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Homophobie-Schub befürchtet
Australien: Der Kampf gegen das Ehe-Referendum beginnt
Die australische Regierung will gegen den Willen der Opposition und von LGBTI-Aktivisten ein Referendum zur Ehe für alle per Briefwahl durchführen lassen – für umgerechnet 80 Millionen Euro.

Premierminister Malcolm Turnbull will das Volk über die Ehe für alle abstimmen lassen, damit er bei diesem Thema keine innerparteiliche Entscheidung treffen muss
- 14. August 2017, 15:20h 4 Min.
In Australien mehren sich die Proteste gegen die geplante Volksabstimmung über die Ehe-Öffnung. LGBTI-Aktivisten und die Opposition haben bereits angekündigt, gerichtlich gegen den Plan der Regierung vorzugehen, gegen die Parlamentsmehrheit ein Referendum per Briefwahl durchzuführen.
Die Regierungsfraktion von Premierminister Malcolm Turnbull von der konservativen Liberal Party hatte vergangene Woche bekräftigt, auf jeden Fall in den nächsten Monaten ein Referendum durchführen zu lassen – und nicht wie von der Opposition gefordert einfach eine freie Abstimmung über die Ehe für alle im Parlament zuzulassen (queer.de berichtete). Da für ein Referendum eigentlich eine Mehrheit im von der Opposition kontrollierten Senat notwendig ist – und diese Kammer am Mittwoch zum zweiten Mal gegen ein Referendum gestimmt hat – will die Turnbull-Regierung eine Briefwahl durchführen lassen.
Die oppositionelle Labor Party hat als Reaktion am Montag erklärt, man werde eine parlamentarische Untersuchung zur Durchführbarkeit der Briefwahl zu starten. Insbesondere sei zu klären, ob die Regierung ohne Zustimmung des Parlaments eine derartige Wahl überhaupt veranlassen dürfe. Problematisch sei auch, dass nicht die selben Regeln wie bei einer regulären Wahl gelten. Bei einer Briefwahl gibt es etwa keine Wahlpflicht, leichtere Betrugsmöglichkeiten und keine Regeln für einen fairen Wahlkampf. Außerdem setzte die Regierung eine sehr kurze Frist bis zum 24. August, um sich als Wähler zu registrieren.
Furcht vor homophoben Tiraden und Anstieg der Hasskriminalität
LGBTI-Aktivisten fürchten ohnehin, dass jegliches Referendum und ein damit verbundener Wahlkampf, zu wochenlangen teils homophoben Debatten und einem Anstieg der Hasskriminalität führen werde, wie es in anderen Ländern zu beobachten gewesen sei.
Bereits jetzt machen Homo-Gegner mit teils absurden Argumenten Wahlkampf: So erklärte die Lobbygruppe "Coalition for Marriage", dass ein "Ja" bei der Volksabstimmung dazu führe werde, dass der CSD eine Pflichtveranstaltung für Schüler werde. Die Ex-Tennisspielerin Margaret Court, eine erbitterte Homo-Gegnerin, erklärte zudem am Freitag, die "moralischen Werte" Australiens seien mit der Öffnung der Ehe in Gefahr. Der konservative Abgeordnete Kevin Andrews sagte am Wochenende, man könne Schwulen und Lesben das Heiraten nicht erlauben, da danach praktisch jeder jeden heiraten könne: "Ich hab ja eine enge Beziehung mit meinen Fahrrad-Freunden, wir gehen am Wochenende immer radeln. Aber eine Ehe ist das nicht", so Andrews.
Außerdem wird kritisiert, dass die Briefwahl unnötig teuer sei. Die Regierung hat dafür 122 Millionen Dollar (81 Millionen Euro) zur Seite gelegt. Dabei ist die Abstimmung nicht einmal bindend: Der Premierminister hat lediglich eine freie Abstimmung im Parlament versprochen, sollte das Volk mit "Ja" stimmen. Ein "Ja" der Abgeordneten gilt als sicher, da auch Teile der Liberal Party für die Ehe für alle stimmen würden.
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Briefwahlunterlagen ab 12. September in der Post
Nach dem jetzigen Plan sollen die Wahlunterlagen am 12. September verschickt werden – nicht von der Wahlkommission, wofür die Zustimmung des Parlamentes nötig wäre, sondern von der Statistikbehörde. Allerdings könnten Gerichte die Versendung noch mit einer einstweiligen Verfügung stoppen. Sollte die Wahl durchgeführt werden, können die Australier ihre Unterlagen bis zum 7. November zurücksenden – am 15. November würde das Ergebnis mitgeteilt.
Manche LGBTI-Aktivisten sprechen sich für einen Boykott der Abstimmung aus, da diese "irregulär und unwissenschaftlich" sei, wie etwa der schwule Ex-Richter Michael Kirby erklärte. Ohnehin werde die Abstimmung nur von der Regierung angestrebt, weil die Liberal Party intern keine einheitliche Position zur Ehe-Öffnung habe.
Die Regierung selbst sieht in der Abstimmung kein Problem – und argumentiert, man habe schließlich bereits 1974 eine derartige Befragung durch die Statistikbehörde durchgeführt, als es um die Änderung der Nationalhymne ging. Allerdings, so erklärten Gegner des Referendums, seien diese beiden Fälle nicht vergleichbar. Zum einen führte die Statistikbehörde damals eine repräsentative Umfrage unter 60.000 Australiern durch und keine Briefwahl. Zum anderen sei damals nicht darüber abgestimmt worden, ob einer Gruppe von Menschen ein Grundrecht vorenthalten werden soll. (dk)















Die Katholiken, die einige Prozentpunkte mehr als die Anglikaner haben, sind wie die meisten Katholiken in westlichen Ländern, eher liberal (nicht jedoch die offizielle Amtskirche), aber sie haben natürlich nicht den Einfluss, den Anglikaner oder Presbyterianer haben. Die Abstimmung könnte also knapp werden.