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Plus 27 Prozent
Innenministerium meldet Anstieg LGBTI-feindlicher Straftaten
Im ersten Halbjahr wurden mehr als ein Viertel mehr homo- oder transphob motivierte Übergriffe registriert als im gleichen Vorjahreszeitraum.

Zwischen Januar und Juli wurden deutschlandweit 130 Fälle von LGBTI-feindlichen Straftaten gemeldet
- 9. August 2017, 11:06h 3 Min.
Zu Update springen: Justizminister Maas nennt Zunahme der Straftaten "beschämend" (16.00 Uhr)
In Deutschland werden immer mehr Straftaten gegen LGBTI gemeldet, die aus Homo- oder Transphobie begangen werden. Das teilte das Bundesinnenministerium auf eine schriftliche Anfrage des Grünenpolitikers Volker Beck mit.
Demnach wurden zwischen dem 1. Januar und dem 28. Juli 2017 insgesamt 130 politisch motivierte Straftaten "mit der Nennung des Unterthemas 'Sexuelle Orientierung' gemeldet". Im gleichen Zeitraum im Vorjahr seien 102 derartige Straftaten gemeldet worden. Das entspricht einem Anstieg von 27 Prozent.
Zu den 130 Straftaten habe die Polizei in diesem Jahr 70 Tatverdächtige ermittelt werden können. Im selben Vorjahreszeitraum seien es 58 Verdächtige gewesen. Allerdings schränkte das Ministerium ein, dass es sich hierbei um vorläufige Zahlen handle.
Die meisten Taten seien Gewaltdelikte gewesen, von denen insgesamt 33 gemeldet worden seien – darunter Fälle von Körperverletzung (29), Raub (3) und Erpressung (1). Außerdem habe es 25 Fälle von Volksverhetzung, sieben von Nötigung/Bedrohung, sechs Propagandadelikte sowie fünf Fälle von Sachbeschädigung gegeben. 54 Fälle tauchten als nicht näher definierte "andere Straftaten" in der Statistik auf.
Die Motivation der Täter konnte in lediglich einem Drittel der Fälle näher bestimmt werden: In den meisten Fällen habe es sich um rechtsideologisch motivierte Straftaten gehandelt (35). Es habe außerdem vier Fälle von "religiöser Ideologie" gegeben und einen Fall, der unter "ausländischer Ideologie" geführt wurde. Kein einziger Fall konnte linkspolitischer Motivation zugeordnet werden.
Hohe Dunkelziffer
Die Statistik hat nur bedingte Aussagekraft, da die Polizei je nach Bundesland die Taten unterschiedlich behandelt. Der Lesben- und Schwulenverband geht daher von einer Dunkelziffer von 80 Prozent aus. In der Antwort des Innenministeriums werden keine Angaben darüber gemacht, in welchen Bundesländern die genannten Übergriffe gemeldet worden waren.
Angaben der Landesregierungen zeigen, wie ungleich die Straftaten registriert werden: So teilte NRW im April mit, dass im mit Abstand einwohnerstärksten deutschen Land 2016 nur 16 Fälle trans- und homophob motivierter Straftaten registriert worden seien (queer.de berichtete). Im Land Bremen seien zwischen 2011 und Herbst 2016 nach Auskunft des Senats sogar nur sieben Fälle gemeldet worden, obgleich es allein 2015 und 2016 fünf Anschläge auf das schwul-lesbische "Rat&Tat"-Zentrum gegeben hatte (queer.de berichtete).
Im Land Berlin meldet die Polizei dagegen routiniert LGBTI-feindliche Übergriffe – zuletzt einen homophoben Übergriff am Hauptbahnhof nach dem CSD (queer.de berichtete). Laut ihrer vorläufigen Statistik wurden 2016 insgesamt 162 Fälle im Bereich "sexuelle Orientierung" gemeldet, darunter 44 Gewalttaten (2015: 105/38, 2014: 80/26, 2013: 132/46). Für den Anstieg im letzten Jahr gebe es keine näher zu benennenden Ursachen, so die Polizei, auch eine gestiegene Anzeigenbereitschaft durch Opfer und Zeugen spiele hier eine Rolle.
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"Armutszeugnis für die Präventionsarbeit der Bundesregierung"
Volker Beck forderte angesichts des statistischen Anstiegs, dass die Bundesregierung "den Kampf gegen Homo- und Transphobie endlich aufnehmen" müsse. "Fast 30 Prozent mehr homo-, trans, und bifeindliche Straftaten – da müssen eigentlich alle Alarmglocken losgehen. Eine solche Steigerung ist ein Armutszeugnis für die Präventionsarbeit der Bundesregierung." Er kritisierte, dass der im schwarz-roten Koalitionsvertrag versprochene nationale Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie verbummelt worden sei. Am im Juni vorgestellten Plan hagelte es Kritik von LGBTI-Aktivisten (queer.de berichtete).
Auch der Lesben- und Schwulenverband forderte die Bundesregierung anlässlich der Zahlen zum Handeln auf. "Der deutliche Anstieg in der Statistik zeigt, dass homo- und transphobe Hasskriminalität in Deutschland zum Alltag gehören", erklärte LSVD-Sprecherin Stefanie Schmidt. Die nächste Bundesregierung müsse nach den Wahlen "ein umfassendes Bund-Länder-Programm gegen homo- und transphobe Gewalt inklusive Präventionsmaßnahmen und konsequenter Strafverfolgung" auf den Weg bringen. (dk)
Update 16.00 Uhr: Justizminister Maas nennt Zunahme der Straftaten "beschämend"
Auf Twitter hat sich am Mittwochnachmittag auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zu den Zahlen aus dem Innenministerium geäußert: "Anstieg der homophoben Straftaten ist beschämend. Homophobie darf in unserer Gesellschaft keine Chance haben", erklärte der 50-Jährige.
Twitter / HeikoMaasAnstieg der homophoben Straftaten ist beschämend. Homophobie darf in unserer Gesellschaft keine Chance haben.https://t.co/jvqMa2eCPU
— Heiko Maas (@HeikoMaas) August 9, 2017
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Da zeigt es sich ja wenigstens mal in Zahlen wie unsäglich der permanente Vergleich von rechter und linker Gewalt ist.
Da werden vor allem aus der rechten Ecke kommend seit Jahrzehnten unglaubliche Doppelstandarts angelegt.
Der Feind steht rechts !