ein zentraler Punkt der Kritik liegt darin, dass auch Pissoirs für Frauen aufgestellt werden sollen, was zu entsprechenden Überschriften in Boulevardzeitungen führte. So titelte der Kölner "Express": "Senat will Frauen bald im Stehen pinkeln lassen".

Zwar kann man durchaus darüber streiten, wie viele und welche öffentliche Toiletten eine Stadt aufstellen soll; LGBTI-Gegner üben aber ihre Kritik aus Prinzip: Die erzkatholische Seite kath.net, die Texte von Homo-Hassern wie Birgit Kelle oder Weihbischof Andreas Laun verbreitet, empörte sich etwa am Montag über "Neues aus Rot-rot-Grün-Absurdistan!". B.Z.-Kommentator Gunnar Schupelius, der gerne mal Überfälle auf Homosexuelle bagatellisiert, findet die Pläne natürlich auch schrecklich. Und die frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld machte sich in einem Artikel mit der Überschrift "Berlin: rot-rot-grüne Toiletten-Koalition löst ein dringendes Bedürfnis-Problem" über das Konzept lustig. In dem Text kritisierte sie auch die Rücksichtnahme auf Transsexuelle, die sie abwertend als "Menschen, die nicht wissen, ob sie Männlein oder Weiblein sind", bezeichnete.

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Alberne Kritik

Die Häme scheint dabei etwas fehl am Platze zu sein – immerhin gehört es zu den Aufgaben von Kommunal- oder Landesregierungen, auch die Themen zu behandeln, die vielen nebensächlich erscheinen mögen. Selbst das von der CSU geführte bayerische Innenministerium wirbt auf seiner Website für ein Projekt namens "Toilette für Alle" – und brüstet sich damit, dass eine Toilette in der Obersten Baubehörde am Franz-Josef-Strauß-Ring in München von der Staatsregierung zu einer solchen Toilette für mehrfach behinderte Menschen umgebaut wird.

Kritik an Projekten für Geschlechtergerechtigkeit oder Inklusion gibt es bislang nur für Landesregierungen, die nicht von der Union geführt werden – erste Zwischenberichte zu Unisex-Toiletten in Berlin waren auch noch ohne Kritik von Behrendts Vorgänger Thomas Heilmann (CDU) vorgelegt worden.

Zudem muss in Berlin ein neues Konzept her, da Ende 2018 der Vertrag für öffentliche Toiletten mit der Firma Wall nach 25 Jahren ausläuft. Das Kapitel "Geschlechtergerechtigkeit" nimmt in dem Konzept (PDF) weniger als eine von insgesamt knapp 100 Seiten ein – und handelt auch nicht vom Geschlechterkampf, sondern beschreibt schlicht das Problem und die Lösungsmöglichkeit:

Im späten 19. Jahrhundert setzte Autor George Bernard Shaw gegen politische Widerstände die Eröffnung öffentlicher Toiletten im Viktorianischen London, das bis dahin nur Einrichtungen für Männer kannte, durch. Dies war ein essenzieller Schritt auf dem Weg zu einer gleichgestellten Teilnahme von Frauen am öffentlichen Leben.

Die Situation im Berlin der Gegenwart ist deutlich besser – die geschlechtsneutrale Einzelkabine ist das vorherrschende Modell. Dennoch gibt es einige Standorte in Berlin, die nur Männern zur Verfügung stehen (City-Pissoirs). Das Angebot an Unisextoiletten ist vor allem im Bereich der Seen und Grünflächen zu erweitern, an denen derzeit Toilettencontainer angeboten werden.

Aus Sicht der Gleichstellung sind Pissoirs allein nicht akzeptabel. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass – sofern diese nicht verfügbar sind – Männer eher zum "Wildpinkeln" tendieren. Kostenlose Pissoirs gelten als effektive Maßnahme, um gegen dieses Problem vorzugehen. Kostenlose Pissoirs werden im Rahmen dieses Konzepts deshalb nur in Kombination mit Unisex-Toilette angeboten: Dies trägt zur Geschlechtergerechtigkeit bei und berücksichtigt dennoch die Problematik des Wildpinkelns. In Zukunft sollten Urinale, die von allen Geschlechtern benutzt werden können […], angeboten werden. […]

Ein gut ausgebautes Netz an öffentlichen Toiletten wirkt sich darüber hinaus in zusätzlichen Aspekten positiv auf die Geschlechtergerechtigkeit aus: Frauen nutzen tendenziell den ÖPNV stärker als Männer (In Berlin besitzen 11,2 % aller Frauen eine Zeitkarte, gegen- über 8,3 % der Männer; Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz; Zahlen von 2008). Zudem unterliegen Verkehrswege von Frauen tendenziell einer höheren Varianz, auch da diese in Deutschland weiterhin hauptverantwortlich für Erziehungsaufgaben verantwortlich sind (Quelle: EIGE, European Institute for Gender Equality, 'Time' Indicator). Dementsprechend werden Frauen überproportional von einer besseren Toiletteninfrastruktur profitieren.

Auch in den USA sind öffentliche Toiletten seit einigen Jahren ein heißes Thema für LGBTI-Gegner, nachdem sie den Kampf um die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben 2015 verloren haben. Mehrere Staaten debattieren daher über Gesetze, die Transsexuellen die Nutzung von öffentlichen Toiletten verbieten sollen, die ihrer Geschlechtsidentität entsprechen. Ein derartiger Gesetzentwurf ist etwa vergangenen Monat vom texanischen Senat beschlossen worden. Wenn deutsche Homo-Hasser die Strategie ihrer amerikanischen Freunde kopieren, werden wir auf queer.de noch viel über Klos sprechen müssen.

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#1 Sven100Anonym
  • 08.08.2017, 17:12h
  • Der neue Justizsenator Dirk Behrend (Güne) wird in die Geschichte eingehen, seit er als erste Amtshandlung sich um Unisex-Toiletten kümmerte.
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#2 FOX-NewsAnonym
  • 08.08.2017, 17:17h
  • Bei all den Problemen, die in Berlin vorherrschen - auch beim Umgang mit Schwulen und Lesben - ist dieses Thema das Unnötigste was herausgegriffen wird. Da muss man sich nicht wundern, wenn die Leute denken, dass die wichtigen Probleme nicht in Angriff genommen werden, aber über Toiletten nachgedacht wird. Sorry, diese Klos sind der reinste Scheiss.
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#3 WC-WeltAnonym
  • 08.08.2017, 17:21h
  • Was treibt sie an?
    Bisher war die WC-Welt noch in Ordnung, alles klar geregelt; Gut und Böse, Weiblein und Männlein: Von klein auf fein ordentlich indoktriniert (den meisten Kindern wird erst dann klar gemacht das es offensichtlich ganz ganz wichtige Unterschiede gibt : "Geh nie auf das _falsche_ *) Klo, sonst wehe dir!"
    Und dann ist die Klo-Gesellschaftsordnung plötzlich verrückt geworden. Damit ist natürlich auch wieder unsere Gesellschaft in ihren Grundfesten bedroht und natürlich der Fortbestand der Deutschen gefährdet.
    Und das alles weil man nur genügend Toiletten für Alle aufstellen will - verrückt!

    *) auch wenn es das _richtige_ ist
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